Headline: Supraleiter: Neue Publikation beleuchtet nachhaltige Stromübertragung mit höherer öffentlicher Akzeptanz

Die Integration wachsender Anteile erneuerbarer Energien in das Stromnetz stellt, zumal der globale Energiebedarf wächst, eine Herausforderung dar. Deshalb ist es erforderlich, das Stromnetz auszubauen und zu modernisieren. Der Netzausbau hat jedoch Folgen für die Umwelt und das Leben der Menschen. Daher ist es dringend notwendig, neue nachhaltige Technologien zu entwickeln, die für alle beteiligten Akteure akzeptabel sind. Wenn die Erzeugungskapazität für erneuerbare Energien schneller wächst als die Netzaufnahmekapazität, werden die Ziele der Energiewende womöglich nicht erreicht. Mit Blick auf die öffentliche Akzeptanz des Netzausbaus können supraleitende Übertragungs- und Verteilerleitungen eine Alternative darstellen, mit der sich zahlreiche ökologische, soziale und wirtschaftliche Streitpunkte beilegen lassen.

Ein kürzlich erschienener Artikel informiert über die Fortschritte in diesem Bereich. „Trotz umfangreicher Investitionen in Forschung und Entwicklung wissen politische Entscheidungsträger und die allgemeine Öffentlichkeit noch zu wenig über Supraleiter und ihre potenziell positiven Auswirkungen“, erklärt IASS-Wissenschaftler Heiko Thomas, Hauptautor des Beitrags. Die Analyse beleuchtet die vorteilhaften Eigenschaften, die Supraleiter gegenüber etablierten Optionen besitzen, und zwar nicht nur in punkto öffentliche Akzeptanz, sondern auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Investitionskosten, Gesundheits- und Umweltbedenken. Auch Risiken und Nachteile wie die Verwendung eines Kühlmittels und die Notwendigkeit ununterbrochener Stromzufuhr kommen zur Sprache.

Supraleitfähigkeit entsteht, wenn spezielle elektrische Leiter unter eine bestimmte Temperatur gekühlt werden, damit die Stromübertragung ohne Widerstandsverluste erfolgen kann – ein signifikanter Vorteil. Supraleiter können unterirdisch verlegt und so konstruiert werden, dass sie keine elektromagnetischen Felder erzeugen. Der Platzbedarf für leistungsstarke Stromleitungen ist weitaus geringer als bei jeder anderen Übertragungstechnik, sodass alte Stromleitungen in vorhandenen Korridoren durch Supraleiter ersetzt werden können, deren Nennkapazität um das 10fache oder sogar 100fache höher liegt.

Die fehlenden Widerstandsverluste von Supraleitern können zu höherer Rentabilität und besserer Energieeffizienz sowie zu einer Senkung der damit verbundenen Treibhausgasemissionen führen. Am Beispiel Deutschlands vergleicht der Beitrag die Treibhausgasemissionen aufgrund von Leistungsverlusten für relevante Übertragungstechniken und stellt fest, dass sie für Supraleiter geringer sein können – insbesondere im Vergleich zu Standard-Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungskabeln (HGÜ). Allerdings hängt der Vergleich von der Durchschnittslast ab, die die Verluste von Standardleitern und daher die damit verbundenen Treibhausgasemissionen beeinflusst. Dies ist auch ein wichtiger Faktor für die Berechnung der energetischen Amortisationszeiten, das heißt, die Zeit, die erforderlich ist, um die Strommenge zu erzeugen oder zu übertragen, die für den Bau benötigt wurde.

Aus technischer Sicht bestehen die Hauptvorteile in der höheren Übertragungsleistung von Supraleitern und der Möglichkeit mit niedrigeren Betriebsspannungen zu arbeiten, während die Gesamtkapazität erhalten bleibt. Aus der Sicht der von neuen Leitungsprojekten betroffenen Gemeinden ist die geringere visuelle Beeinträchtigung wohl der attraktivste Aspekt der Supraleiter. Und aus der Kostenschätzung geht schließlich hervor, dass Supraleiter auch durchaus mit Standarderdkabeln und sogar Freileitungen konkurrieren könnten. Die Ergebnisse des Beitrags beruhen teilweise auf den Erkenntnissen einer umfassenderen IASS-Studie, die sich mit den sozioökonomischen Aspekten von Supraleitern beschäftigt.

Supraleiter werden derzeit von einer wachsenden Zahl von Netzbetreibern und Energieversorgern als Bestandteil des Stromnetzes geprüft und eingesetzt (zum Beispiel das AmpaCity-Projekt in Essen und das LIPA-Projekt im Staat New York). In Japan untersucht die Tokyo Electric Power Company (TEPCO) das Potenzial von Supraleitern für einen geplanten Netzausbau in den dicht bevölkerten Küstenniederungen, in denen strikte Wegerechte zu beachten sind. Ein Demonstrationsprojekt, das mit dem realen Netz verbunden ist, wurde in einem Umspannwerk in Yokohama realisiert. TEPCO gab bekannt, dass sich dieses Spezialkabel von Tokio aus problemlos überwachen und steuern lässt.

Die Umstellung auf erneuerbare Energien und der Ausstieg aus fossilen Energieträgern und Atomkraft bringen den Bau neuer Stromleitungen mit sich, insbesondere von Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungskabeln. In Deutschland ist jedoch der Widerstand seitens der Anwohner und sogar von Länderregierungen häufig heftig, wie man im Fall der Südlink-Trasse beobachten kann, die Schleswig-Holstein und Bayern verbindet. Solche Proteste entstehen aus verschiedensten Gründen, angefangen von visueller Beeinträchtigung und Umweltfolgen bis hin zu gesundheitlichen und wirtschaftlichen Bedenken. HGÜ-Masten sind zwischen 50 und 90 Metern hoch und stehen im Abstand von rund 400 Metern. Folglich stören sie das Landschaftsbild erheblich.

Um den Netzausbau zu erleichtern und größere öffentliche Akzeptanz zu erzielen, wurde das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) unlängst novelliert. Jetzt sieht es vor, dass für HGÜ-Trassen in Deutschland Erdkabel verwendet werden müssen, es sei denn, Freileitungen bieten nachweislich klare Vorteile. Diese Entwicklung verheißt Gutes für Supraleiter.

Thomas, H., Marian, A., Chervyakov, A., Stückrad, S., Salmieri, D., Rubbia, C. (2016): Superconducting transmission lines – Sustainable electric energy transfer with higher public acceptance? - Renewable and Sustainable Energy Reviews, 55, S. 59-72.

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