Headline: CO2-Recycling: Großes Potenzial, viele Unsicherheiten

Es gibt bereits viele Technologien, die das Klimagas Kohlendioxid (CO2) in Wertstoffe wie Baumaterialien und Chemikalien umwandeln können. Doch welche von ihnen können tatsächlich zum Klimaschutz beitragen? Eine im Auftrag der Europäischen Kommission erstellte Studie gibt umfassende Antworten.

Synthetische Erdöl-Substitute – hier eine Anlage der Firma Sunfire in Dresden - sind ein vielversprechender Einsatzbereich von CCU-Technologien.
Synthetische Erdöl-Substitute – hier eine Anlage der Firma Sunfire in Dresden - sind ein vielversprechender Einsatzbereich von CCU-Technologien. sunfire GmbH, Dresden/renedeutscher.de/CC BY-ND 2.0

Das IASS und seine Forschungspartner kommen zu dem Ergebnis, dass viele Technologien für Carbon Capture and Utilisation (CCU) das Potenzial haben, den Verbrauch anderer fossiler Ressourcen zu verringern. Damit können sie nicht nur zur Erweiterung der Rohstoffbasis, sondern auch zur Schonung natürlicher Ressourcen und zur Emissionsminderung beitragen. Allerdings erfordern solche Technologien oftmals einen hohen Energieeinsatz, der wiederum Treibhausgas-Emissionen verursacht.

Eingebaut heißt nicht eingespart

Das IASS-Team berechnete, wieviel CO2 die vielversprechendsten CCU-Anwendungen in Europa unter idealen Bedingungen binden könnten. Die Menge des gebundenen CO2 reduziert jedoch nicht in gleicher Höhe die CO2-Emissionen, da alle Umwandlungstechnologien Energie benötigen.
Theoretisch können die 15 vielversprechendsten  Produkte laut der Studie 1928 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr binden. Diese Schätzung setzt allerdings ideale Marktbedingungen voraus. Zum Vergleich: 2016 emittierten die 28 EU-Staaten insgesamt rund 4.291 Millionen Tonnen Treibhausgase in Kohlendioxid (CO2)-Äquivalenten.

Methan und synthetische Kraftstoffe könnten viel CO2 binden

Methan kann aufgrund seines hohen Produktions- und Importvolumens und einer theoretisch relativ hohen CO2-Bindekapazität potenziell am meisten CO2 binden. Ausgehend von einem idealen Marktszenario sowie optimalen technischen Bedingungen könnten theoretisch in der EU jährlich 1008 Millionen Tonnen CO2 bei der Herstellung von Methan gebunden werden. Methan wird direkt als Heizgas sowie als Ausgangsprodukt in der chemischen Industrie genutzt. Rund drei Viertel  des in Europa genutzten Methans werden importiert. Langfristig könnte ein umfassender Einsatz von CCU-Technologien so zu einer größeren Unabhängigkeit von fossilen Ressourcenimporten führen.  

Synthetische Kraftstoffe aus CCU-Prozessen haben ebenfalls ein potentiell hohes Bindevolumen: 525 Millionen Tonnen CO2 könnten sie theoretisch pro Jahr in der EU aufnehmen. Allerdings sind sie teurer als fossile Kraftstoffe wie Benzin und damit in der Regel noch nicht wettbewerbsfähig. Außerdem: Sowohl bei Methan als auch bei synthetischen Kraftstoffen wird das genutzte CO2 relativ schnell wieder freigesetzt, da beide Stoffe großenteils als Treibstoff im Verkehr eingesetzt werden.

Lebenszyklus-Analyse für jedes Produkt notwendig

Um die Umweltauswirkungen der verschiedenen CCU-Verfahren umfassend beurteilen zu können, brauche es weitere Forschung, betont Barbara Olfe-Kräutlein (IASS), Ko-Autorin der Studie: „Um festzustellen, wie groß der ökologische Nutzen einer bestimmten CCU-Anwendung tatsächlich ist, brauchen wir zusätzlich zu den theoretischen Bindevolumen für jede Anwendung eine Analyse, die die Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes berücksichtigt. Bei CCU-Produkten, die mit herkömmlichen identisch sind, ist der Berechnungsaufwand geringer, weil die Nutzung und Entsorgung identisch sind und man sich in der Bewertung also auf den Herstellungsprozess konzentrieren kann.“

Auftraggeber der Studie war das Generaldirektorat für Klimafragen der Europäischen Kommission. Es wollte wissen, welche Technologien des CO2-Recyclings durch den geplanten Innovationsfonds der Europäischen Union gefördert werden und wie diese bewertet werden könnten. Dieser Fonds wird Versteigerungserlöse aus dem EU-Emissionshandel nutzen, um EU-weit innovative Klimaschutztechniken in der Industrie und der Stromerzeugung zu fördern. Koordiniert wurde die gesamte Arbeit von dem Beratungsunternehmen Ramboll. Das IASS verantwortete den ersten Teil der Studie, in dem es um die Bewertung verschiedener Technologien sowie deren mögliche gesellschaftliche Auswirkungen geht.

Publikation:

  • Turnau, S., Jaspers, D., Marxen, A., Naims, H., de Bruyn, S., Bringezu, S., Kaiser, S., Gimnes Jarøy, A., Porteron, S., Ombudstvedt, I., Ellingsen Gran, M., Le Den, X., Zotz, F., Olfe-Kräutlein, B., Bruijne, E. d. (2019): Identification and analysis of promising carbon capture and utilisation technologies, including the regulatory aspects thereof. Final report, Luxemburg : Europäische Union, Amt für Veröffentlichungen, 298 p.

DOI: http://doi.org/10.2834/348288