Headline: Aktionsprogramm Klimaschutz – Von der Notwendigkeit ‚strukturellen‘ Wandels

Teil 1 einer Blogserie zu Klimaschutz und strukturellem Wandel durch Partizipation von Katleen de Flander und Ina Richter

Das Thema Klimaschutz hat in den letzten Wochen die nationale und internationale politische Agenda entscheidend mitbestimmt. International ging es in den vergangenen Tagen auf der UN-Klimakonferenz in Lima um die Festlegung der Grundlagen, auf denen im kommenden Jahr in Paris ein weltweiter Klimavertrag festgeschrieben werden soll. Auf nationaler Ebene sorgte der Kabinettsbeschluss zum Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 für Diskussionen. Dieses soll einen wichtigen Beitrag leisten, das gesetzte nationale Ziel von mindestens 40 Prozent CO2-Reduktion bis 2020 gegenüber 1990 noch zu erreichen, und Signale für die internationalen Verhandlungen setzen. Mit diesem Programm wird zudem der Anstoß für die Erarbeitung eines langfristigen nationalen Klimaschutzplanes gegeben, der im Dialog mit einer Vielzahl an gesellschaftlichen Akteuren erstellt und 2016 verabschiedet werden soll. Konkret wurde in dem Aktionsprogramm eine Reihe von Maßnahmen formuliert, die bis 2020 die bestehende ‚Lücke‘ von 22 Tonnen  CO2 pro Jahr schließen sollen. Über 50 Einzelprojekte zielen dabei auf zusätzliche CO2-Minderungen in verschiedenen Sektoren wie Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gewerbe, Handel oder auch Haushalten ab. Ein zentraler Beitrag wird dabei vor allem in Sanierungsprojekten im Gebäudebereich identifiziert; und nicht nur hier steht die Steigerung von Energieeffizienz im Fokus, wie der ergänzende Nationale Aktionsplan Energieeffizienz verdeutlicht.

Kurzfristig betrachtet setzt die Regierung auf Projekte, die in ihrem Kern vorrangig auf die Steigerung von Effizienz wie auch kontinuierlichen Technologiewandel von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern abzielen. Langfristig betrachtet umfasst Klimaschutz jedoch mehr als Veränderungen auf der Angebots- und Produktseite. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel – eine gesellschaftliche Transformation - erfordert. Dafür gilt es über Maßnahmen wie zur Energieeffizienzsteigerung hinaus individuelle und gesellschaftliche Handlungsroutinen zu verändern und klimaschonende Lebensstile nachhaltig zu verankern. Die Dringlichkeit eines derartigen Umdenkens verdeutlichen nicht zuletzt Phänomene wie Rebound-Effekte, bei denen empirisch betrachtet Effizienzsteigerungen mit einer Zunahme im Energieverbrauch einhergehen. Beispiele für diesen Effekt finden sich vor allem im Verkehrs- und Haushaltssektor. Sie zeigen, dass der Wechsel auf ein energieeffizientes Produkt, wie Energiesparlampen oder PkWs mit geringerem Benzinverbrauch, unter anderem zu Verhaltensänderungen im Sinne einer Erhöhung der Nutzung führt, wodurch Effizienzgewinne wieder aufgehoben werden.

In ihrem letzten Beitrag hat Katleen De Flander einen entscheidenden Gedanken formuliert, der derartige Überlegungen aufgreift. Mit ihrem speziellen Schwerpunkt auf urbane Systeme verweist sie darauf, dass ökologische Herausforderungen vor allem auf sozio-technische Systeme zurückzuführen sind; Strukturen wie Straßensysteme, die von Menschen geschaffen wurden und in denen wir uns täglich bewegen, oder auch das globale Nahrungsmittelsystem, welches die eigentlichen Produktionsprozesse von Lebensmitteln für den Verbraucher nicht mehr sichtbar macht. In ihrer Argumentation legt de Flander den Fokus auf die Notwendigkeit für eine grundlegende Veränderung dieser sozio-technischen Systeme, die ein bestimmtes Nachfrageverhalten begünstigen und im zentralen Handlungsfeld ‚urbaner Raum‘ ressourcenschonende Praktiken ver- bzw. behindern.

Gerade für dieses Handlungsfeld stellt der Ansatz Chancen für eine notwendige Verknüpfung der Themen Klimaschutz und Stadtentwicklung dar und greift gleichzeitig gesellschaftliche Entwicklungen wie beispielsweise Urbanisierung, demografischen Wandel und eine zunehmend heterogene Stadtgesellschaft auf.

Die folgenden Beiträge in dieser Blog-Serie sollen erste Ideen zu diesem noch nicht öffentlich dargelegten Konzept vorstellen, die unter anderem auf Thaler/Sunsteins Ansatz zu „Nudging“ (ein Ansatz, der in seinen Grundzügen in einem separaten Blogbeitrag vorgestellt wird) und „Changing Choice Architecture“[1] aufbauen, und dabei Chancen wie kritische Aspekte zur Diskussion stellen. Wir wollen darüber hinaus aufzeigen, warum sich die formulierte Forderung aus dem Aktionsplan 2020, „Beteiligungsmöglich­keiten für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen und Menschen dabei zu unterstützen, ihre Gestaltungsspielräume und Ressourcen wahrzunehmen“[2], mit diesem Ansatz nicht nur sinnvoll ergänzt wird, sondern vielmehr grundlegende Voraussetzung für dessen Gelingen ist.

Photo: istock

[1] Thaler, Richard & Cass Sunstein 2008, Nudge: Improving Decisions about Health, Wealth, and Happiness, Yale University Press.

[2] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) (Hrsg.) 2014, Aktionsprogramm Klimaschutz 2020, S. 10.

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