Headline: Symposium „Freunde der offenen Gesellschaft“

Demokratie, Nachhaltigkeit und Digitalisierung: Symposium „Freunde der offenen Gesellschaft“
Demokratie, Nachhaltigkeit und Digitalisierung: Symposium „Freunde der offenen Gesellschaft“ Foto: familie redlich

Dokumentation

Nachhaltigkeit und Demokratie stehen in einem engen Verhältnis. Die offene Gesellschaft ist Voraussetzung, um die Chancen von Wissen und technologischen Innovationen in ein gutes Leben für alle Menschen zu verwandeln. Nachhaltigkeit ist in einer Welt mit demnächst neun Milliarden Menschen der zweite Stützpfeiler dafür. Dass Nachhaltigkeit nur in offenen Gesellschaften gelingen kann, ist eine Grundüberzeugung, die noch stärker als bislang herausgearbeitet werden muss. Die Besorgnis und Verunsicherung über aktuelle Krisen der Demokratie und Nachhaltigkeit rund um den Globus müssen jetzt konstruktiv als Impuls verstanden werden, der in eine gestaltbare Fortentwicklung mündet.

Das Symposium „Freunde der offenen Gesellschaft“ versammelte im November 2018 250 Gäste in Berlin, um aus der Wissenschaft heraus drängende Fragen zu Demokratie, Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu thematisieren und mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Gesellschaft zu diskutieren. Es wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit dem Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) ausgerichtet.

Zum Auftakt umrissen Patrizia Nanz (IASS) und Alexander Müller (TMG Thinktank for Sustainability) die Herausforderungen, mit denen sich die offene Gesellschaft konfrontiert sieht. Sie stellten den Bedarf für gemeinwohlorientierte Forschung ins Zentrum ihrer Eröffnung und sprachen sich für das Vorantreiben von Ansätzen zur Schaffung von sozial relevantem und akzeptiertem Wissen aus.

Bundesministerin Anja Karliczek begrüßte die Gäste des Symposiums und betonte mit Bezug zum Klimawandel das angespannte Verhältnis von Demokratie und Nachhaltigkeit. Es sei notwendig, die Brücke zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und politischem Handeln zu schlagen. Als beispielhaft benannte sie das Wirken Klaus Töpfers, der über die Jahre hinweg Ansätze für die Produktion von Wissen an der Schnittstelle von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft mitgeprägt hat.

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Das Verhältnis von Demokratie, Transformation und Wissen neu denken

Das gegenwärtige Aufbrechen des mühsam erworbenen gesellschaftlichen Konsens zu Rationalität, Rechtsstaatlichkeit und wissenschaftlichem Fortschritt war Gegenstand des ersten Teils des Symposiums. Thomas Bauer (Universität Münster), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Lisa Herzog (Hochschule für Politik München), William K. Reilly (ehem. US-amerikanische Umweltschutzbehörde EPA) und Bernd Ulrich (Die Zeit) diskutierten, wie Wissenschaft und Politik im Lichte dieser Entwicklung eine aktive Rolle zur Verteidigung unseres Wertegerüsts beitragen können. Aus der Anerkennung heutiger Krisen würden sich gleichfalls neue Lösungskorridore für gesellschaftliche Fragen ergeben.

Technologische Innovationen – Chancen und Risiken für Nachhaltigkeit in einer offenen Gesellschaft

Technologische Innovationen können einer offenen Gesellschaft dienen und eine nachhaltige Zukunft ermöglichen. Die Auseinandersetzung über die Ziele technologischer Entwicklungen und deren Chancen und Risiken  waren Gegenstand zweiten Teils des Symposiums mit Christiane Grefe (Die Zeit), Petra Grimm (Instituts für Digitale Ethik, Hochschule der Medien Stuttgart), Matthias Kleiner (Leibniz-Gemeinschaft) und Jürgen Renn (Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte). Die Diskussion offenbarte verschiedene Ansätze für die Reflexion über die Einbettung technologischer Innovationen in gesellschaftliche Ziele und das kulturelle Wertegerüst. Grundsätzlich müssten Wissenschaft und Politik eine Haltung entwickeln und sich mit geeigneten Prozessen zur Verschränkung der Disziplinen innerhalb des Wissenschaftssystems und der Technologiepolitik auseinandersetzen.

Wie verbinden wir pragmatisches Handeln heute mit langen Linien für morgen?

Klaus Töpfer, dessen 80. Geburtstag in diesem Jahr Anlass für das Symposium war, adressierte insbesondere das Spannungsfeld zwischen einer bereits heute fortschreitenden Homogenisierung und der notwendigen Diversität von Alternativen in einer offenen Gesellschaft. Die globale Marktmacht von drei Unternehmen über persönliche Daten von Millionen Menschen sei symptomatisch dafür.

In Bezug auf die Einführung von Großtechnologien wies Klaus Töpfer darauf hin, dass menschliche Entscheidungen notwendigerweise bei unvollständiger Information getroffen werden. Technologiepolitik müsse deshalb besonders auf die Skalierbarkeit, und zur Not auch Verkleinerbarkeit bis hin zur Revidierbarkeit, von Technologien setzen. Wenn Technologie, Wirtschaft, aber auch Politik Pfadabhängigkeiten fördern bzw. ihnen nur wenig entgegensetzen können, würde die Demokratie an einer ihrer empfindlichsten Stellen getroffen. Sie verliere dann nämlich mehr und mehr ihre Fähigkeit, sich auf wandelnde Rahmenbedingungen einzustellen – und verspiele das Potential, das in der Vielfalt der Köpfe der Menschen vorhanden sei.

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