Headline: Erste äthiopische „Soil Week“ betont Rolle von Kleinbauern für Ernährungssicherheit und Wohlstand

In Äthiopien ist Bodendegradation ein großes Problem. Sie führt zu niedrigen landwirtschaftlichen Erträgen sowie anhaltender Ernährungsunsicherheit und Armut der ländlichen Bevölkerung. Der Bodenschutz in Äthiopien und weltweit war das Thema der ersten äthiopischen Soil Week, die diese Woche in Addis Abeba stattfand und unter anderem von der Global Soil Week des IASS inspiriert war. Rund 100 Wissenschaftler, Politiker und Mitarbeiter von verschiedenen Organisationen aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und Zivilgesellschaft diskutierten vom 16. bis 19. November Fragen der nachhaltigen Bodenbewirtschaftung. Zentrale Themen dabei waren Kompostierung und Nährstoffmanagement sowie die Identifikation von Wissenslücken, etwa bei Bodenqualitätskartierungen und Düngemittelempfehlungen. Das Global Soil Forum des IASS war offizieller Partner und aktiver Teilnehmer der äthiopischen Soil Week.

Zum Anschauen, Anfassen und Probieren: Eine ansprechendere Darstellung von Böden hat es auch bei der Global Soil Week noch nicht gegeben. Der von der deutschen Bäckerei Münch gebackene „Earthcake“ war nicht das erste, aber geschmackvollste Highlight bei der Eröffnung der „Ethiopian Soil Week“ in Addis Abeba am Montag.  © IASS
Zum Anschauen, Anfassen und Probieren: Eine ansprechendere Darstellung von Böden hat es auch bei der Global Soil Week noch nicht gegeben. Der von der deutschen Bäckerei Münch gebackene „Earthcake“ war nicht das erste, aber geschmackvollste Highlight bei der Eröffnung der „Ethiopian Soil Week“ in Addis Abeba am Montag. © IASS

Kleinbauern sollen stärker in Politik für nachhaltiges Landmanagement eingebunden werden

Anne Flohr, Koordinatorin des Projektes „Begleitforschung Bodenschutz und Bodenrehabilitierung für Ernährungssicherung“ am IASS, betonte bei der Eröffnung, dass der Schutz von Böden und eine nachhaltige und rechtlich abgesicherte Landnutzung gleich mehrere nachhaltige Entwicklungsziele voranbrächten. „Dies sollte die Menschen motivieren, sich für Böden einzusetzen und trotz der Vielzahl der Ziele in der 2030 Agenda vor allem die Chancen für Synergien und nicht nur die Herausforderungen wegen der potenziellen Zielkonflikte zu sehen“, sagte sie. Tewolde Ezigzabher, ehemaliger Generaldirektor der äthiopischen Umweltschutzbehörde, berichtete, dass Äthiopien sehr bemüht sei, Landdegradation rückgängig zu machen, um die Lebensgrundlagen zur Produktion von Nahrungsmitteln zu schützen, die Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Dabei spielten Kleinbauern eine zentrale Rolle: „Das System der ‚Self-Governance‘ der lokalen Gemeinden beim Management lokaler Ressourcen hat maßgeblich dazu beigetragen, die kreative Energie für nachhaltiges Landmanagement freizusetzen!“

Äthiopien ist derzeit als Folge des Wetterphänomens El Niño von einer schweren Dürre betroffen. In dem Land am Horn von Afrika leben rund 82 Prozent der Bevölkerung in ländlichen Gebieten, die meisten von ihnen betreiben sowohl Ackerbau als auch Viehzucht. Kleinbauern produzieren 94 Prozent der Nahrungspflanzen und 98 Prozent des Kaffees. Sie seien daher die wichtigste „Ressource“ für nachhaltiges Landmanagement und müssten stärker angesprochen werden, waren sich die Teilnehmer einig. Ihr Wissen müsse in die oftmals sowohl räumlich als auch auf politischer Ebene weit entfernten Prozesse zur Entwicklung von Maßnahmen für nachhaltiges Landmanagement eingebunden werden.

Kreislaufwirtschaft und stärkere Rolle von Frauen als Lösungsansätze

Um dieses Thema ging es auch in einer vom IASS organisierten Session. Mit Blick auf die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele in Äthiopien besonders in Bezug auf Bodenmanagement und Ernährungssicherheit diskutierten die Teilnehmer über die Rolle von Frauen im Landmanagement, aber auch über die Notwendigkeit des Lernens aus abgeschlossenen Projekten wie den Millenniumsdörfern – zwölf Dorfgruppen mit etwa 80 Dörfern in Afrika, in denen die Millenniumsziele der Vereinten Nationen beispielhaft umgesetzt wurden. Betont wurde auch die Notwendigkeit, die Landwirtschaft und insbesondere die Kleinbauern gegenüber den sich zunehmend verändernden Klimabedingungen widerstandsfähiger zu machen.

Zwischen den Workshops unternahmen die Teilnehmer verschiedene Exkursionen. Zu den Zielen gehörten Bauernhöfe, die eine Kreislaufwirtschaft betreiben: Mit einer diversifizierten Produktion von Ackerbau und Viehzucht sowie der Verwertung von organischen Resten und Gülle zu Biogas und Kompost halten sie die Produktionszyklen innerhalb der Farm geschlossen. Die Landwirte ersetzen chemische Düngemittel zum großen Teil durch biologische. Das selbsterzeugte Biogas nutzen sie für den Eigenverbrauch – vorrangig zum Kochen, aber auch zur Weiterverarbeitung der Milch.

In der Abschlussdiskussion äußerten mehrere Teilnehmer das Bestreben, den Austausch mit Kleinbauern zu vertiefen und so Forschung und Politik stärker mit der Praxis zu verbinden. Zu diesem Zweck sei die Gründung eines „Ethiopian Soil Forums“ – analog zum Global Soil Forum des IASS – sinnvoll, in dem Vertreter aus Wissenschaft, Regierung und Verwaltung mit Farmern zusammenkommen, um über Erfordernisse und Lösungsansätze zu diskutieren.

Die Global Soil Week ist eine Multi-Stakeholder-Plattform und ein Prozess für den Wandel zu nachhaltigerem Bodenmanagement und verantwortungsbewussterem Umgang mit Land. Sie bringt renommierte Experten, Wissenschaftler und politische Entscheidungsträger aus den Bereichen Umwelt und Entwicklung sowie Vertreter von lokalen und regionalen Organisationen zusammen, die von ihrer Arbeit vor Ort berichten. Durch die Zusammenarbeit mit zahlreichen internationalen Partner-Organisationen und ihrem offenen Aufruf zu Beiträgen ermöglicht die Global Soil Week die aktive Teilnahme eines breiten Spektrums an Teilnehmern mit unterschiedlichen Perspektiven. Das einzigartige Format, das verschiedenste Interessengruppen einbezieht, fördert fruchtbare Diskussionen mit einer internationalen Perspektive.