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Headline: Europa braucht mehr strategisches Krisenmanagement

Die Europäische Union ist mit einer wachsenden Zahl komplexer, sich überschneidender, grenzüberschreitender Krisen konfrontiert, wie der COVID-19-Pandemie, dem Klimawandel und Einmarsch Russlands in die Ukraine. Sie muss sich besser auf diese vorbereiten und darauf reagieren, so das wissenschaftliche und ethische Gutachten, das der EU-Kommission am 22. November 2022 im Europäischen Parlament in Straßburg übergeben wurde.

Leuchtturm im Unwetter
Krisen werden zur Norm, nicht zur Ausnahme. Shutterstock/ Wirestock Creators

Akademien beraten Europäische Kommission

Der vom Expertenteam SAPEA (Scientific Advice for Policy by European Academies) vorgelegte Bericht basiert auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und evidenzbasierten politischen Optionen. Auch IASS-Direktor Ortwin Renn vom Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) hat an dem Bericht mitgearbeitet.

Auf Ersuchen der Kommission legten die unabhängigen Expertinnen und Experten der SAPEA, die Teil des wissenschaftlichen Beratungskreises der EU-Kommission ist, den Kommissaren Mariya Gabriel und Janez Lenarčič ihren Evidenzbericht vor. SAPEA ist ein Konsortium von Akademienetzwerken, dem über hundert Akademien, junge Akademien und wissenschaftliche Gesellschaften angehören.

Der Vorsitzende des SAPEA-Vorstands, Antonio Loprieno, sagt, dass „wir die besten Wissenschaftler aus ganz Europa versammelt haben, um einen interdisziplinären Bericht über Krisenmanagement zu erstellen“. Dieser Bericht wird nicht nur die Grundlage für hochwertige politische Vorschläge bilden, sondern für viele weitere wissenschaftliche Arbeiten zu diesem Thema, sagte Loprieno.

Der Evidence Review Report von SAPEA unterstreicht, dass strategisches Krisenmanagement mit breiteren politischen Zielen in Einklang gebracht werden muss: „Krisen werden zur Norm, nicht zur Ausnahme. Die strategischen Entscheidungen, die wir während einer Krise treffen, prägen unsere Gesellschaft auf lange Sicht“, sagte die Vorsitzende der SAPEA-Arbeitsgruppe, Prof. Tina Comes.

Der Bericht hebt zugleich hervor, dass sich die Krisenart verändere, Grenzen und Sektoren überschreite, kaskadenartige und sich überschneidende Auswirkungen auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt habe. Sie verstärken die Ungleichheiten und treffen die Schwächsten am härtesten. Deshalb muss die EU ihre Ansätze für das Risiko- und Krisenmanagement neu überdenken.

Die Gruppe der wissenschaftlichen Chefberater besteht aus sieben herausragenden Wissenschaftlern, die die EU-Kommissare in Bezug auf große gesellschaftliche Herausforderungen auf der Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse der SAPEA beraten. Die Berater geben unter anderem die folgenden Empfehlungen:

  • Die EU sollte für den gesamten Zeitrahmen von Krisen planen und sich vorbereiten, von der Vorbereitung bis zur Reaktion und Wiederherstellung.
  • Die EU sollte stärkere Synergien zwischen den europäischen Mitgliedstaaten schaffen; das Notfallreaktions- und Koordinierungszentrum könnte eine größere Rolle bei der Erleichterung des Austauschs von Informationen und Bedürfnissen spielen.
  • Um die Widerstandsfähigkeit der EU zu erhöhen, plädieren die Berater für besser skalierbare, schnell einsetzbare und effiziente EU-Finanzinstrumente.
  • Entscheidungsträger auf allen Ebenen sollten eng mit der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor zusammenarbeiten.

Neben den wissenschaftlichen Berichten hat die Europäische Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien eine Erklärung veröffentlicht, in der der europäische Grundwert der Solidarität hervorgehoben wird. Solidarität kann ein Leitprinzip für die Bewältigung von Krisen und die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft sein.

Zur Publikation zum Download.

Hintergrund

Der Mechanismus für wissenschaftliche Beratung

Der Mechanismus für wissenschaftliche Beratung der Europäischen Kommission bietet dem Kollegium der Europäischen Kommissare auf Anfrage unabhängige Beratung, um die politische Entscheidungsfindung zu unterstützen. Für dieses Thema wurde von SAPEA eine Arbeitsgruppe aus Europas Top-Experten einberufen, um einen Evidence Review Report zu erstellen, der den aktuellen Stand des Wissens über Krisenmanagement von der Wissenschaft bis zur Praxis und über viele Disziplinen hinweg zusammenfasst. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse veröffentlichte die Gruppe der wissenschaftlichen Chefberater ihre politischen Empfehlungen, die für ein breites Spektrum von Bedrohungen und Krisen gelten.

Die Gruppe der leitenden wissenschaftlichen Berater (GCSA)  

Die GCSA trägt zur Qualität der EU-Gesetzgebung bei, indem sie der Europäischen Kommission unabhängige wissenschaftliche Beratung bietet. Bei den Beratenden handelt es sich um sieben herausragende Wissenschaftler, die in ihrer persönlichen Eigenschaft ernannt wurden, um die Mitglieder der Europäischen Kommission in Fragen von öffentlichem Interesse zu beraten. Die Beraterinnen und Berater arbeiten eng mit dem Konsortium Scientific Advice for Policy by European Academies (SAPEA) zusammen. Eine Zusammenfassung der bisherigen Veröffentlichungen ihrer Beratung finden Sie in ihrem Bericht vom Februar 2020, "Informing European Commission Policy Making with Scientific Evidence".

SAPEA (Wissenschaftliche Beratung für die Politik durch europäische Akademien)  

SAPEA ist ein Konsortium von Akademiennetzwerken. In diesen Netzwerken wird herausragendes Fachwissen aus den Bereichen Natur-, Ingenieur- und Technologiewissenschaften, Medizin, Gesundheit, Agrar- und Sozialwissenschaften sowie Geisteswissenschaften gebündelt. SAPEA stützt sich auf über hundert Akademien, junge Akademien und gelehrte Gesellschaften in mehr als 40 Ländern in ganz Europa - siehe: www.sapea.info/crisis/

Die Europäische Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien (EGE)

Die EGE ist ein unabhängiges, multidisziplinäres Gremium, das vom Präsidenten der Europäischen Kommission ernannt wurde, welches die Kommission in allen Aspekten ihrer Politik und Gesetzgebung berät, die ethische, gesellschaftliche und grundlegende Fragen betreffen.