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Headline: Indigenen-Vertreter in Berlin: Gemeinsam für den Regenwald

Im Kampf um ihr Land und ihre Lebensweise haben die indigenen Amazonas-Völker schon viel erreicht. Aber sie brauchen Unterstützung beim Schutz ihrer Gebiete, die so wichtig sind für das globale Klima und die Biodiversität. Während einer Europareise machte eine Delegation indigener Häuptlinge in Berlin Halt, besuchte den Bundespräsidenten und diskutierte anschließend mit dem Berliner Publikum über ihr Anliegen.

Die Häuptlinge Bemoro Metuktire, Watatakalu Yawalapiti und Tapi Yawalapiti (von links) warben in Berlin um Unterstützung beim Schutz des Regenwaldes.
Die Häuptlinge Bemoro Metuktire, Watatakalu Yawalapiti und Tapi Yawalapiti (von links) warben in Berlin um Unterstützung beim Schutz des Regenwaldes. RIFS/Bianca Schröder

Am Nachmittag des 16. Mai hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den prominenten, über 90-jährigen Stammesführer Raoni Metuktire und die Häuptlinge Bemoro Metuktire, Tapi Yawalapiti und Watatakalu Yawalapiti empfangen. Die drei Jüngeren folgten am Abend einer Einladung der Nichtregierungsorganisation AFV – Rainforest Organization, des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) und des Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) zu einer öffentlichen Veranstaltung in den Räumen des WZB.

Lokaler Einsatz mit planetarer Wirkung

RIFS-Forschungsgruppenleiterin Cecilia Oliveira führte mit einigen Fakten zum Klimawandel und den Errungenschaften der indigenen Völker Brasiliens in das Thema ein. Zu Recht stehe der Amazonas-Regenwald im Zentrum der globalen Klimapolitik, sagte sie: Würde die Fläche vollständig umgewandelt und für Ackerbau und Viehzucht genutzt, stiege die mittlere globale Temperatur um 0,25 Grad Celsius an.

Als „rechtlichen Meilenstein“ bezeichnete die Politikwissenschaftlerin die Demarkierung indigener Territorien 1961. Seitdem schütze die indigene Bevölkerung ihre Gebiete mit Hilfe alten Wissens und neuer Technologien: „Wenn wir heute auf die Landkarte schauen, ist das Xingu-Gebiet eine riesige grüne Insel.“ Die Bedeutung dieses Engagements gehe weit über die lokale Ebene hinaus: „Die Xingu-Gemeinschaften haben früher als wir verstanden, dass wir eine planetare Politik des Amazonas brauchen. Sie haben mehr für die Umsetzung des Pariser Abkommens getan als viele Städte oder Regionen.“ Dieses Engagement habe auch das Image der Xingu verändert, es sei heute nicht mehr so stark von den herabsetzenden Präsentationsformen des Kolonialismus geprägt.

Unter Lula geht es voran

Nach erheblichen Rückschritten in den vergangenen Jahren will Präsident Lula da Silva die illegale Abholzung engagierter bekämpfen. Er hat ein Ministerium für indigene Völker geschaffen und neue Schutzgebiete ausgewiesen. Den Amazonienfonds für Wald- und Klimaschutz, an dem auch Deutschland beteiligt ist, hat er wieder aktiviert. Für Tapi Yawalapiti sind dies wichtige Schritte, um die illegale Abholzung bis 2030 vollständig zu unterbinden und weitere indigene Reservate auszuweisen. „Wir sind heute dabei, die politische Vakuumstelle im Kongress zu besetzen. Die indigene Jugend ist an der Macht. Wir verwirklichen den Traum unserer Eltern, unserer Großeltern." Bislang sei erst rund ein Drittel des angestammten Territoriums demarkiert.

Drohnen können bei Überwachung helfen

Auf Defizite bei der Umsetzung indigener Rechte wies Bemoro Metuktire hin: „Unsere Gebiete sind demarkiert, aber es gibt viele Invasionen. Holzfäller, Goldsucher, Fischer betreten unsere Reservate und rauben unseren Reichtum.“ Er verstehe, dass auch die Weißen unter wirtschaftlicher Not litten, die Regierung müsse für sie alternative Einkommensmöglichkeiten schaffen. Bei der Überwachung der Schutzgebiete könnten Drohnen helfen, auch dafür wollen die Xingu eingeworbene Gelder aus Europa verwenden.

Eine gemeinsame Aufgabe

Watatakalu Yawalapiti, eine der Anführerinnen der Frauenbewegung der Xingu, betonte die Rolle der Bildung beim Kampf um indigene Rechte. Viele Mitglieder ihres Volkes studierten heute, hätten Kenntnisse in Recht, Politik und Technik, sprächen Fremdsprachen. Sie könnten daher immer besser für ihre Rechte einstehen. Allerdings wünschten sie sich eine größere Bereitschaft der Mehrheitsgesellschaft, auch von ihnen zu lernen: „Wir wissen, wie man mit dem Wald lebt, ohne ihn zu zerstören, und wir wollen es euch beibringen.“ Die Bewahrung des Amazonas-Regenwaldes liege nicht allein in der Verantwortung der indigenen Völker, sondern sei eine gemeinsame Aufgabe aller Menschen.

Highlights from a Meeting with Distinguished Indigenous Leaders from Brazil