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Headline: Nachhaltiges Nachtleben: Wie Clubs zur gesellschaftlichen Transformation beitragen

Clubs verbrauchen viel Strom, gefragte DJs jetten durch die Welt. Doch immer mehr bemüht sich die Clubszene um Klimaschutz, zum Beispiel mit grüner Energie und Mobilität. Neben der ökologischen spielt die soziale Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle, etwa wenn sich Clubbetreibende und Raver*innen gegen Rassismus und Queerfeindlichkeit engagieren. Am RIFS erarbeitet die Sozialwissenschaftlerin Kerstin Meißner während eines einjährigen Fellowships eine Bestandsaufnahme der Bemühungen um Nachhaltigkeit in der Clubkultur.

Kerstin Meißner
Kerstin Meißner RIFS/Bianca Schröder

„Transformationsprozesse werden noch zu selten in der Sphäre des Kulturellen verortet und schon gar nicht in Clubs, die ja immer auch eine hedonistische und individualistische Funktion zur Alltagsflucht haben. Tatsächlich sind es aber auch Orte, an denen Themen des nachhaltigen Lebens auf vielfältige Weise verhandelt werden. Insofern können sie sogar als Vorbild für andere Gesellschaftsbereiche dienen“, sagt Kerstin Meißner. Als Grundlage ihrer Forschung sollen unter anderem Interviews mit verschiedenen Akteur*innen der Clubszene dienen.

Slow Gigging und Diskursprogramme

Darunter sind DJ Nono Gigsta, die sich zum „Slow Gigging“ verpflichtet hat und das Fliegen vermeidet, DJ Juba, die sich für vielfältigere Perspektiven im Umweltaktivismus einsetzt, die Organisator*innen eines queeren Festivals mit Diskursprogramm sowie die Gründer des Community-Radios Refuge Worldwide, das Geflüchtete und lokale Initiativen unterstützt. Neben diesen individuellen Ansätzen analysiert Meißner auch den Einfluss von größeren Initiativen wie dem Code of Conduct, den Clubtopia, ein Projekt des BUND, 2021 gemeinsam mit der Berliner Clubcommission, einer Lobbyorganisation für Clubkultur, veröffentlichte. Die unterzeichnenden Clubs verpflichten sich zu mehr Klima- und Umweltschutz.

Als Schutzräume für marginalisierte Gruppen wie Transpersonen, Menschen mit Rassismuserfahrungen und Schwule und Lesben haben Clubs eine lange Geschichte. Kultureller Ausdruck und politischer Aktivismus gingen für viele Akteur*innen der Clubszene Hand in Hand, sagt Meißner: „Clubs sind ein progressiver Teil der Gesellschaft, der antihegemonial und subversiv sein kann und Arten des Zusammenlebens in Frage stellt. Sie verstehen sich häufig als sehr offen und möchten ganz unterschiedliche Menschen willkommen heißen.“

Der Dancefloor als Zufluchtsort

Wie wichtig die gemeinschaftsstiftende Funktion der Clubs ist, wurde während der Corona-Lockdowns deutlich: „In der Pandemie haben wir erlebt, dass Menschen, die auf der Straße mit Ausgrenzung, Rassismen und Sexismen konfrontiert sind, plötzlich nicht mehr diese Orte hatten, wo sie sich treffen und abschalten können. Diese Erfahrungen haben vielen gefehlt.“ Die Tanzfläche als Ort jenseits unserer stark strukturierten Alltagsgestaltung biete eine Möglichkeit, sich selbst und anderen auf neue Weise zu begegnen und dabei auch mit den eigenen Gefühlen auf eine andere, „verkörperte“ Weise in Kontakt zu kommen.

Im Laufe ihres Forschungsprojektes will Kerstin Meißner Workshops organisieren sowie einen Podcast und eine Website als Ressourcensammlung erstellen.