Ein hybrider Weg durch die Welt der Forschung
12.11.2025
RIFS-Fellow Saskia de Wildt arbeitet an der Schnittstelle von ökologischer Nachhaltigkeitsforschung und künstlerischer Praxis. Mit einem beruflichen Hintergrund im Filmemachen und Forschungserfahrung mit einer Gemeinschaft in der Arktis hat sie während ihres Fellowships interkulturelle Zusammenarbeit analysiert, indem sie Performances und queere Theorien angewendet hat. Im Interview spricht sie über ihre kreative Methode und teilt ihre Empfehlungen.
Was ist Ihr Hintergrund und Ihr Forschungsinteresse?
Saskia de Wildt: In den vergangenen zehn Jahren habe ich in Umweltwissenschaften promoviert und einen Master in Internationaler Entwicklung abgelegt. Davor habe ich als Art Director in der niederländischen Film- und Fernsehindustrie gearbeitet, daher komme ich aus der kreativen Praxis. Ich war dreißig Jahre alt, als ich an die Universität kam – es war eine völlig andere Welt mit einer völlig anderen Sprache und einer völlig anderen Art, die Welt zu verstehen. Ich glaube, es war auch meine erste ernsthafte Begegnung mit Theorie. Zwölf Jahre später habe ich eine hybride Art entwickelt, mich durch die Wissenschaft und ihre Forschungsinstitute zu bewegen und dabei kreative Praktiken und Methoden einbezogen.
An welchen Projekten haben Sie während Ihres Stipendiums am RIFS gearbeitet?
S.de W.: Mein neunmonatiges Stipendium hat es mir ermöglicht, mein Verständnis für eine Performance-Intervention zu vertiefen, die ich vor dem RIFS schon entwickelt hatte. Die Intervention dreht sich um eine Persona, die ich kreiert habe: "Mx. Science". Ich betrete ‚wissenschaftliche Räume‘ als diese Persona. Mx. Science sieht aus wie aus einer anderen Welt: Er oder sie trägt einen rosafarbenen, pelzigen Hut mit Hörnern und hat ein blaues Gesicht. Wenn ich so Räume betrete, verstehen die Leute nicht sofort, wer ich bin oder was ich tue, was eine Öffnung für Gespräche schafft. Schnell tauchen Fragen auf: Wer bist du? Was machst du? Was bedeutet es, Wissenschaftler oder Wissenschaftlerin zu sein? Was sind die Regeln und Normen in diesen Räumlichkeiten und wie werden diese durch die Anwesenheit von jemandem wie Mx. Science gebrochen? Und ich breche mit dieser Idee der Repräsentation. Ich stelle durch meine Performance eine Frage über die Wissenschaft selbst als Performance. Wenn ich zum Beispiel als Mx. Science am Kopierer eine Kopie mache, verwandelt mein Auftreten diesen einfachen Akt in eine Performance. Es macht bestimmte Praktiken oder Konventionen sichtbar, die wir für selbstverständlich halten: Nehmen Sie etwas Einfaches wie Konferenz-Namensschilder. Wenn ich mit meiner Performance auf eine Konferenz gehe und dort mit Menschen in Kontakt trete, fragen sich einige immer, ob ich dort hingehöre. Wenn ich dann mein Namensschild umdrehe, so dass sie meinen Namen, Titel und meine Zugehörigkeit sehen, akzeptieren sie plötzlich, dass ich in diesen Raum gehöre. Es ist bemerkenswert, weil es zeigt, wie wir darüber nachdenken, was unsere Präsenz in diesen Umgebungen legitimiert – oder delegitimiert. Welche (unsichtbaren) gesellschaftlichen Konventionen müssen wir erfüllen, um ernst genommen zu werden? Und was passiert, wenn Sie sich nicht sofort an diese Normen anpassen oder sich rundweg weigern, diesen Normen gerecht zu werden? Welchen Raum haben wir für unsere Differenzen innerhalb der Wissenschaft?
Was steckt hinter der Idee von Mx. Science?
S.de W.: Mx. Science (siehe Foto) entstand im Rahmen meiner Doktorarbeit, in der ich an einem interdisziplinären Forschungsprojekt in der kanadischen Arktis mitgearbeitet habe, zusammen mit mehreren Biologen und Mitgliedern der Inuit-Gemeinschaft aus Gjoa Haven, Nunavut. Mich interessierte zu verstehen, was es bedeutet, sich ethisch mit zwei unterschiedlichen Wissenssystemen auseinanderzusetzen und diese in Einklang zu bringen. Es gibt ein besonderes Prinzip des interkulturellen Engagements, das indigene Völker in Nordamerika vorgeschlagen haben, das als "ethischer Raum des Engagements" bezeichnet wird. Dieser Raum entspricht dem, was manchmal als "dritter Raum" bezeichnet wird. Ich habe festgestellt, dass die gleichen Qualitäten, die von indigenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern beschrieben werden, in den Performance-Räumen beobachtet werden können, die ich als Drag-King besetze und die ich in den vergangenen sechs Jahren parallel zu meiner Doktorarbeit verfolgt habe. Es scheint mir, dass die Art und Weise, wie wir uns durch queere Performancekultur gegen Heteronormativität und exklusive gesellschaftliche Strukturen wehren, Räume schafft, die denen ähneln, die ich in meiner Forschung gesucht habe. Ich habe gemerkt, dass ich durch Drag ähnliche Fragen zur Positionierung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern stellen kann und wie sie mit Menschen umgehen, die in verschiedenen Disziplinen arbeiten oder aus verschiedenen Kulturen kommen. Wie gehen wir ethisch mit diesen Unterschieden um?
Welche Empfehlungen möchten Sie geben?
S.de W.: Eine der Methoden, die ich verwende, ist die Einladung – eine einfache, offene Aufforderung, bei der der Empfänger entscheiden kann, wie er antworten möchte. Sind Sie neugierig geworden? Möchten Sie sich engagieren? Und dann sehen wir, was aus diesem Gespräch herauskommt. Wenn es um die wissenschaftliche Praxis geht, müssen wir meiner Meinung nach mehr und andere Fragen rund um Ethik stellen: Wie können wir die Forschung besser auf die Unterschiede eingehen lassen, mit denen wir arbeiten? Welche Rolle spielen das Institut und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei? Im Zusammenhang mit dem RIFS: Was ist eigentlich dringend? Was ist Nachhaltigkeit? Was bedeutet das wirklich? Bedeutet es für alle im Raum dasselbe? In meiner Forschung geht es nicht so sehr darum, Output zu schaffen, sondern vielmehr darum, zu erforschen, wie Dinge anders anzugehen wären.
Medien
Interview with RIFS Fellow Saskia de Wildt
Research Cabaret am 26. November 2025
Was bietet Ihnen RIFS, was andere Institutionen nicht können?
S.de W.: Dieses Stipendium hat mir die Zeit gegeben, mein Wissen rund um diese spezielle Intervention zu vertiefen, relevante Publikationen zu studieren, mich mit anderen Stipendiaten zu unterhalten und mehrere Mini-Interventionen durchzuführen. Ich denke, es ist entscheidend, dass die Institute Raum für solche experimentelle Arbeit schaffen. Jetzt organisiere ich hier bei RIFS ein Forschungskabarett mit dem Namen "Submit to the Monster". Es handelt sich um ein hybrides Format – teils Präsentation, teils Vortrag, teils Kabarett und teils Workshop. Es ist ein performativ-informatives Format, in dem wir darüber nachdenken werden, wie der Forschungsantrag als Ort der Gastfreundschaft und Transformation neu gedacht werden kann.
Melden Sie sich für das Research Cabaret am 26. November 2025 von 14 bis 17 Uhr im RIFS Bank Building „Submit to the Monster” an: https://eveeno.com/researchcabaret/

