Die aufgespannten Tentakel der Seegurke Pelagothuria natatrix sammeln organisches Material und führen es dem Mund zu. Beim Tiefseebergbau würden Sedimente aufgewirbelt, die Tiere wie die Seegurke verschütten würden.
Die aufgespannten Tentakel der Seegurke Pelagothuria natatrix sammeln organisches Material und führen es dem Mund zu. Beim Tiefseebergbau würden Sedimente aufgewirbelt, die Tiere wie die Seegurke verschütten würden. NOAA Okeanos Explorer Program, Galapagos Rift Expedition 2011

Headline: Bergbau am Tiefseeboden - Versuchsbergbau und fairer Vorteilsausgleich

Dauer:
bis

Die Tiefsee birgt nicht nur weitgehend unbekannte Ökosysteme, sondern in einigen Gegenden auch mineralische Bodenschätze. Diese werden zum Beispiel für die Produktion von Akkus für Elektroautos oder von elektronischen Geräten wie Handys verwendet. Der Abbau ist technisch schwierig und bislang nicht wirtschaftlich. Umweltuntersuchungen machen klar, dass die verursachten Schäden großflächig und irreversibel sein können. Trotz niedriger Rohstoffpreise und damit ungewisser ökonomischer Gewinne arbeiten Regierungen jedoch weiter auf einen Abbau hin.

Internationales Seerechtsübereinkommen stellt hohe Anforderungen an Umweltschutz

Eine Besonderheit des Tiefseebodens jenseits nationaler Grenzen ist, dass laut internationalem Seerechtsübereinkommen dieses sogenannte „Gebiet‟ und die darin befindlichen mineralischen Bodenschätze der gesamten Weltgemeinschaft gehören. Als „gemeinsames Erbe der Menschheit‟ sollen sie auch zum Wohl von Entwicklungsländern verwaltet werden. Dafür stellt das Abkommen hohe Anforderungen an einen wirksamen Schutz der Umwelt vor den Folgen eventueller Bergbautätigkeit. Alle Unterzeichnerstaaten des Seerechtsübereinkommens, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, üben diese Verantwortung durch die Internationale Meeresbodenbehörde (IMB) mit Sitz auf Jamaica gemeinsam aus. Seit 2015 verhandeln die Staaten über rechtlich verbindliche Regeln für die Ausbeutung der mineralischen Ressourcen im Gebiet.

Welche Kriterien muss ein Versuchsbergbau erfüllen?

Das Projekt „Bergbau am Tiefseeboden - Versuchsbergbau und fairer Vorteilsausgleich" analysiert den Regulierungsrahmen für mögliche Tiefseebergbau-Aktivitäten und entwickelt im Dialog mit Akteuren aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft eigenständige Beiträge und Impulse für den internationalen Verhandlungsprozess unter dem Dach der IMB. IASS-Forscherinnen und -Forscher beraten das Umweltbundesamt (UBA) bei Fragen zur Entwicklung des internationalen Regulierungsrahmens und der nationalen Aufsichtspflicht von Deutschland. Diese obliegt der Bundesrepublik als „befürwortendem Staat" für die Rohstofferkundung und Gerätetests durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), den Vertragspartner der IMB. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen die Grundlage und Funktion eines Versuchsbergbaus für die Entwicklung von Umweltstandards und für den Abschluss von Abbauverträgen sowie Möglichkeiten für einen gerechten Vorteilsausgleichsmechanismus. So entwickeln sie Vorschläge zur Schließung von Lücken in der derzeitigen Gesetzgebung, Kriterien für einen erfolgreichen Versuchsbergbau und ein Konzept für die Risikoabschätzung.
Zudem besitzt das IASS offiziellen Beobachterstatus bei der IMB. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts bringen ihre Kenntnisse auch durch eigene Stellungnahmen und Eingaben zu Fragen des Umweltschutzes bei der Regulierung des Tiefseebergbaus ein (siehe auch abgeschlossenes Projekt „Ökologische Leitplanken für den Tiefseebergbau", 2015-2017). Im Zentrum steht dabei ein für 2018/2019 geplanter Geräte-Test in der Clarion-Clipperton-Zone im Zentralpazifik, für die Deutschland eine Explorationslizenz hat.