Headline: EEG: Umstieg von Einspeisevergütung auf Ausschreibungen verdrängt Bürgerenergie

Im EEG 2014 hat die Bundesregierung den von der Europäischen Kommission geforderten Umstieg von der Einspeisevergütung – einer vom Staat festgelegten Summe, die die Netzbetreiber für jede produzierte Kilowattstunde Wind- oder Solarenergie zahlen – auf Ausschreibungen eingeläutet, zunächst mit „Pilotausschreibungen“ für PV-Freiflächenanlagen. Deren Ziel war es, das System erstmal zu testen. Schließlich hat Deutschland noch keine Erfahrung mit diesem Mechanismus, der im Ausland oft schlecht funktioniert hat, weil die Details nicht gut durchdacht waren.

Noch vor der Sommerpause möchte die Bundesregierung das EEG reformieren. Sie möchte den Umstieg von der alten Einspeisevergütung auf Ausschreibungen auf die Windkraft noch ausdehnen. Es ist nicht schwer nachzuvollziehen, warum die Regierung die Pilotausschreibungen lobt: Schließlich sind die Preise von 9,2 auf 7,4 Cent/kWh in zwölf Monaten gefallen. Allerdings wären sie unter den Einspeisetarifen für Freiflächenanlagen ähnlich gesunken.

Grafik 1 DE

Unter der Annahme, dass gemäß dem Zielkorridor der Bundesregierung 2,4 bis 2,6 GW an PV jährlich installiert würden, sänken die Tarife für solche Systeme auf rund 7,6 Cent bis April 2018 – so lange haben die Gewinner nämlich Zeit, um ihre Projekte fertigzustellen (24 Monate). So groß ist der Preisunterschied also gar nicht (siehe die Überlappung in der Graphik). Aber es gibt einen großen Unterschied in einer anderen Hinsicht.

2015 wurden lediglich knapp 1,4 GW installiert, weit weniger als die anvisierten rund 2,5 GW. Trotzdem lässt die Regierung das geplante Ausschreibungsvolumen für PV-Freiflächenanlagen immer weiter sinken: 500 MW im Jahre 2015, 400 MW 2016 und 300 MW 2017.

Wenn Staatssekretär Baake von „Wettbewerbsintensität“ spricht, verschweigt er uns etwas: Viele Bieter wollen PV bauen, aber die meisten verlieren in den Ausschreibungen. In der vierten Runde wurden 540 MW an Projektanträgen eingereicht; nur 128 MW werden gebaut. Jede Runde hat weit mehr Verlierer als Gewinner hervorgebracht. Die abgelehnten Projekte alleine würden reichen, um die Lücke auf 2,5 GW zu schließen.

Auf der jährlichen Tagung des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV) vor einigen Wochen in Berlin redeten die Vertreter der Genossenschaften und des BMWi aneinander vorbei. Baake erinnerte die Teilnehmer daran, dass die Genossenschaften außerhalb des Energiesektors auch ohne fixe Preise erfolgreich sind. Recht hat er, und doch überzeugt das Argument nicht ganz. Denn den Preiswettbewerb fürchten die Genossenschaften nicht am meisten. Vielmehr stört sie die Vorstellung, viel Zeit und Geld in einem abgelehnten Angebot zu verlieren.

Bei der DGRV-Tagung im März redeten die verschiedenen Teilnehmer teilweise aneinander vorbei. Staatssekretär Baake meinte, wer nach fixen Preisen ruft, wird „zweiter Gewinner“ in der politischen Debatte sein. Doch die Genossenschaften plagt vor allem die Sorge, in Ausschreibungen zu verlieren. Foto: Craig Morris

Die Bundesregierung und die Netzagentur betonen in diesem Zusammenhang, dass Genossenschaften und die Bürgerenergie im weiteren Sinne durchaus auch in den Pilotausschreibungen zum Zug gekommen sind. In der vierten Runde waren 10 von 21 Gewinnern KGs oder GmbH & Co. KGs. Das Thema nehmen sie durchaus ernst. Und trotzdem: Wenn tatsächlich mehr Genossenschaften dem Ruf Baakes folgen würden, an Ausschreibungen teilzunehmen, würde es nur noch mehr Verlierer geben, solange das BMWi das Volumen nicht erweitert. In der vierten Runde gingen 77 Prozent der Bieter leer aus. Die 312 MW, die nicht gebaut werden, entsprechen ziemlich genau der Menge, die jedes Quartal zugebaut werden müsste, um das Ziel von 2,5 GW zu erreichen.

Die Dunkelziffer der Projekte, die man lieber aufgab als anbot, käme zu den 77% noch hinzu. Das Schöne am „alten EEG“ war ja, dass jedes erstrebenswerte Projekt auch verfolgt werden konnte; die Kehrseite war, dass man das Wachstum nicht kontrollieren könnte. Es darf jetzt ruhig auch etwas mehr von Berlin aus gesteuert werden. Aber die Bundesregierung hat sich zu COP21 verpflichtet. Das Ziel von 1,5°C erfordert eine beschleunigte Energiewende. Zu Hause bei den Erneuerbaren auf die Bremse zu treten wäre nicht zielführend.

Grafik 2

Wenn bald auch der Windsektor auf Ausschreibungen umgestellt wird, dürfte die Bürgerenergie dort ähnlich verdrängt werden. Momentan wollen einige Bundesländer noch auf die Gestaltung der Ausschreibungen Einfluss nehmen; konkret wollen sie das „Zuschlagsrisiko“ beseitigen (PDF), denn kleine Bieter können ihre Misserfolge nicht auf viele Projekte verteilen.

Photo oben: istock/VioNet

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