Overline: Studie des DFZW
Headline: Mit dem Speiseplan die Erde retten

Ernährung ist ein zentraler Hebel der sozial-ökologischen Transformation, zudem für jede und jeden ein zugängliches Alltagsthema. Einige Städte und Gemeinden in Deutschland und Frankreich haben das Potenzial einer innovativen lokalen Politik für eine nachhaltigere Ernährung erkannt und spannende Ansätze umgesetzt. Dabei stoßen sie jedoch auf strukturelle Barrieren, die nicht auf der kommunalen Ebene zu beseitigen sind. Das Deutsch-Französische Zukunftswerk am IASS hat zu den Chancen und Hemmnissen lokaler Ernährungswenden recherchiert und engagierte Kommunen beider Länder miteinander in Austausch gebracht.

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Eine ökologische und regionale Lebensmittelversorgung gelingt, sobald Partnerschaften mit lokalen Anbietern gestärkt und lokale Produktionen unterstützt werden. Shutterstock/ Riderfoot

Aktionsvorschläge zur Beschleunigung einer kommunalen Ernährungswende

Gemeinsam mit Fachleuten aus Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft sind darüber hinaus die Handlungsempfehlungen „Entwicklung lokaler und nachhaltiger Ernährungssysteme priorisieren“ mit fünf Aktionsvorschlägen an die nationalen Regierungen entstanden. Eine neue Studie des Deutsch-Französischen Zukunftswerks (DFZW) liefert das Hintergrundmaterial zu den Empfehlungen. Anhand des konkreten Beispiels von Mouans-Sartoux und anderen Kommunen sind darin die Potenziale einer nachhaltigen kommunalen Ernährungspolitik aufgeführt.

Ein Fazit der Autorinnen: Eine ökologische und regionale Lebensmittelversorgung gelingt, sobald Partnerschaften mit lokalen Akteurinnen und Akteuren gestärkt und lokale Produktionen unterstützt werden. Am Beispiel Mouans-Sartoux könne belegt werden, so die Studienautorinnen, dass eine gemein-wohlorientierte und ganzheitliche Politik, wie dies im Bereich Ernährung geschieht, die Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Gemeinde stärkt. Fast 60 Prozent der für die Studie befragten Personen aus Mouans-Sartoux schätzten - dank der aktiven Gemeindepolitik - die Lebensqualität höher als in Nachbargemeinden ein. Mouans-Sartoux belege, dass Kommunen viel bewegen können.

Dabei gebe es nicht nur ein Modell für erfolgreiche Veränderungsprozesse. Kommunen könnten entweder regulierend (Gesetzesvorgaben, etwa im öffentlichen Beschaffungswesen), unterstützend (finanzielle Förderungen und Sensibilisierungsmaßnahmen) oder durch Vorbildwirkung (Gemeinschaftsverpflegung) agieren. Wichtig scheine Flexibilität in den Modellen, um sie den lokalen Gegebenheiten anpassen zu können und Experimentierräume für lokale Innovationen zu schaffen.

Die geschilderten Beispiele sollten als Inspirationsquelle dienen. Dabei gilt es die Hebelwirkung konkreter Projekte zu nutzen und einen ganzheitlichen Ansatz im Blick zu behalten, da Einzelaktionen in der Regel nicht hinreichend systemwan-delnd wirken. Die Erfahrung vor Ort zeige, dass eine Stadtgesellschaft und Kommunalverwaltungen oft über Projekte ins Handeln kommen, ohne dass es bereits eine voll entwickelte Ernährungsstrategie auf kommunaler Ebene geben muss.

Appell an die Regierungen Deutschlands und Frankreichs

Die Erfahrung in Mouans-Sartoux zeige, dass einzelne Bausteine sich über die Zeit zu einem kohärenten Maßnahmenplan zusammenfügen können. Um die Potenziale solcher Maßnahmen zu stärken und ähnliche Ansätze in anderen Kommunen zu multiplizieren, fordert das Zukunftswerk die nationalen Regierungen beider Länder auf, die Umsetzung und Entwicklung innovativer Ernährungsstrategien vor Ort zu fördern.

Zugleich müsse der rechtliche und finanzielle Handlungsrahmen für Kommunen in diesem Bereich verbessert werden. Dabei ist auf die Bewahrung oder Stärkung kommunaler Selbstverwaltung zu achten, da lokal Handelnde die Begebenheiten vor Ort kennen, die Bedürfnisse der Gemeinden und ihrer Bürgerinnen und Bürger am besten einschätzen können. Top-down Verpflichtungen, beispielsweise durch nationale Gesetzgebende, würden dagegen von Kommunen nicht immer angenommen, wie die französischen Gesetze zur Kantinenverpflegung zeigten. Es gehe vielmehr darum, förderliche nationale Rahmenbedingungen zu schaffen, ohne lokale Initiativen und Handlungsmöglichkeiten einzuschränken.

Eine Empfehlung sei auch, städteübergreifende Netzwerke als Lernplattformen zu entwickeln. In der Arbeit des Zukunftswerks mit den lokalen Initiativen zeigte sich immer wieder die Bedeutung von externen Impulsen, um lokale Transformationsprozesse durch gegenseitige Unterstützung zu beschleunigen.

Mehr dazu lesen Sie in der Studie "Kann der Speiseplan die Erde retten?"

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