Overline: Sonderausgabe
Headline: Systemische Risiken: Grundlagen und Fallstudien

Systemische Risiken wie Klimawandel, Cyberkriminalität, Pandemien oder der Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhalts sind komplex und untereinander vernetzt. Ihre Bewältigung erfordert deshalb wirksame Strukturen und Prozesse. Eine Sonderausgabe der Zeitschrift „Risk Analysis“, herausgegeben von IASS-Direktor Ortwin Renn und Forschungsgruppenleiterin Pia-Johanna Schweizer, versammelt theoretisch fundierte und empirisch belegte Ansätze für die Bewertung und das Management von Risiken.

Hochwasser Belgien
Hochwasser in Belgien im Sommer 2021: Durch den Klimawandel werden Extremwetter wie Starkregen immer häufiger. Shutterstock/Thierry Hebbelinck

Systemische Risiken können weitreichende Veränderungen in einem System auslösen oder unkontrollierbare Bedrohungen mit sich bringen. Die Folgen, die sich ergeben, wenn die Merkmale komplexer globaler Systeme und Probleme nicht erkannt und bewältigt werden, können immens sein. Deshalb sind wirksame Governance-Strategien für systemische Risiken erforderlich. Während wissenschaftliche Daten, zum Beispiel zum Klimawandel, in vielen Fällen reichlich vorhanden sind, mangelt es noch immer an der Integration dieses Wissens in Entscheidungsfindungs- und Politikprozesse.

Grundlagenpapiere und Fallstudien

Die Sonderausgabe ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil widmet sich konzeptionellen Fragen hinsichtlich der Charakteristiken von systemischen Risiken sowie verschiedenen Ansätzen zu ihrer Definition und praktischen Anwendung. Unter den Beiträgen ist ein Grundlagenpapier über systemische Risiken, mit dem die Autorinnen und Autoren aus den wissenschaftlichen Disziplinen Physik, Ingenieurwesen, Biologie, Humanökologie und Sozialwissenschaften zu einem interdisziplinären Verständnis von systemischen Risiken beitragen.

Der zweite Teil enthält Fallstudien aus einer Vielzahl von Anwendungsbereichen, darunter Finanzrisiken, aber auch die wachsenden Ungleichheiten zwischen Individuen und sozialen Gruppen in unserer Gesellschaft. Ein weiterer Artikel behandelt das Thema Geoengineering und Climate Engineering aus einer wissenschaftssoziologischen Perspektive heraus. Da die Risiken noch nicht sichtbar und in den jeweiligen Communities höchst umstritten sind, zeige sich der systemische Charakter des Risikos eher im Diskurs über Climate Engineering als in der realen Umsetzung solch weitreichender Technologien, so die Autoren.

Die Hauptbotschaft dieser Sonderausgabe ist die Überzeugung der Autorinnen und Autoren, dass alle systemischen Risiken Schlüsseleigenschaften gemeinsam haben, die herangezogen werden können, um Prozesse zur Risikobewertung, -charakterisierung und -Governance anzuleiten. Sie verstehen das Sonderheft als Anstoß für eine ausführlicher und umfassende Debatte über systemische Risiken.

Inhalt:

  • Systemic Risks from Different Perspectives: Ortwin Renn, Manfred Laubichler, Klaus Lucas, Wolfgang Kröger, Jochen Schanze, Roland W. Scholz, Pia-Johanna Schweizer
  • Systemic Risk: The threat to societal diversity and coherence: Ortwin Renn, Klaus Lucas
  • Theory of Systemic Risks: Insights from Physics and Chemistry: Klaus Lucas
  • A Proposal for Integrating Theories of Complexity for Better Understanding Global Systemic Risks: Armin Haas, Manfred Laubichler, Joffa Applegate, Gesine Steudle, Carlo C. Jaeger
  • Volatility as a Transmitter of Systemic Risk: Is there a Structural Risk in Finance? Harald A. Mieg
  • A precautionary assessment of systemic projections and promises from sunlight reflection and carbon removal modelling: Sean Low, Matthias Honegger

Risk Analysis, Volume 42, Issue 9, Pages: 1893-2124, September 2022