Overline: Konferenz
Headline: „Climate Engineering in Context“ ermöglicht Zusammenarbeit über Kontinente und Disziplinen hinweg

Die Folgen des Klimawandels sind unübersehbar, für das Erreichen der Pariser Klimaziele bleibt immer weniger Zeit. In der Klimaschutzdebatte und vielen Klimamodellen spielen „negative Emissionen“ eine wachsende Rolle, die mit Hilfe von sogenanntem Climate-Geoengineering-Technologien erreicht werden sollen. Vom 4. bis 8. Oktober diskutierten auf Einladung des IASS internationale Fachleute bei der Konferenz „Climate Engineering in Context“ über wissenschaftliche, ethische, politische und gesellschaftliche Dimensionen dieser Technologien.

Participants of the
Climate Engineering in Context: This year completley online IASS

IASS-Direktor Mark Lawrence zog in seiner Begrüßung Lehren aus der Covid-19-Pandemie. Diese habe gezeigt, wie schwierig es ist, die Treibhausgasemissionen zu senken: „Im vergangenen Jahr sind die weltweiten CO2-Emissionen durch die verschiedenen Lockdowns um sieben Prozent gesunken, was in etwa der Rate entspricht, die wir in den nächsten Jahrzehnten Jahr für Jahr beibehalten müssten, um das Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen.” Um die enorme Bedeutung der notwendigen Transformation Rechnung zu tragen, stehe die Konferenz dieses Jahr unter dem Motto „Climate Engineering in Context“. Außer wissenschaftlichem Wissen brauche es auch andere Formen von Informationen und Kenntnissen, etwa Kenntnisse von kulturell bedingt unterschiedlichen Bewertungen von Climate-Engineering-Techniken.

Entwicklungsländer stärker einbinden

Keynote-Speaker Ambuj Sagar vom Indian Institute of Technology Delhi machte deutlich, dass die Climate-Engineering-Debatte zu stark auf die technisch führenden Staaten begrenzt sei. „Daher lautet die erste Frage für mich, wie man die Entwicklungsländer sinnvoller und effektiver in komplexe Fragen einbinden kann, vor allem solche mit wissenschaftlichem und technologischem Inhalt.“ Der Kapazitätsaufbau müsse stärker in den Fokus rücken – nicht nur in den Entwicklungsländern seien die technischen und institutionellen Fähigkeiten für die Teilnahme an der Climate-Engineering-Diskussion nur unzureichend ausgeprägt. Eine breite Debatte sei aber notwendig, um „faire und gerechte Ergebnisse im Bereich des Klimas und der nachhaltigen Entwicklung“ zu ermöglichen.

Zwei grundsätzlich unterschiedliche Typen von Technologien werden derzeit diskutiert: Die Methode der Kohlendioxidentfernung (Carbon Dioxide Removal, CDR) zielt darauf ab, das Treibhausgas CO2 mit verschiedenen Methoden aus der Atmosphäre zu entfernen. Die Änderung der Strahlungsbilanz (Solar Radiation Management, SRM) dagegen soll dafür sorgen, dass weniger Sonnenlicht die Erdoberfläche erreicht oder mehr Infrarotstrahlung von der Erdoberfläche durch die Atmosphäre entweicht.

Ethische Fragen im Zentrum

Forschende stellten Projekte und Initiativen vor, die dazu beitragen sollen, dass die Erderwärmung verlangsamt wird. Diese umfassen groß angelegte Eingriffe in die Natur, von der stratosphärischen Aerosolinjektion über Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung bis zu einer verstärkten Bewitterung von Küstengebieten. Eine der zentralen Fragen, die in den Panels immer wieder aufgeworfen wurde, war der moralische Zwiespalt, im dem sich viele zu diesem Thema Forschende sehen: Führt die Diskussion über diese Technologien dazu, dass die Bekämpfung der eigentlichen Ursache des Klimawandels – die CO2-Emissionen – vernachlässigt wird? Die CDR-Technologien, aber erst recht das SRM, sind noch Zukunftsmusik und können auf absehbare Zeit nicht zum Klimaschutz beitragen. Gleichzeitig ist CDR Teil der Klimamodelle des Weltklimarats IPCC.

Einigkeit herrschte darüber, dass die gesellschaftliche Debatte über Klima-Geoengineering sorgfältig und breit geführt werden sollte, um ethisch begründete Entscheidungen über Forschung Entwicklung dieser Technologien fällen zu können. Miranda Böttcher, Ko-Vorsitzende des für die Organisation der Konferenz zuständigen Lenkungsausschusses, betonte: „Ich glaube fest daran, dass transdisziplinäre Veranstaltungen wie die CEC als ko-kreative Lernräume dienen können. Sie bringen Menschen auf eine Art und Weise zusammen, die den Austausch verschiedener Perspektiven in Climate-Engineering-Diskussionen ermöglicht, und das ist ein erster Schritt zur Entwicklung einer gemeinsamen Verständnisbasis, die gesamtgesellschaftliche Entscheidungsprozesse informieren kann.“