Die UN-Zwischenverhandlungen spiegeln die gespaltene Welt
11.07.2025
2025 als Jahr der klimapolitischen Rückschritte
Ende Juni diskutierten die Länder in den alljährlichen Zwischenverhandlungen unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) in Bonn wichtige Eckpunkte der internationalen Klimapolitik und die Weichenstellung für die COP30 (‚Conference of the Parties‘) im November in Brasilien. Das Treffen machte deutlich: Das Jahr des zehnten Jubiläums des Pariser Klimaabkommens ist kein Jahr der Fortbewegung, sondern vielmehr ein Jahr der Rückschritte und des Bremsens. Der ‚Elefant im Raum‘ war dieses Mal eindeutig die Frage, wie man mit einer sich immer stärker spaltenden Welt umgeht. Die USA sind aus dem Pariser Abkommen ausgetreten. Der Austritt wird zwar erst im Januar 2026 wirksam, sie schickten aber zum ersten Mal in der Geschichte keine Delegation nach Bonn. Weitere Länder, wie Neuseeland, Indonesien und Argentinien, überlegen nachzuziehen.
Die Vertragsstaaten des Pariser Abkommens müssen im Jahr 2025 aktualisierte ‘Nationally Determined Contributions (NDCs)‘ einreichen; d.h. Pläne, in denen sie zeigen, wie sie ihre Treibhausgasemissionen reduzieren und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen. Derzeit haben das nur 27 der fast 200 Vertragsstaaten getan. Die in den NDCs enthaltenen Ziele und Instrumente sollen die Einhaltung des globalen 1,5 °C Ziels ermöglichen. Z.B. können sie darlegen, wie die auf der COP 28 in Dubai festgelegte (globale) Verdreifachung erneuerbarer Energien, die Abkehr von den fossilen Energien sowie ein gerechter Übergang (‚Just Transition‘) durch die Unterstützung lokaler, indigener und marginalisierter Gemeinschaften, realisiert werden sollen. Leider bleibt der nötige drastische Umschwung bisher aus. Die meisten NDCs zeigen weiterhin mangelnden Ehrgeiz (sie reichen nicht für einen 1,5°C-Pfad), unklare Berechnungen (z.B. zu Emissionen verschiedener Sektoren) und setzen auf zukünftige Technologien, so die Analyse des Climate Action Trackers. Insbesondere vor dem Hintergrund des Überschreitens der 1.5 °C-Marke im vergangenen Jahr ist dies niederschmetternd. Kleinere Fortschritte wurden in Bonn in den Bereichen Just Transition und Gender gemacht., kaum weiter ging es jedoch mit dem Thema Klimawandelanpassung. Das COP 30-Gastland Brasilien steht nun vor der Herkulesaufgabe, Instrumente zu finden, die die Weltgemeinschaft zu mehr Ehrgeiz oder besserer Kooperation bewegen und den unzureichenden NDC-Prozess wieder ankurbeln.
Seit jeher der größte Streitpunkt ‚Klimafinanzierung‘ dominierte auch die Verhandlungen im Juni. Es bleibt weiterhin unklar, wie die im Vorjahr verabschiedeten Ziele der jährlichen Zahlung von 300 Milliarden USD sowie die ‚angestrebte Mobilisierung‘ von 1,3 Billiarden USD bis zum Jahr 2035 aufgebracht werden sollen – besonders vor dem Hintergrund, dass die USA sämtliche internationale Klimafinanzierung und fast jegliche Entwicklungshilfegelder gestoppt haben. Aber auch die deutsche Regierung legte im Juni 2025 einen Haushaltsentwurf vor, mit dem Deutschland möglicherweise seine internationalen Versprechen nicht halten kann, da er nicht die angekündigte Summe für internationale Klimafinanzierung erreicht: Noch unter Angela Merkel versprach Deutschland bis spätestens 2025 jährlich 6 Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln für die internationale Klimafinanzierung bereitzustellen. Sie werden vor allem für Programme und Projekte des Bundesentwicklungsministeriums sowie für die ‘Internationale Klimaschutzinitiative (IKI)‘ ausgegeben. Deutschland hat sich in den letzten Jahren durch konstante Finanzhilfen und entscheidende diplomatische Führungsrollen in den Klimaverhandlungen das internationale Vertrauen hart erkämpft und setzt dieses nun in der ohnehin angespannten Lage aufs Spiel. Als Randnotiz: Deutschland stimmte auf dem parallel stattfindenden Treffen der NATO in Den Haag zu, seine Verteidigungsausgaben auf 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern – nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft bedeutet das bis 2029 etwa 143 Milliarden Euro summierte Mehrausgaben gegenüber dem Niveau von 2024.
Viele Augen liegen dieses Jahr auf der EU und China, von denen man sich erhofft, dass sie die von den USA hinterlassene Lücke füllen. Die EU gibt hierbei aktuell kein gutes Bild ab: Sie ist dabei, den Green Deal zu verwässern, z.B. in durch Abschwächung der Regeln für ‚Sustainable Finance‘ wie etwa die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Die EU-Kommission schlägt auch weniger Ehrgeiz bei der Zielumsetzung vor. Das neue Ziel von 90% Minderung im Jahr 2040 soll nun nicht mehr durch Anstrengungen ausschließlich innerhalb der EU, sondern teilweise auch durch die Nutzung von Zertifikaten aus dem Ausland erreicht werden können. China prescht in vielen Dimensionen voraus, z.B. mit Rekordzahlen für die Installation von erneuerbaren Energien (93 Gigawatt Zubau an Solarenergie allein im Mai), lässt sich jedoch kaum in die Karten gucken oder auf Finanzzusagen festlegen.
Man muss ehrlich sagen: Lichtblicke sind derzeit schwer zu finden. Um zum Schluss dennoch den Blick auf etwas Positives zu lenken, lassen sich zwei Initiativen Brasiliens nennen: Zum einen die bereits Ende 2024 begonnene Initiative gegen Klima-Desinformationen. Das aktuell extrem wichtige Thema wurde während der Verhandlungen gestärkt. Zum anderen hat Brasilien eine ambitionierte und auf Umsetzung fokussierte Vision für die COP 30 im November. Sie ruft zu einem ‚Mutirão‘ auf, das bedeutet: einem gemeinschaftlichen Kraftakt, kollektive Bewegung und Stärke in Diversität. Außerdem regt sie eine Reflexion und damit verbundene Reform des COP-Prozesses an. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieser Fokus auf Gemeinschaftlichkeit langfristig durchsetzt.
Dieser Blogbeitrag erschien zuerst am 2. Juli 2025 auf der Website des Deutschen Klima-Konsortiums.