Headline: Klimaschutzgesetz: Warum so zögerlich?

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Die anstehenden Beschlüsse zum Kohleausstieg und Klimaschutzgesetz sind notwendige Signale für eine zukunftsfähige Industriepolitik.

Die nächste Generation ist bereits auf der Straße. Die Mayas, Karims, die Paulas und Bens demonstrieren für einen Klimaschutz, der seinen Namen verdient. Wir erleben gerade, wie in der jungen Generation eine neue Bewegung entsteht. Die Schülerinnen und Schüler protestieren laut für konsequenten Klimaschutz. Die junge Schwedin Greta Thunberg gibt der Bewegung "Fridays for Future" mit ihrer Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos erneut ein Gesicht. Doch es gibt eine weitere weltweite Bewegung, die weitgehend unbeachtet von der hiesigen Öffentlichkeit stattfindet und die sich mit den lauterwerdenden Rufen der jungen Generation zu einer systemverändernden Kraft verbinden kann.

Der globale Umstieg von fossilen Energieträgern auf erneuerbare klimafreundliche Energielieferanten ist in vollem Gang. Interessanterweise vollzieht sich die globale Energiewende, ohne dass es dafür zwingend Gründe wie einen weltweiten Klimaschutz bräuchte.

China hat neben dem Weltmarkt auch einen wachsenden heimischen Markt für erneuerbare Energietechnik und Elektromobilität entdeckt und bekämpft damit gleichzeitig die für die Bevölkerung nicht mehr hinzunehmende Luftverschmutzung durch die Verbrennung fossiler Energieträger. In Indien sind bis zum Jahr 2030 allein durch das Wachstum der Solarenergie bis zu eine Million zusätzliche Arbeitsplätze zu erwarten – zu diesem Ergebnis kommt eine seitens des IASS Potsdam koordinierte Studie. Texas ist aufgrund des unschlagbaren Kostenvorteils der neuesten Generation Windenergie inzwischen wegweisend in Richtung globaler Energiewende. Auch in Deutschland mit seinen über 1500 genossenschaftlich organisierten Bürgerenergiegesellschaften sind soziale und wirtschaftliche Teilhabe zu wesentlichen Treibern der Energiewende hierzulande geworden.

Die weltweite Transformation der Energiesysteme und des damit einhergehenden technischen Innovationswettlaufs und der strategischen Aufwertung der dafür notwendigen natürlichen Ressourcen wie Lithium und bestimmter Seltener Erden lässt indes nicht weniger als eine  Verschiebung der politischen und wirtschaftlichen Machtgefüge erwarten – zu diesem Schluss kommt ein kürzlich vorgestellter Bericht der Internationalen Erneuerbaren Energien Agentur IRENA, der durch die deutsche Bundesregierung mitfinanziert wurde und zu deren Expertenkommission auch der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer gehörte.

Auf die deutsche Industrie könnte hier ein fundamentaler Umbruch zukommen, der sich im globalen Maßstab vollzieht. Mit möglicherweise weitreichenden Konsequenzen für bestehende Handelsbeziehungen, aber auch wichtigen wirtschaftlichen Impulsen hierzulande.

In Sachen Energiewende hat sich Deutschland weltweit einen Namen erarbeitet. Das gleiche gilt für sein hochqualifizierendes Ausbildungssystem und die weltweit geachtete Ingenieurskunst. An und für sich also gute Startchancen, um in der neuen Energiewelt ganz vorne mitzuspielen. Wären da nicht Energieriesen, die wichtige Innovationen völlig verschlafen haben und durch diese an den Rand des Ruins gebracht wurden. Und wäre da nicht eine deutsche Automobilindustrie, die bislang von der Politik in ihrer Behäbigkeit protegiert statt gefordert wurde und nun droht, das Rennen um die Mobilität der Zukunft an die USA und China zu verlieren.

Klimaschutz und unternehmerische Innovation gehen Hand in Hand – um dies zu begreifen, muss die Politik den ob der globalen Verschiebungen offensichtlich verunsicherten Unternehmenslenkern ein klares Signal geben. Wie ehedem das Erneuerbare Energien Gesetz, dessen Signalwirkung im Jahr 2000 nicht nur als Initialzündung der Energiewende in Deutschland gilt, sondern auch einen weltweiten Innovationswettlauf in Sachen Wind- und Solarenergie entfacht hat. Ein solches Signal muss nun in Richtung Kohleausstieg und zukunftsfähige Industriepolitik kommen. Dies schließt ganz offensichtlich die Automobilindustrie mit ein.

Die Richtung der weltweiten Energiewende also stimmt, allerdings kommt der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energiequellen noch bei Weitem nicht schnell genug voran, um den Klimakollaps zu verhindern. Zu diesem Schluss kommt der im Dezember auf der Klimakonferenz vorgestellte Bericht des Weltklimarats IPCC. Vor diesem Hintergrund kann die Bedeutung politischer Signale wie durch die Kohlekommission oder das überfällige Klimaschutzgesetz nicht überschätzt werden.

Zurück zu Maya und Karim auf den Straßen von Bonn und Berlin. Mit ihren lauten Stimmen bringen die Schülerinnen und Schüler ihren Anspruch auf eine Welt, die ihnen persönliche Entfaltungschancen und ihrer Generation die Chance auf ein friedliches Miteinander bietet, zu Gehör. Und damit für einen gesetzlich verankerten, umfassenden und sektorenübergreifenden Klimaschutz.

Die gute Nachricht: In vielen dafür wesentlichen Bereichen braucht es keine Schubumkehr, allerdings eine deutliche Beschleunigung. Die Kohlekommission kann nun aktuell mit einem klaren Ausstiegsdatum ein wesentliches Signal setzen – an die heranwachsende Generation in den Schulen und auf den Straßen und an die Unternehmen, nicht in die Instandsetzung der Vergangenheit zu investieren, sondern in die Zukunft. Mit dem für 2019 geplanten Klimaschutzgesetz sollte die Bundesregierung dies sektorenübergreifend und verbindlich verankern.

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