Forschungsinstitut für
Nachhaltigkeit | am GFZ

Es geht nur gemeinsam: Wie Vereine die lokale Energiewende voranbringen

04.06.2025

Julia Plessing

Dr. Julia Plessing

julia [dot] plessing [at] rifs-potsdam [dot] de
jpl
Silke Wesselmann und Landrat Dr. Martin Sommer mit Vertretenden der Bürgerwind Hörstel GmbH & Co. KG vor Windenergieanlagen des Bürgerwindparks Hörstel.

Das Amt für Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Kreis Steinfurt will Klimaneutralität bis 2040 erreichen. Schon früh hat der Kreis erkannt, dass die Verwaltung dies nicht alleine schafft, denn nur ein Bruchteil der Emissionen wird von der Verwaltung selbst verursacht. Daher müssen Unternehmen und Bürger:innen mit an Bord. Für sie bietet der Kreis umfassende Beratung und Bildungsangebote an. 

Doch er geht noch viel weiter. 2015 gründete sich der Energieland e.V., eine Gemeinschaftsinitiative der lokalen Wirtschaft, Kreisverwaltung und Kommunen. Gelebtes Beispiel einer lokalen Multi-Akteurs-Partnerschaft (MAP) ist der Verein direkt im Amt für Klimaschutz angesiedelt und stellt zirka zehn der inzwischen über 20 Mitarbeitenden. 

Innovative Governance mit bewährtem Instrument


Wissenschaft und Praxis suchen zunehmend innovative Wege, um Verwaltung kooperativer, flexibler und innovativer zu gestalten und damit den Klimawandel wirksam zu bekämpfen. Es geht dabei viel um Ko-Kreation und kooperative Governance (engl. collaborative Governance). Doch wird oftmals außer Acht gelassen, dass es mit der Vereinsform in Deutschland ein altbewährtes Instrument gibt, mit dem sich lokale  Multi-Akteurs-Partnerschaft gestalten lassen. 

So sind eingetragene Vereine sind die häufigste Form gemeinnütziger Organisationen in Deutschland. Sie sind unbürokratisch in ihrer Gründung, demokratisch in ihrer Governance und flexibel in ihrer Ausrichtung. In einer Studie untersucht das Deutsch-Französische Zukunftswerk inwieweit Vereine sich dazu eignen, die lokale Handlungsfähigkeit  auf dem Weg zur Klimaneutralität zu steigern. 

Kooperation auf Augenhöhe

Im Kreis Steinfurt zeigt sich, dass Vereine großes Potenzial bieten, gemeinsam auf Augenhöhe zu arbeiten.  So wie auch in den anderen untersuchten Vereinen in den Kreis Siegen-Wittgenstein und Waldeck-Frankenberg ist der Vorstand pari-pari mit Vertreter:innen aus Kreis, Wirtschaft und Kommunen besetzt. So sitzen oftmals die Vertreter:innen der Stadtwerke, Kreisverwaltung, Kommunen und zum Beispiel aus der Kreishandwerkerschaft in Sitzungen zusammen und finden gemeinsame Lösungen. Das funktioniert „auch wenn es mal irgendwo knatscht“, denn dann kann der Verein den „Austausch organisieren und moderieren und (wir) haben die Gesprächspartner an einem Tisch“, sagt Silke Wesselmann, die in Personalunion Geschäftsführerin des Energieland e.V. und Leiterin des Amts für Klimaschutz ist. 

Das Wichtige dabei: Die Vertreter:innen begegnen sich auf Augenhöhe, haben das gleiche Recht auf Mitbestimmung. Und auch vor- und nach den Sitzungen ermöglichen Vereine Gelegenheiten des Austauschs, wie ein Wirtschaftsvertreter im Kreis bestätigt: „Die Gespräche auf dem Parkplatz vor und nach den Sitzungen sind für die Netzwerkarbeit genauso wichtig, wie die Gespräche in den offiziellen Sitzungen“. Sie helfen über Jahre hinweg Vertrauen zwischen den verschiedenen Sektoren aufzubauen. 

Win-Win für Partner und Verein

Zentral für das Gelingen einer Multi-Akteurs-Partnerschaft  ist ebenso, dass die verschiedenen Partner selbst von ihrer Mitgliedschaft im Verein profitieren. In den von uns untersuchten Vereinen konnten sich die Partner beraten lassen, zusätzliche Gelder einwerben oder auch einen Imagegewinn verbuchen. Denn die gemeinsame Zielsetzung, Klimaneutralität im Kreis zu erreichen, ist zentral und bringt alle Akteure zusammen. Doch nur wenn die einzelnen Mitglieder für sich selbst einen Nutzen in ihrer Mitgliedschaft sehen, werden sie auf längere Sicht dabeibleiben. 

Die Ergebnisse der Studie sind vielversprechend. Daher hat das Deutsch-Französische Zukunftswerk eine Empfehlung an die deutsche Regierung formuliert, Kooperationen auf lokaler Ebene für die Energiewende explizit zu fördern. Denn diese können regelrechte Kaskaden an Wirkungen entfalten. In Frankreich gibt es bereits ein Vorbild dafür. Das Förderprogramm territoires d’innovation der Banques de territoires (vergleichbar mit der KFW in Deutschland) macht zur Bedingung, dass Kommunen, lokale Akteure, Partner aus der Wirtschaft, Industrie und Forschung sowie Zivilgesellschaft“ ein Projekt „ko-konstruieren“. 

Ein solches Förderprogramm könnte genauso in deutschen Kommunen eine Hebelwirkung entfalten. 
 

Share via email

Copied to clipboard

Drucken