Headline: Wasser-Energie-Nexus: Integrierte Lösungen gesucht

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Heute ist Weltwassertag. Dieses Jahr steht er unter dem Motto „Wasser und nachhaltige Entwicklung“. Denn das Jahr 2015 soll ein Meilenstein für nachhaltige Entwicklung werden. Im September dieses Jahres werden die Vereinten Nationen die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) verabschieden. Die Vorgängerziele – die Millenniumsentwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs) – konzentrierten sich auf Armutsbekämpfung. Nun wird der Schutz natürlicher Ressourcen ein weiterer gewichtiger Bestandteil des Zielkatalogs sein. Mit den SDGs werden sich die Vereinten Nationen auch zu globalen Wasser- und Energiezielen bekennen.

Desalination plant. Photo: shutterstock/Shao Weiwei
Desalination plant. Photo: shutterstock/Shao Weiwei

Die Verknüpfung zwischen Wasser- und Energieversorgung ist in den letzten Jahren zunehmend in den Blickpunkt gerückt, da die Nachfrage nach beiden Ressourcen steigt und die Versorgungssicherheit in vielen Regionen nicht gewährleistet ist. Diese Verbindung, der Wasser-Energie-Nexus, war übrigens das Motto des letzten Weltwassertags. So hängt das Energieangebot vom Zugang und der Verfügbarkeit von Wasser ab. Wasser wird gebraucht, um Elektrizität zu erzeugen und Öl und Gas zu gewinnen. Alarmierende Analysen der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigen, dass der Wasserverbrauch der Energieerzeugung bis 2035 voraussichtlich um mehr als 85 Prozent steigen wird, da immer mehr wasserintensive Energietechnologien eingesetzt werden. Umgekehrt ist auch die Wasserversorgung auf Energie angewiesen. Energie wird benötigt, um Wasser zu fördern, zu behandeln und zu transportieren. Neben diesen Input-Output-Beziehungen kommen aber auch so genannte Externalitäten ins Spiel. Damit sind ungewollte negative Auswirkungen gemeint. So ist der Energiesektor Verursacher von Wasserverschmutzung, zum Beispiel im Zuge von Erdölförderung, Fracking und Kohleabbau.

Die nachhaltigen Entwicklungsziele sehen vor, dass die internationale Gemeinschaft bis 2030 die Verfügbarkeit und das nachhaltige Management von Wasser- und Sanitärversorgung für alle gewährleisten soll (SDG 6). Zudem soll sie den Zugang aller zu bezahlbarer, verlässlicher und moderner Energie sicherstellen (SDG 7). Die Herausforderungen sind riesig. Weltweit haben 1,3 Milliarden Menschen keinen Zugang zu Elektrizität. Fast 40 Prozent der Weltbevölkerung – 2,6 Milliarden Menschen – nutzen traditionelle Biomasse, wie zum Beispiel Feuerholz, zum Kochen. Dies geht mit erheblichen Gesundheitsrisiken einher. 748 Millionen Menschen haben keinen sicheren Zugang zu Wasser. Gleichzeitig wächst die weltweite Nachfrage nach Wasser und Energie rasant. Bis 2050 wird die weltweite Wassernachfrage voraussichtlich um 55 Prozent steigen. Die globale Nachfrage nach Energie wird sich im selben Zeitraum wahrscheinlich verdoppeln.[1]

Energiewende wirkt sich positiv auf Wasserversorgung aus

Nutzungskonflikte zwischen dem Wasser- und dem Energiesektor lassen sich nicht komplett auflösen. Sie lassen sich jedoch abmindern. So kann der vermehrte Einsatz von Windenergie und Photovoltaik den Wasserverbrauch und die Wasserverschmutzung bei der Stromgewinnung stark reduzieren, wie mein Kollege Dominik Schäuble auf der Weltwasserwoche 2014 zeigte. In dem gerade erschienenen Weltwasserbericht 2015 „Wasser für eine nachhaltige Welt“ sprechen sich die Vereinten Nationen daher für eine globale Energiewende hin zu mehr Windenergie und Photovoltaik aus. Gleichzeitig fordert der Weltwasserbericht eine Abkehr von thermischen Kraftwerken. Kohle- und Atomkraft sind nämlich besonders wasserintensive Formen der Elektrizitätsgewinnung. Auch die zunehmende Nutzung nicht-konventioneller fossiler Energie verschärft die Zielkonflikte. Die Weichen, die gegenwärtig für den zukünftigen globalen Energiemix gestellt werden, haben daher auch entscheidende – und langfristige – Folgen für die weltweite Versorgung mit sauberem Wasser.

Hydro accounts for 16.4 per cent of global electricity production and is, as such, by far the most common source of renewable energy. In Brazil, more than 75 per cent of the energy sector is based on hydro. So periods of drought can impinge on the energy supply. Photo: istock/kolosigor
Hydro accounts for 16.4 per cent of global electricity production and is, as such, by far the most common source of renewable energy. In Brazil, more than 75 per cent of the energy sector is based on hydro. So periods of drought can impinge on the energy supply. Photo: istock/kolosigor

Für eine global nachhaltige Versorgung mit Wasser und Energie ist vernetztes Denken (und Handeln!) unerlässlich. Der Wasser-Energie-Nexus hat es bereits in den Fokus der Aufmerksamkeit internationaler Politik geschafft. Im Bereich der internationalen Energiepolitik wurde der Nexus-Ansatz von allen wichtigen internationalen Organisationen und Netzwerken aufgegriffen. In der internationalen Wasserpolitik war der Wasser-Energie-Nexus sogar das Schwerpunktthema des Jahres 2014. Dies ist auch ein Erfolg der Bundesregierung, die im Vorfeld von Rio+20 den Wasser-Energie-Nahrung-Nexus auf die Agenda internationaler Nachhaltigkeitspolitik setzte.

Beim Wasser-Energie-Nexus geht es nicht nur um die Verfügbarkeit der Ressourcen, sondern auch um Macht

Jetzt ist es dringend an der Zeit, einen Schritt weiter zu gehen und den Nexus-Ansatz praktisch umzusetzen. Dies bedeutet, Wasser und Energie zusammenzudenken und so zu handeln, dass Nutzungskonflikte gemindert und Synergien ausgeschöpft werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es beim Wasser-Energie-Nexus nicht nur um zwei interdependente Ressourcen geht, sondern auch um Fragen von Zugang, Verteilung und Macht. Wasser- und Energiearmut ist zumeist nicht ein Problem der allgemeinen Verfügbarkeit dieser Ressourcen, sondern der ungleichen Verteilung. So trifft Mangel auf Überfluss und Verschwendung. Es ist kein Zufall, dass es besonders schwer ist, den Nexus-Ansatz im Energiesektor zu verankern. Schließlich setzt sich der politisch starke und zahlungskräftige Energiesektor im Zweifel gegen andere Nutzer und Nutzungsformen durch. Vereinfacht ausgedrückt: Kraftwerkbetreiber haben mehr Geld als Kleinbauern.

Für die Implementierung des Nexus-Ansatzes sind technologische Lösungen nicht ausreichend. Letztendlich entscheiden ökonomische Kalküle, politische Entscheidungsprozesse und Machtbeziehungen, wie der Wasser-Energie-Nexus umgesetzt wird. Politische und ökonomische Kontexte und Entscheidungsprozesse müssen daher immer mitgedacht werden. Ansonsten laufen wir Gefahr, vergangene Fehler zu wiederholen, die beispielsweise mit dem Integrierten Wasserressourcen-Management (IWRM) gemacht wurden. Dieses strebt das gemeinsame Management von Wasser, Land und anderen natürlichen Ressourcen an. Obwohl es als ein international anerkannter Standard gilt, hapert es erheblich bei der Umsetzung. Ein wichtiger Grund hierfür scheint zu sein, dass es oft nicht mit den politischen und ökonomischen Kontexten und Entscheidungsprozessen kompatibel ist.[2] So kann es an den institutionellen Kapazitäten für ein integriertes Management mangeln. Oder mächtige Akteure haben schlicht und einfach kein Interesse, den Standard umzusetzen. Ich denke, dass tatsächlich die Gefahr besteht, dass der Wasser-Energie-Nexus in eine ähnliche Richtung führt. Die gegenwärtige Nexus-Debatte wird oft sehr technisch geführt. Die politische und ökonomische Dimension des Wasser-Energie-Nexus bleibt unterbelichtet.

Unsere Forschung zum Wasser-Energie-Nexus

Die Plattform Energiewende des IASS nimmt daher Governance-Fragen zum Wasser-Energie-Nexus in den Blick. Unsere Arbeit ist eingebettet in den breiteren Nexus-Ansatz des IASS, der unter anderem auch Böden umfasst. Meine Kollegen Jes Weigelt, Alexander Müller, Klaus Töpfer und Charlotte Beckh haben dazu kürzlich den Sammelband „Soils in the Nexus - A Crucial Resource for Water, Energy and Food Security“ herausgegeben. Bei der Plattform Energiewende werden wir einerseits untersuchen, inwiefern der Nexus-Ansatz bereits implementiert wird, wo die Implementierung besonders gut funktioniert und warum dies der Fall ist. Zum anderen werden wir aber auch solche Fälle analysieren, in denen die Vernetzung von Wasser- und Energiepolitik besonders wichtig wäre, bislang aber nicht geschieht. Hier gilt es herauszufinden, welche Faktoren die Implementierung erschweren oder sogar behindern und inwiefern sich sinnvolle Interventionspunkte identifizieren lassen. Erste Ergebnisse werden wir auf der Weltwasserwoche in Stockholm im August 2015 vorstellen, in einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) und der Thirsty Energy Initiative der Weltbank.

[1] IRENA (2015): Renewable Energy in the Water, Energy and Food Nexus; UN Water (2014): Water and Energy, the UN World Water Development Report 2014, UN Water (2012): Managing Water under Uncertainty and Risk, UN World Water Development Report 2012, UN Water (2015): Water for a Sustainable World, the UN World Water Development Report 2015

[2] Mosello, Beatrice and Moosa, Shehnaaz (2014): Tackling the water-energy-food nexus without reinventing the wheel

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