Überlegungen von ChangeNOW: Hoffnung, Greenwashing(?) und unsichtbare Wunden
15.05.2025

Die Teilnahme an der ChangeNOW-Konferenz in Paris im vergangenen April war inspirierend, machte aber auch nachdenklich. Die Energie von Changemakern lag der Luft, und man hatte wirklich das Gefühl, dass sich das schlagende Herz der Nachhaltigkeitsbewegung im Grand Palais versammelt hatte. Die Konferenz erfüllte ihr Versprechen, kühne Ideen ins Rampenlicht zu rücken und Unternehmer*innen, Forschende, politische Entscheidungsträger*innen und Aktivist*innen aus verschiedenen Bereichen zusammenzubringen.
Was funktionierte
Energie, Begegnungen und Innovationen Die Atmosphäre war unverkennbar lebendig. Von Menschen umgeben zu sein, denen der Planet am Herzen liegt, vermittelte ein seltenes Gefühl von Einigkeit und Dringlichkeit. Besonders inspiriert war ich von der Vielfalt der Graswurzel-Projekte und Start-ups, die sich mit Herausforderungen wie regenerativer Landwirtschaft, Meeresschutz und Kreislaufwirtschaft befassen. Es gab nicht nur um Ideen – sondern Prototypen, Produkte und Strategien, die zum Ausbau bereit waren. Die Konferenz bot Raum für wertvolles Networking, und ich verließ sie mit neuen Kontakten, von denen ich glaube, dass sie zu langfristigen Kooperationen führen werden.
Was nicht funktionierte
Die fehlende Tiefe in Unternehmenspanels Während ein Großteil der Konferenz vor Authentizität strotzte, stand doch nicht alles im Einklang mit den gepredigten Werten. Eine der immer wieder geäußerten Frustrationen - in der Regel bei informellen Gesprächen - war der Mangel an Tiefe in den Unternehmenspanels. Sitzungen mit großen Unternehmen fielen oft auf vage Aussagen wie „Wir sind auf einer Reise“ oder „Nachhaltigkeit ist unser Kerngeschäft“ zurück, ohne dass diese Aussagen mit Substanz untermauert wurden.
Das Risiko geht hier über ein paar uninspirierte Panels hinaus. Es besteht Anlass zur Sorge, dass Greenwashing ein neues Niveau erreicht hat. Die Mehrheitsbeteiligung an ChangeNOW hält jetzt eine Mediengruppe, die mit dem französischen Milliardär Bernard Arnault verbunden ist - jemand, der mit rechtsextremen Narrativen und Klimaleugnung in Verbindung gebracht wird. Einige der wichtigsten Partner der Veranstaltung, wie die Bank BNP Paribas und der Konzessions- und Baukonzern Vinci, haben eine fragwürdige ökologische Erfolgsbilanz. Dies bringt viele von uns in ein ethisches Dilemma: Wie unterscheiden wir zwischen echten unternehmerischen Bemühungen und PR-Kampagnen, die ein angeschlagenes Image aufpolieren sollen?
Es ist eine komplizierte Frage, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Ich vertraue darauf, dass viele Nachhaltigkeitsfachleute in gutem Glauben dort waren und wirklich auf Veränderungen hinarbeiteten. Aber wie vermeiden wir das Risiko, dass diese Räume von genau den Systemen vereinnahmt werden, die sie zu verändern versuchen?
Über Trauma wird gesprochen – aber nicht über jedes
Einige Gespräche während der Konferenz konzentrierten sich auf das durch den Klimawandel verursachte Trauma: Vertreibung, Ökoangst, Verlust der biologischen Vielfalt und Zusammenbruch von Gemeinschaften. Aber ich habe noch niemanden getroffen, der fragte: Was ist mit dem Trauma, das den Klimawandel überhaupt erst verursacht hat?
Gabor Maté, Arzt und Traumaexperte, vertritt die Ansicht, dass viele der heutigen Führungskräfte in Politik und Wirtschaft selbst tief traumatisiert sind. In The Myth of Normal schreibt er darüber, wie sich ungeheilte emotionale Wunden als Drang nach Dominanz, endlosem Wachstum und Abkopplung manifestieren können. Wenn Führungskräfte von ihren eigenen Emotionen abgekoppelt sind, ist es nicht verwunderlich, dass ihre Entscheidungen die Menschen auch von der Natur abkoppeln.
Die Bewältigung des Klimawandels erfordert also mehr als saubere Energie und Recycling, sie erfordert eine tiefere kulturelle Heilung. Wenn wir eine regenerative Führung fördern wollen, müssen wir den Schmerz hinter den Mustern verstehen. Dabei geht es nicht darum, schädliches Verhalten zu rechtfertigen oder in Bevormundung abzugleiten. Vielmehr geht es darum, Mitgefühl zu kultivieren, damit wir Systeme entwickeln können, die eine gesündere Führung unterstützen.
Diese Idee werde ich in meinem Buch, das ich im Rahmen meines RIFS-Stipendiums schreibe, genauer untersuchen: Beyond Profit: Redefining Business for a Regenerative Future. Wir können die äußeren Systeme nicht umgestalten, ohne uns auch mit den inneren Landschaften zu befassen, die sie formen. Würden Sie dem zustimmen?
Und dann war da noch ein Glücksfall
Natürlich wäre dieser Blogpost nicht vollständig ohne eine kleine glückliche Fügung. Stellen Sie sich meine Überraschung vor, als ich nach meiner Rückkehr aus Paris herausfand, dass eine meiner neuen Mitbewohnerinnen in Potsdam, Adenike Oladosu (eine weitere RIFS-Stipendiatin), eine der Sprecherinnen auf der ChangeNOW war! Wir waren beide dort, bewegten uns durch dieselben Gänge im Grand Palais, saugten dieselbe Energie auf, und wir entdeckten diese gemeinsame Erfahrung erst, als sie zum RIFS kam. Nachhaltigkeit mag eine globale Bewegung sein, aber manchmal ist die Welt wirklich klein.