Headline: Ein Meilenstein für den Klimaschutz: Pariser Abkommen tritt in Kraft

Heute, am 4. November 2016, tritt der neue Klimavertrag in Kraft, das Pariser Abkommen. Dass dies nicht mal ein Jahr nach seiner Verabschiedung passiert, ist für internationale Klimaverträge ungewöhnlich schnell: Bis zum heutigen Tag haben 97 Parteien das Pariser Abkommen ratifiziert. Gemeinsam sind sie für rund 70% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Damit wird die erst vor zehn Monaten ausgehandelte Vereinbarung noch vor dem UN-Klimagipfel in Marrakesch rechtskräftig, der am 7. November beginnt. Doch was bedeutet diese Entwicklung für den anstehenden Klimagipfel?

Das Pariser Abkommen sollte in Kraft treten, sobald 55 Länder, auf die mindestens 55% der globalen Treibhausgasemissionen entfallen, ihre Ratifizierungsurkunde beim UN-Hauptquartier in New York eingereicht haben. Dieses Ziel wurde bereits am 5. Oktober 2016 erreicht, nachdem die EU zusammen mit sieben ihrer Mitgliedstaaten ihre Ratifizierung einreichte. Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits andere wichtige Treibhausgasemittenten wie die USA, China und Indien ihre Ratifizierung erklärt.

Die Länder bemühten sich um ein zeitiges Inkrafttreten noch vor Marrakesch, zum einen, da sonst die Staaten, die bereits ratifiziert haben, erst Ende 2017 erstmals als Vertragsstaaten des Pariser Abkommens zusammengetroffen wären. Ein weiterer Grund für die Eile waren auch taktische Überlegungen: Nun tritt das Abkommen noch vor dem Präsidentenwechsel in den USA im Januar 2017 in Kraft. Angesichts der vielen Aufgaben, die den Verhandlern jetzt bevorstehen, um die Modalitäten zur Umsetzung des Klimavertrags vorzubereiten, ist das zügige Inkrafttreten unabdingbar. Auch setzten die Staaten mit der zeitigen Ratifizierung ein klares Zeichen, dass die Umsetzung des neuen Klimavertrags nicht länger aufgeschoben werden darf. Denn auch schon vor 2020 besteht dringender Handlungsbedarf, um die 1,5°C- und 2°C-Ziele  des Pariser Abkommens einzuhalten.

Was bedeutet das zeitige Inkrafttreten für das weitere Vorgehen?

Auf der 22. Konferenz der Vertragsstaaten (COP) der Klimarahmenkonvention (UNFCCC), die vom 7. bis 18. November 2016 in Marrakesch stattfindet, soll bereits das erste Zusammentreffen der Vertragsparteien des Pariser Abkommens, im Klimajargon “CMA”, stattfinden. Ziel sollte es dort eigentlich sein, festzulegen, wie das Abkommen umgesetzt wird, sozusagen eine „Gebrauchsanweisung“ zu entwickeln. Die Klärung vieler Details hat jedoch noch nicht mal begonnen.

Die Vorbereitung der CMA findet im Rahmen der Arbeitsgruppe zum Pariser Abkommen (APA) unter Beteiligung aller UNFCCC Vertragsstaaten statt. Das erste Treffen der APA wurde im Mai 2016 in Bonn ausgetragen, die Diskussion soll in Marrakesch fortgeführt werden. Die APA soll auch die Beschlüsse entwerfen, die letztendlich von der CMA verabschiedet werden. Länder, die das Abkommen noch nicht ratifiziert haben, sind noch keine Vertragsparteien und können nur als Beobachter an der CMA teilnehmen. Es ist unwahrscheinlich, dass die CMA über diese Länder hinweg wichtige Beschlüsse zu den inhaltlichen Fragen der Operationalisierung und Umsetzung des Abkommens fassen wird. Dies stünde auch im Widerspruch zum Wunsch der UNFCCC, jene Staaten, die noch nicht ratifiziert haben, nicht durch das frühe Inkrafttreten des Abkommens zu benachteiligen. Vielmehr wird die CMA in Marrakesch ein Arbeitsprogramm bis 2018 verabschieden, das die Weichen für die konkrete Ausgestaltung der Implementierung des neuen Klimavertrags stellen soll.

Welche Themen werden in Marrakesch verhandelt?

Damit der Klimagipfel in Marrakesch zur vielversprechenden „Umsetzungs-COP“ wird, soll eine Reihe von zentralen Themen weiter verhandelt werden:

  • Im Bereich Klimafinanzierung gibt es bereits Bewegung: die Industrieländer haben bei einer “Pre-COP” im Oktober 2016 eine Roadmap vorgestellt, wie die Finanzierung mobilisiert werden könnte. Ab 2020 sollen jährlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stehen. Es gibt jedoch nach wie vor Gesprächsbedarf, besonders die Mittel für die Anpassung an den Klimawandel müssen aufgestockt werden. Auch lässt die Roadmap die Entscheidung der Pariser COP21 außer Acht, dass das gemeinsam festgelegte Klimafinanzziel vor 2025 nochmal erhöht werden muss. Dies ist wichtig, da rund 78% der beabsichtigten national festgesetzten Beiträge (INDCs), die bis zum Ende des Pariser Klimagipfels im Dezember 2015 von den UNFCCC Vertragsstaaten eingereicht wurden, von der Klimafinanzierung abhängig sind.
  • In Bezug auf Kapazitätsaufbau geht es nun darum, den institutionellen Rahmen zu stärken, um verstärkt thematische Dialoge, technische Beratung und verbesserte Institutionen zu ermöglichen. Bei der COP22 soll unter anderem ein Beschlussentwurf zur Tätigkeitsbeschreibung des neuen „Paris Committee on Capacity-Building“ berücksichtigt werden.
  • Bei der Minderung von Emissionen besteht nach wie vor eine Lücke zwischen den nationalen Zusagen (NDCs) und dem Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter 2°C oder gar 1.5°C zu begrenzen. Offen ist auch die Frage, ob nur Minderung oder auch Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel Teil der NDCs sein sollen. In Marrakesch könnten gemeinsame Kriterien erarbeitet werden, um die NDCs vergleichbar zu machen und zu steigern.
  • In Punkto Transparenz und Überprüfung wird eine zentrale Frage sein, wie die alle fünf Jahre stattfindenden Bestandsaufnahmen und der neue Transparenzrahmen für Maßnahmen und Unterstützung konkret aussehen sollen. Schon 2018 soll ein erster Überprüfungsdialog („Facilitative Dialogue“) stattfinden, der den Fortschritt bei den langfristigen Treibhausgasminderungszielen in Artikel 4.1 des Abkommens bemessen soll.
  • Weiterhin verhandelt wird auch zu den Themen Technologietransfer, Klimawandelanpassung, sowie „Loss and Damage” (Klimawandelschäden und -verluste)

Was sonst noch passiert

Die Präsidentschaftswahlen in den USA am 8. November 2016 werden auch die COP22 beeinflussen. Ob die USA künftig von Hillary Clinton oder Donald Trump geführt werden, wird ihre klimapolitische Ambition maßgeblich beeinflussen. Zudem könnten einige Länder in Marrakesch ihre Klimaschutzpläne präsentieren, die ihre Klimaziele bis 2050 festschreiben. Deutschland wird wohl nicht darunter sein. Wie immer wird die COP von einer Reihe von zivilgesellschaftlichen Side Events begleitet. Die “Global Climate Action Agenda” soll dabei helfen, weiterhin auch nicht-staatliche Akteure einzubinden, freiwillige Initiativen zu unterstützen und Leuchtturmprojekte herauszustellen.

Alles in allem eine durchaus umfangreiche Agenda. Doch die Zeit drängt: So soll 2016 laut letzten Berechnungen 2015 als das heißeste Jahr seit den Aufzeichnungen ablösen. Zudem war der September 2016 der erste September seit Messbeginn, in dem die CO2-Konzentration in der Atmosphäre den Wert von 400 ppm (“parts per million”) überschritten hat. Viel Zeit bleibt also nicht mehr, um den Klimawandel aufzuhalten. Nur wenn in Marrakesch bedeutsame Fortschritte in Richtung Umsetzung des Pariser Abkommens gemacht werden, kommen wir diesem Ziel einen Schritt näher.

Foto oben: istock/Borut Trdina

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