Headline: Erneuerbare in Afrika: Ohne China geht es nicht

Ohne China ändert sich in Afrika wenig. Deshalb sollte Deutschland bei Investitionen in eine klimafreundliche Infrastruktur in Afrika eng mit Peking zusammenarbeiten.

Mit dem angekündigten Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen steht die internationale Staatengemeinschaft vor der ersten handfesten Krise der globalen Klimapolitik seit dem Durchbruch 2015. In den USA selbst mag dies zunächst keine größeren Auswirkungen auf die Emissionsminderung haben. Die ambitionierten Ziele großer Bundesstaaten wie Kalifornien und New York sowie die rasante, marktgetriebene Entwicklung der erneuerbaren Energien können den Einbruch der nationalen Klimapolitik vorrausichtlich kompensieren. Doch auf internationaler Ebene entsteht eine große Lücke in der Förderung und Finanzierung von klimafreundlichen Entwicklungsstrategien der Schwellen- und Entwicklungsländer. War es doch unter der Voraussetzung der finanziellen Unterstützung durch die Industriestaaten, dass diese Länder sich zur Verabschiedung des Pariser Abkommens bereit erklärt hatten.

China hat diese Krise bereits als Chance erkannt, seine internationale Führungsposition auf dem Gebiet der Klimapolitik auszubauen. Bereits Ende 2016 rief die chinesische Regierung einen Fonds zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern ins Leben. Knapp 3 Milliarden US-Dollar sollen in zehn sogenannte „low-carbon demonstration zones“ sowie je einhundert Anpassungsprojekte und Ausbildungsinitiativen fließen. Dahinter steckt natürlich eine handfeste industriepolitische Motivation. Bereits im Jahr 2011 hatte die chinesische Regierung neue Umwelt- und Energietechnologien zu strategischen Industriefeldern erklärt. Das Ziel: China möchte sich eine globale Führungsposition in diesen Zukunftsmärkten erarbeiten.

Chancen zur Zusammenarbeit mit China

Dies macht China nicht nur zu einem wichtigen Wettbewerber deutscher und europäischer Firmen. Es eröffnet auch Chancen für eine intensivere Zusammenarbeit Deutschlands mit China bei der internationalen Förderung erneuerbarer Energien und klimafreundlicher Entwicklungsstrategien. Die Eröffnung des deutsch-chinesischen Zentrums für nachhaltige Entwicklung im Frühjahr 2017 ist daher ein Schritt in die richtige Richtung. Dabei soll der Fokus zunächst auf gemeinsamen Projekten auf dem afrikanischen Kontinent liegen. Der Vorschlag für eine Partnerschaft mit Afrika im Rahmen der G20 bietet eine wichtige Chance diese Zusammenarbeit zu vertiefen und weiterzuentwickeln.

Allerdings birgt eine Kooperation mit chinesischen Partnern auch Risiken. Die Bedenken und Vorwürfe gegen chinesische Unternehmen in Afrika sind vielfältig. Man wirft chinesischen Firmen oftmals die Missachtung von Umweltstandards sowie drakonische Methoden im Umgang mit Arbeitern vor. Einige Projekte werden im Wesentlichen mit chinesischen Arbeitskräften realisiert und haben so kaum einen positiven Einfluss auf die lokale Ökonomie und die Schaffung von Arbeitsplätzen für die lokale Bevölkerung. Zudem werden in Afrika zunehmend Stimmen laut, die auf eine verantwortungslose Verschuldungspolitik Chinas hinweisen. Vor kurzem titelte die namibische Tageszeitung The Villager mit der Schlagzeile „Feeding Namibia to the Chinese“. Dazu präsentierte das Blatt einen Drachen, der eine namibische Flagge verzehrt. In dem Artikel wird auf die fehlende Transparenz bei der Vergabe von Projekten an chinesische Unternehmen hingewiesen. Dies geht mit dem Verdacht einher, dass teilweise überhöhte Projektkosten in Rechnung gestellt werden, die die Staatsverschuldung in die Höhe treiben.

In Afrika ist das China-Bild positiv

Doch es gibt auch andere Stimmen. Beim Afrobarometer, einer jährlichen, repräsentativen Meinungsumfrage in 37 afrikanischen Ländern, äußerten sich 63 Prozent der Befragten positiv über die wachsende Rolle Chinas in Afrika. In einigen Ländern liegt China in der Wahrnehmung der Bevölkerung sogar vor den USA, die sonst als wichtigstes Vorbild in Afrika gelten. Dies wird insbesondere auf die Unterstützung beim Infrastrukturaufbau zurückgeführt. Der Africa Investment Report 2016 der Financial Times zeigt, dass chinesische Direktinvestitionen – entgegen der Ansicht kritischer Stimmen  - besonders viele Arbeitsplätze schaffen.

In dem für den Klimawandel kritischen Stromsektor spielen chinesische Firmen mittlerweile eine herausragende Rolle. Wie eine Studie der Internationalen Energieagentur zeigt, realisieren sie seit 2010 etwa ein Drittel der Investitionsprojekte in diesem Sektor, in den meisten Fällen mithilfe einer Finanzierung chinesischer Entwicklungsbanken. Damit ist China für den Aufbau der afrikanischen Energieinfrastruktur unabkömmlich geworden. Etwa die Hälfte dieser Investitionen floss in erneuerbare Stromerzeugung, vor allem im Bereich Wasserkraft. Kohle- und Gaskraftwerke machten etwa 40 Prozent der Investitionen aus.

Investitionen in fossile Kraftwerke sollten zurückgefahren werden

Im Dialog mit China und anderen G20-Ländern sollte die schrittweise Reduzierung und vollständige Beendigung von Investitionen in fossile Kraftwerke ein erstes wichtiges Thema sein. Wichtiger Anknüpfungspunkt ist auch das Thema grüner Finanzierung, das China im Rahmen seiner G20-Präsidentschaft im Jahr 2016 angestoßen hat. Hier könnte die Entwicklung und Anwendung von Nachhaltigkeitsstandards für die Finanzierung grüner Infrastrukturprojekte in Afrika und anderen Entwicklungsländern einen wichtigen Impuls geben. Ziel sollte allerdings sein, dass alle öffentlich finanzierten Projekte diese Standards erfüllen.

Eine engere Zusammenarbeit  zwischen China und europäischen Geberländern würde schließlich eine gemeinsame Abstimmung mit afrikanischen Partnern ermöglichen. Wichtig wäre dabei, dass China und die europäischen Geberländer sicherstellen, dass die Zusammenarbeit im Einklang mit dem Pariser Abkommen, den UN-Nachhaltigkeitszielen sowie wichtigen afrikanischen Initiativen wie dem Programm für Infrastrukturentwicklung in Afrika steht. Denn eines ist sicher: Ohne eine gezielte Unterstützung durch Europa und China sind die 2015 verabschiedeten internationalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele in Afrika nicht zu erreichen.

Foto oben: Sven Torfinn/laif

Dieser Artikel erschien am 5.7.2017 im Tagesspiegel Background Energie & Klima.

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