Headline: Gesunde Böden und der Klimaschutz: Global Landscapes Forum am Rande der COP21 thematisiert Landnutzungsfragen

IASS-Mitarbeiter diskutierten Landnutzungsfragen auf dem Global Landscapes Forum in Paris. Hannah Janetschek, Anne Flohr, Keerthi Kiran Bandru, Larissa Stiem, Ivonne Lobos Alva und Girum Getachew Alemu (v.l.n.r). © IASS/Carolin Sperk
IASS-Mitarbeiter diskutierten Landnutzungsfragen auf dem Global Landscapes Forum in Paris. Hannah Janetschek, Anne Flohr, Keerthi Kiran Bandru, Larissa Stiem, Ivonne Lobos Alva und Girum Getachew Alemu (v.l.n.r). © IASS/Carolin Sperk

Die Rolle gesunder Böden für Klimaschutz und Ernährungssicherheit ist ein wichtiges Thema bei der Weltklimakonferenz COP21 in Paris. Von den 158 eingereichten freiwilligen Selbsterklärungen (Intended Nationally Determined Contributions – INDCs) misst mehr als die Hälfte dem landwirtschaftlichen Sektor eine besondere Bedeutung bei. Vor allem afrikanische und asiatische Staaten streben eine nachhaltigere Boden- und Landnutzung an. Gleichzeitig ständen viele von ihnen angesichts steigender Bevölkerungszahlen unter Druck, die Produktivität zu erhöhen und so Ernährungssicherheit zu gewährleisten, sagte Ravi Prabhu, stellvertretender Direktor des World Agroforestry Centre (ICRAF) am 6. Dezember während einer von dem französischen Thinktank IDDRI und dem IASS organisierten Diskussionsveranstaltung beim Global Landscapes Forum. Diese Plattform für den Austausch zu Landnutzungsfragen fand am 5. und 6. Dezember am Rande des Klimagipfels COP21 in Paris statt. Sie brachte 2500 Akteure aus Bereichen wie Land- und Forstwirtschaft, Wasser, Energie, Recht und Finanzen zusammen.

Einbeziehung von Kleinbauern ist wichtig

Bodendegradierung ist besonders für Länder in Asien und Afrika eine ernsthafte Bedrohung für die Ernährungssicherheit. Stefan Schmitz, Leiter der Sonderinitiative „EineWELT ohne Hunger“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), verdeutlichte das Ausmaß des Problems: „Eine kürzlich veröffentlichte Studie zur ‚Ökonomie der Landdegradation‘ hat gezeigt, dass sich innerhalb der nächsten zehn Jahre alleine in den Trockengebieten der Welt die Situation derart verschlechtern wird, dass 50 Millionen Menschen betroffen sein werden.“ Initiativen zum Schutz von natürlichen Ressourcen hätten für die Landbevölkerung unmittelbare Verbesserungen der Lebensqualität zur Folge.

Die Einbeziehung von Kleinbauern in Planung und Politikgestaltung sei wichtig, aber nicht immer einfach umzusetzen, betonten mehrere Referenten. Wissenschaftler und Politiker müssten die Denkweise der Menschen verstehen, die das Land bewirtschaften, sagte Ravi Prabhu. Sébastien Treyer von IDDRI ergänzte, dass man auch die Schwierigkeiten bei der Realisierung der sogenannten dreifachen Gewinne, die im Diskurs so häufig hervorgehoben werden – also Minderung des Klimawandels, Anpassung an seine Folgen und Ernährungssicherung –, nicht unterschätzen dürfe.

IASS-Mitarbeiter diskutierten Landnutzungsfragen auf dem Global Landscapes Forum in Paris. Hannah Janetschek, Anne Flohr, Keerthi Kiran Bandru, Larissa Stiem, Ivonne Lobos Alva und Girum Getachew Alemu (v.l.n.r). © IASS/Carolin Sperk
IASS-Mitarbeiter diskutierten Landnutzungsfragen auf dem Global Landscapes Forum in Paris. Hannah Janetschek, Anne Flohr, Keerthi Kiran Bandru, Larissa Stiem, Ivonne Lobos Alva und Girum Getachew Alemu (v.l.n.r). © IASS/Carolin Sperk

Große Finanzierungslücke bei der Bodenrehabilitierung für kleinbäuerliche Familien

Schwierig sei zudem die Frage der Finanzierung von Bodenrehabilitierungsprojekten, erläuterte Andrew Wardell, Senior Manager beim Centre for International Forestry Research (CIFOR). Öffentliche Mittel reichten nicht aus, aber dass private Investitionen die Lücke gerade im Bereich Bodenrehabilitierung schließen könnten, sei noch recht unwahrscheinlich: Es gebe einfach noch keine Geschäftsmodelle, die für private Geldgeber interessant sein könnten. Allerdings spielten Investoren durchaus eine Rolle im Landsektor: „Zwischen 2000 und 2014 wurden 32 Millionen Hektar Land weltweit, insbesondere in Ländern mit schwachen Institutionen, an Investoren verkauft und die dort lebenden Farmer enteignet. Nur 2,7 Millionen Hektar davon werden als Ackerland genutzt.“

Joan Kagwanja, (UN Economic Commission for Africa) hob die Bedeutung von Landrechten für Frauen hervor: „Frauen werden häufig als zuverlässige und verantwortungsvolle Bewirtschafterinnen natürlicher Ressourcen bezeichnet. Aber welche Rechte haben Frauen? Das wird zu oft vernachlässigt. Investitionen und Initiativen für Bodenrehabilitierung müssen sich auch an den Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure of Land, Fisheries and Forests orientieren und die Regeln für verantwortungsvolle landwirtschaftliche Investitionen berücksichtigen.“ Lösungsansätze müssen grenzüberschreitend entwickelt werden, war sich Kagwanja mit anderen Teilnehmern einig. Nur eine Integration des Wissens von unterschiedlichen Ministerien, Wissenschaftsdisziplinen, Interessengruppen und der Zivilgesellschaft könne Innovation hervorbringen, deshalb müssen partizipative Ansätze weiterentwickelt werden.

Neue Institutionen und Instrumente sind für die Umsetzung der INDCs notwendig

Wichtig sei es, Kleinbauern nicht nur in die Entwicklung von Projekten, sondern auch in die Überwachung der Fortschritte einzubinden, sagte Ivonne Lobos Alva, Projektkoordinatorin am IASS: „Im Prozess der Entwicklung der 2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung wurde zum Beispiel klar, dass die Einbindung und der Grad der Partizipation ein Erfolgskriterium für den gesamten Prozess, auch bei der Umsetzung, sein muss.“ Zudem sollten Bodenrehabilitierungsmaßnahmen weniger als „Projekte“, sondern vielmehr als langfristig angelegte Prozesse betrachtet werden.

Die sektorenübergreifende Organisation solcher Prozesse sei notwendig für das Gelingen von inklusiven und nachhaltigen Maßnahmen zu Bodenrehabilitierung, sagte Alexander Müller (TEEB for Agriculture and Food). Er hielt als Fazit eine wichtige Frage fest: „Welche Institutionen und Instrumente brauchen wir, um die richtige Steuerung solcher Prozesse wie auch die Implementierung der nachhaltigen Entwicklungsziele und der INDCs wissensbasiert und inklusiv zu gestalten?“ Die Bildung von Multi-Stakeholder-Plattformen und Netzwerken sowie die Umsetzung von Landrechten und international vereinbarten Grundsätzen zu Investitionen und Kooperation stellten hierfür zentrale Bausteine dar.