Headline: Transdisziplinäres Projekt erforscht unbeabsichtigte Nebenwirkungen der Digitalisierung

Die Digitalisierung verändert unser Leben. Sie schafft allerdings nicht nur gewünschte Produkte, neue Chancen und Dienstleistungen, sondern hat auch unbeabsichtigte Nebenwirkungen. Die neuen Möglichkeitsräume, aber auch die unerwünschten Folgen sind das Forschungsthema des Projektes „Verantwortungsvolle Nutzung digitaler Daten als Gegenstand eines transdisziplinären Prozesses“ (DiDaT). Es hat zum Ziel, Nebenwirkungen zu identifizieren, zu analysieren und dazu Gestaltungsvorschläge zu erarbeiten. Ende März kamen Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Praxis zu einer Auftaktveranstaltung in Potsdam zusammen, um Schwerpunkte zu definieren und erste Lösungsansätze zu skizzieren.

Die Digitalisierung prägt schon heute den Alltag von Landwirtinnen und Landwirten. Sie hat ein großes Potenzial, aber birgt auch Gefahren.
Die Digitalisierung prägt schon heute den Alltag von Landwirtinnen und Landwirten. Sie hat ein großes Potenzial, aber birgt auch Gefahren. Adobe Stock/artfocus

„Von diesem Projekt wird mehr erwartet als Forschung: DiDaT ist ein transdisziplinäres Projekt, das Wissen aus der Praxis und der Wissenschaft integriert. Das Ziel besteht darin, Orientierungen für die Gesellschaft zu entwickeln, wie wir verantwortungsvoll mit digitalen Daten umgehen können“, erläutert Roland Scholz, Professor an der Donau-Universität Krems und Affiliate Scholar am IASS Potsdam. Er leitet das Projekt gemeinsam mit IASS-Direktor Ortwin Renn.

Als ersten Schritt identifizierten die Mitwirkenden in den vergangenen Monaten die wichtigsten Möglicvhkeitsräume, aber auch die noch zu wenig beachteten Risiken der Digitalisierung. Diese so genannten Vulnerabilitäten wollen sie in sieben Arbeitsgruppen erforschen:

  1. Mobilität: Digitalisierung und Vernetzung verändern die Technologien für Fahrzeuge und Infrastruktur und ermöglichen neue Marktstrukturen. Welche Rahmenbedingungen und Anreize sind förderlich, um soziale, ökonomische und ökologische Zielsetzungen der Digitalisierung des Verkehrssektors in Einklang zu bringen? Wie könnte eine nationale digitale Infrastrukturdatenbank die digitale Mobilität unterstützen?
  2. Gesundheit: Patienten und Patientinnen können von der Digitalisierung und Verfügbarkeit von Daten sehr  profitieren. Aber welche negativen Auswirkungen kann die Digitalisierung auf den Gesundheitsbetrieb haben und wie verhindert man diese?
  3. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU): Kleine und mittlere Unternehmen haben oft weniger Zugang zu Daten als große Unternehmen, die selbst Daten sammeln, nutzen und kostenpflichtig bereitstellen. Wie können KMU in der digitalisierten Arbeitswelt neben den großen Konzernen bestehen? Welche Maßnahmen und Innovationen sind hier in welchen Bereichen anzustreben?
  4. Landwirtschaft: Im Agrarsektor ist die Digitalisierung schon weit fortgeschritten. Sie hat ein großes Potenzial, aber birgt auch Gefahren, zum Beispiel, wenn sich Digitalisierungsstrategien nur auf das Modell der landwirtschaftlichen Großbetriebe beziehen. Wie lassen sich negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Beschäftigten vermeiden?
  5. Soziale Medien und Werte: Soziale Medien haben in kurzer Zeit großen Einfluss auf Kommunikation, Marketing und demokratische Prozesse genommen. Sie lenken das Verhalten von Menschen und beeinflussen deren Wohlbefinden.  Die Arbeitsgruppe legt ihren Schwerpunkt zum einen auf die positiven und negativen Folgen der Nutzung des Internets in verschiedenen Bereichen. Zum anderen behandelt sie die Folgen „personalisierter Informationen“ auf die Kommunikation, auch unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der Diskursfähigkeit als Voraussetzung von Demokratie.
  6. Vertrauenswürdigkeit von Informationen im digitalen Raum: Die breite Verfügbarkeit von Werkzeugen zur Fälschung von Informationen und die zunehmende Verlagerung unserer Kommunikation in den digitalen Raum stellen gewohnte Formen unseres Zusammenlebens in Frage. Welche technologischen und verhaltensbezogenen Innovationen können einen faktenbasierten gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen Diskurs ermöglichen?
  7. Cybercrime/Cybersecurity: Die Nutzung digitaler Systeme erleichtert Straftaten oder ermöglicht diese erst. Sie stellt daher eine zunehmende Herausforderung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Ist der derzeitige Rechts- und Organisationsrahmen geeignet, die Gesellschaft auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorzubereiten?

Bis Mitte nächsten Jahres erarbeiten die Beteiligten ein Weißbuch - ein Grundlagendokument, dessen Inhalte mit einer größeren Anzahl von Akteuren diskutiert werden. Das Dokument enthält wichtige Analysen, aber auch innovative Lösungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten. Die umfassende Konsultation hat zum Ziel, die Ergebnisse in der Praxis zu verankern und Folgeinitiativen, Projekte und Prozesse einzuleiten.