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Headline: Woran sich eine erfolgversprechende Nachhaltigkeitsforschung messen lassen muss

Welche Anforderungen muss die Nachhaltigkeitsforschung erfüllen, um erfolgreich die Transformation in Richtung einer nachhaltigen Zukunft zu fördern? IASS-Direktor Ortwin Renn beschreibt in einer neuen Publikation einen Ansatz, der verschiedene Forschungskonzepte integriert.

Eine erfolgreiche Nachhaltigkeitsforschung muss verschiedene Wissensarten integrieren.
Eine erfolgreiche Nachhaltigkeitsforschung muss verschiedene Wissensarten integrieren. Shutterstock/metamorworks

Die Nachhaltigkeitsforschung soll Wissensgrundlagen für die Aufrechterhaltung humaner Lebensbedingungen und der natürlichen Lebensgrundlagen schaffen. Auf den ersten Blick erscheint sie als ein primärer Aufgabenbereich der Naturwissenschaften, der durch sozialwissenschaftliche Studien bestenfalls angereichert werden kann. Allerdings schafft Wissen allein noch keine Verhaltensänderung: Die Folgen für die physische Umwelt müssen mit anderen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft abgewogen werden.

Ortwin Renns Konzept sieht vor, in der Nachhaltigkeitsforschung drei Ansätze zu kombinieren: (i) analytische, neugiergetriebene, (ii) zielorientierte, strategische und (iii) katalytische, gestaltende Ansätze. Analytisches Wissen schafft die Grundlage für ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen menschlichen Interventionen in die natürliche Umwelt und deren Konsequenzen. Zielorientiertes Wissen umfasst die normativen Leitkonzepte sowie die darauf aufbauenden Szenarien und Optionen, um bestimmte Ziele, wie etwa die Energiewende, effektiv und sozial gerecht zu erreichen. Katalytisches Wissen hilft den Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bei der Gestaltung der kommunikativen und politischen Entscheidungsprozesse.

Zentral für eine erfolgversprechende Nachhaltigkeitsforschung sind laut Renn folgende drei Punkte:

  • Die Integration der drei Ansätze (analytisch, zielorientiert und katalytisch), damit die von der Gesellschaft als Probleme erkannten Zusammenhänge in Handlungsorientierungen umgesetzt werden können.
  • Die Verzahnung von Wissensgenerierung und -selektion mit gesellschaftlich legitimierten Zielsetzungen, damit das Konzept der Nachhaltigkeit in politisches Handeln überführt wird.
  • Die Synthese des theoretischen Anspruchs auf Erklärung mit dem praktischen Anspruch auf Wirksamkeit. Dabei müssen Qualitätskriterien für Wissensgenerierung und -selektion eingehalten werden: Der Prozess muss eine wirksame, faire und kompetente Urteilsbildung im Rahmen demokratischer Beschlussfassung ermöglichen.

Die Integration der drei Ansätze ist laut Renn wesentlich für eine transdisziplinäre Herangehensweise an die Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung. Besonders wichtig ist dabei die Verknüpfung von Sachwissen über die Handlungsfolgen mit Orientierungswissen zur Bestimmung der Akzeptabilität dieser Folgen. Hier geht es nicht nur um geltende Rechtsnormen, sondern auch um die ethische Bewertung dieser Folgen, deren diskursive Aushandlung im Rahmen von Dialogen mit den betroffenen Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie die Legitimation durch demokratische Prozesse.

Publikation:
Renn, O. (2022). Anforderungen an ein tragfähiges Konzept der Nachhaltigkeitsforschung. Nachhaltigkeitsrecht: Zeitschrift für das Recht der nachhaltigen Entwicklung, 2(1), 6-17. https://doi.org/10.33196/nr202201000601