Headline: „Gemeingüter brauchen aktive Unterstützung, sonst verlieren wir sie an Investoren“

Das rechtmäßige Eigentum an Gemeingütern (engl. „Commons“) – gemeinschaftlich genutztem Land, Wald und Wasser – ist zunehmend umstritten. Das liegt unter anderem am globalen Bevölkerungswachstum und mangelndem Engagement der Regierenden für den Schutz der gemeinschaftlich bewirtschafteten Ressourcen. In der vergangenen Woche luden afrikanische Länder Wissenschaftler und Vertreter der Zivilgesellschaft ein, um gemeinsame Schritte für eine Anpassung an die wachsende Ressourcenknappheit und für die Prävention großflächiger Landkonflikte zu entwickeln. Die African Land Policy Initiative war Gastgeber der ersten Africa Land Conference, die vom 11. bis 14. November 2014 am Hauptsitz der African Union in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba stattfand. In einer Paneldiskussion mit Politikern betonte Bernadata Mushashu, Mitglied des pan-afrikanischen Parlaments, die Notwendigkeit gemeinsamen Handelns: „Land ist das Wertvollste, was unsere Menschen haben. Wir müssen zusammenarbeiten.“ Von Wissenschaftlern forderte sie, dass diese ihre Erkenntnisse stärker in die Politik und Gesellschaft hineintragen sollten: „Bitte übersetzen und vereinfachen Sie ihre Forschungsergebnisse und Publikationen.“

Politische Agenda muss kulturellen und ökonomischen Wert schützen

Besonders in Ländern, in denen keine Grundbücher existieren, können die Vermessung von Land und die Registrierung von Gemeinschaftsrechten den sicheren Zugang zu Nahrungsmitteln und das nachhaltige Ressourcenmanagement voranbringen. Alexander Müller, Generalsekretär des IASS, führte für die Welternährungsorganisation FAO Verhandlungen zum verantwortungsvollen Umgang mit Eigentumsrechten. Bei einem vom IASS organisierten Side Event betonte er, dass Gemeingüter die besondere Aufmerksamkeit politischer Entscheidungsträger verdienten: „Ihr kulturelles und soziales Potential sowie ihr ökonomischer Wert dürfen nicht unterschätzt werden.“ Die Bemühungen der African Land Policy Initiative kämen deshalb zur rechten Zeit. Die Entwicklung einer regionalen Strategie zu internationalen Investitionen in die Wertschöpfungsketten von Nahrung, Mineralien und Biomasse könnten die Lebensgrundlage vieler Menschen verbessern. Vor allem in Regionen, in denen 70 Prozent der von extremer Armut betroffenen Menschen auf dem Land leben, seien solche Strategien notwendig, denn diese Regionen seien bei ausländischen Investoren besonders gefragt.

Mehr als 60 politische Entscheidungsträger, international bekannte Experten sowie zivilgesellschaftliche Organisationen, die zu Landrechten und kollektivem Eigentum arbeiten, nahmen an dem Side Event teil. Andrew Hilton von der FAO sprach über die Voluntary Guidelines for the Responsible Governance of Tenure of Land, Fisheries and Forests (VGGT) und das Framework and Guidelines on Land Policy in Africa (F&G). Er sagte, dass beide Dokumente die Legitimation von gemeinschaftlichem Eigentum stärkten – auch hinsichtlich der „Commons“: „Sobald man Eigentumsrechte als legitim anerkennt, gibt es eine unausgesprochene Pflicht diese Rechte zu schützen und zu gewährleisten.“

Strategien zur Stärkung und zum Schutz kollektiven Eigentums

Im Kontext der Africa Land Conference organisierte das Global Soil Forum des IASS einen zweitägigen Workshop zu Strategien für die Stärkung kollektiver Eigentumsrechte an natürlichen Ressourcen. Die regionale Konsultation von insgesamt 30 Teilnehmern aus 13 afrikanischen Ländern, Europa und den USA fand vom 10. bis 11. November 2014 in Addis Abeba statt. In vielen Ländern führt das Fehlen von Grundbüchern zunehmend zur Verletzung von Nutzungsrechten. So erklärte etwa Fernando Songane von der NGO Centro Terra Viva in Mosambik: „Es ist der Regierung gelungen, unter Beteiligung der Zivilbevölkerung ein neues Landgesetz zu entwickeln. Aber nun fehlt die Umsetzung. Gemeingüter benötigen aktive Unterstützung, wenn wir sie nicht an internationale Investoren verlieren wollen.“

Im Laufe des Workshops kamen die Teilnehmer zu dem Schluss, dass eine landesweite Registrierung und Kartierung von Eigentumsrechten notwendig ist. Gute Erfahrungen wurden auch mit der Dezentralisierung von Entscheidungsstrukturen gemacht, wie in Tansania, wo Gemeinschaften als kollektiver Eigentümer von Grundstücken anerkannt wurden. Nur auf diesem Wege könne die Vielschichtigkeit lokaler Realitäten in staatlichen Strukturen abgebildet werden, sagte Shadrack Omondi vom kenianischen Resource Conflict Institute (RECONCILE). Obgleich die Umsetzung in Kenia kaum vorangeht, beurteilten die Teilnehmer den Gesetzgebungsprozess als beispielhaft. Unter anderem erlaubt das Landrecht nun die Wahl von örtlichen Land-Ausschüssen, die auf lokaler Ebene als staatliche Behörde fungieren. Innerhalb dieses Rahmens sind die Gemeinden in der Lage, ihre selbst entwickelten Nutzungsregeln beizubehalten. Die Wahlen des Ausschusses müssen frei und gleichberechtigt verlaufen und die nationalen Behörden erhalten regelmäßig Protokolle zu Landnutzungsvorhaben.

Der Workshop fand vor dem Hintergrund eines aktuellen Projektes statt, mit dem die FAO das IASS beauftragt hat. Am IASS erarbeitet das Global Soil Forum derzeit einen Umsetzungsleitfaden zur Anerkennung von kollektivem Eigentum zu natürlichen Ressourcen. Der Leitfaden unterstützt die Umsetzung der “Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure of Land, Fisheries and Forests in the Context of National Food Security” auf nationaler Ebene.

Photos: © IASS

21.11.2014