Ko-Kreation https://www.rifs-potsdam.de/de de Für eine Arktisforschung, die indigene Rechte wahrt https://www.rifs-potsdam.de/de/news/fuer-eine-arktisforschung-die-indigene-rechte-wahrt <span>Für eine Arktisforschung, die indigene Rechte wahrt</span> <span><a title="Benutzerprofil anzeigen." href="/de/menschen/bianca-schroeder">bsc</a></span> <span><time datetime="2024-05-03T13:49:56+02:00" title="Freitag, Mai 3, 2024 - 13:49" class="datetime">Fr, 05/03/2024 - 13:49</time> </span> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_BiancaSchroeder_10022_QF.jpg?h=795d1a19&amp;itok=eI4KZN-6" width="384" height="384" alt="Dr. Bianca Schröder " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> Dr. Bianca Schröder </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_BiancaSchroeder_10022_QF.jpg?h=795d1a19&amp;itok=eI4KZN-6" width="384" height="384" alt="Dr. Bianca Schröder " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> Dr. Bianca Schröder </a></h3> </div> </article> Arktis <div class="contact-list"> <div class="contact-list__item"> <a href="/de/menschen/evie-morin" hreflang="de">emo</a> </div> <div class="contact-list__item"> <a href="/de/menschen/nina-doering" hreflang="de">ndo</a> </div> </div> <div class="keywords"> <ul> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/190">Arktis</a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/133">Ko-Kreation</a> </li> </ul> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>Die ICARP-Konferenzen finden alle zehn Jahre statt. Die nächste Konferenz (ICARP IV) ist für 2025 in Colorado geplant. Ein im Vorfeld laufender Beteiligungsprozess soll Wissenslücken schließen und Forschungsprioritäten und Synergien in der internationalen Arktisforschung identifizieren. Dabei hat sich IASC selbst dazu verpflichtet anzuerkennen, dass traditionelles Wissen, indigenes Wissen und akademisch-wissenschaftliches Wissen gleichwertige und komplementäre Wissenssysteme darstellen. Um diese Selbstverpflichtung zu unterstützen, präsentiert das Positionspapier umsetzbare Empfehlungen für gerechtere und effektivere Erarbeitung von neuem Wissen über Wissenssysteme hinweg und Maßnahmen zur Unterstützung von indigen-geleiteter Forschung. Das Papier zielt mit seinen Ideen darauf ab, Zusammenarbeit in der Wissenschaft zu fördern und damit zu verbesserter Forschung beizutragen, die das Recht indigener Völker auf Selbstbestimmung wahrt.</p><h3>Indigenisierung der Arktisforschung</h3><p>Die Auswirkungen des Kolonialismus haben nach wie vor weitreichenden Einfluss auf die gesamte Arktisforschung und wirken sich auf Forschungsprozesse, -ergebnisse und -politik aus. Um sicherzustellen, dass indigene Rechte gewahrt werden und die Qualität der Forschung insgesamt zu verbessern, ist eine Indigenisierung der Arktisforschung essenziell. Das bedeutet eine Abkehr von vorherrschenden kolonialen Strukturen hin zu ganzheitlicher Gleichberechtigung, von der Projektplanung über die Entscheidungsfindung bis hin zu Forschungsstrategien, -prozessen und -finanzierung.&nbsp;</p><p>Die Arktis ist die angestammte Heimat verschiedener indigener Gemeinschaften, die dort über Jahrtausende hinweg Expertise über und wechselseitige Beziehungen mit ihrer Umwelt aufgebaut haben. Ihr inhärentes Recht auf Selbstbestimmung schließt das Recht ein, Forschungsprozesse im Einklang mit ihren Werten und Bedürfnissen zu lenken und damit auch die Relevanz und Wirkung von Forschungsergebnissen zu verbessern. Die Auswirkungen der Kolonialisierung (die sich auch durch zunehmende Aktivitäten von externen Forschenden+ in der Arktis ausdrücken) haben zu ungleichen Machtverhältnissen in der Arktisforschung geführt. Indigene Gemeinschaften und Expertinnen und Experten führen auch heute weiterhin ihre eigene Forschung durch, stoßen dabei jedoch auf zahlreiche Barrieren im akademischen System, die ihre vollständige Beteiligung in und Führung von Forschungsprojekten behindern.</p><p>Unter der Leitung des Saami Councils wurde das Positionspapier von indigenen und nicht-indigenen Forschenden aus der Arktis und Europa gemeinsam verfasst. Es enthält umsetzbare Empfehlungen, die sich auf Dialog, Beziehungsaufbau und Selbstbestimmung fokussieren. Diese Prinzipien sind der Schlüssel zur Gewährleistung ethischer und effektiver Forschungspraktiken, die den Status, die Rechte und die Rolle indigener Gemeinschaften in der Arktis unterstützen. Die Empfehlungen, die in fünf Kapitel unterteilt sind, zielen darauf ab, die Gleichberechtigung und Komplementarität von traditionellem Wissen, indigenem Wissen und akademisch-wissenschaftlichem Wissen innerhalb von Forschungsprozessen zu fördern und verbesserte Forschungsergebnisse zu erzielen:</p><ol><li>Das Recht der indigenen Völker auf Selbstbestimmung als Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Arktisforschung;&nbsp;</li><li>Ethik und Methoden als Schlüssel für dekoloniale Forschung;&nbsp;</li><li>Indigen-geleitete Forschung in Design und Praxis;&nbsp;</li><li>Die gleichberechtigte Beteiligung indigener Expertinnen und Experten an der Finanzierung und der Entscheidungsfindung in der Arktisforschung, um dekoloniale Ansätze in der Arktisforschung umzusetzen;&nbsp;</li><li>Finanzierung für ko-kreative und indigen-geleitete Arktisforschung.</li></ol><p>Die Entwicklung des Positionspapier wurde von der Europäischen Umweltinitiative (EURENI) des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) finanziert. Die Autorinnen und Autoren werden auch in Zukunft an den Veranstaltungen des ICARP IV-Prozesses teilnehmen und sich in den kommenden Monaten auf Konferenzen weiter über die erarbeiteten Empfehlungen austauschen.</p><p><em>Holmberg, A., Morin, E., Chahine, A. S., Doering, N. N., Dudeck, S., Fisher, C., Hermansen, N., Herrmann, T. M., Ikaarvik, Kramvig, B., Omma, E. M., Riedel, A., Saxinger, G., Scheepstra, A. J. M., van der Schot, J. (2023). Towards Arctic Research Upholding Indigenous Peoples’ Rights: Recommendations for ICARP IV, the International Conference on Arctic Research Planning. Saami Council, Research Institute for Sustainability – Helmholtz Centre Potsdam, Ecologic Institute. Kárášjohka – Potsdam – Berlin. <a href="https://doi.org/10.25365/phaidra.459">https://doi.org/10.25365/phaidra.459</a></em><br>&nbsp;</p> </div> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/2024-05/Policy%20brief%20%20ICARP%20IV%20-%20pages%20-%20%20web-1.png" width="1600" height="900" alt="To ensure that the rights of Arctic Indigenous Peoples are respected and to enhance the quality of research for all, Arctic research needs to be Indigenized." /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Damit die Rechte der indigenen Völker der Arktis respektiert werden, muss die arktische Forschung indigenisiert werden.</span> <span class="copyright">Designed by the Sámi Graphic design company, ÁRVU</span> </figcaption> </figure> In der heutigen Arktisforschung werden oft koloniale Ungerechtigkeiten gegenüber indigenen Gemeinschaften fortgeführt. Ein Team von Expertinnen und Experten – darunter auch Forschende des RIFS – hat deshalb ein Positionspapier mit Empfehlungen veröffentlicht, die helfen sollen, indigene Rechte in der Forschung zu wahren und die Anerkennung der Gleichwertigkeit und Komplementarität von traditionellem Wissen, indigenem Wissen und akademisch-wissenschaftlichem Wissen zu fördern. Das Positionspapier leistet einen Beitrag zum mehrjährigen Planungsprozess des International Arctic Science Committees (IASC) im Vorfeld der vierten internationalen Konferenz zur Planung der Arktisforschung (ICARP IV). <a href="/de/media/14986" hreflang="de">Arctic Indigenous Peoples</a> <p>In der heutigen Arktisforschung werden oft koloniale Ungerechtigkeiten gegenüber indigenen Gemeinschaften fortgeführt. Ein Team von Expertinnen und Experten – darunter auch Forschende des RIFS – hat deshalb ein <a href="https://doi.org/10.25365/phaidra.459">Positionspapier</a> mit Empfehlungen veröffentlicht, die helfen sollen, indigene Rechte in der Forschung zu wahren und die Anerkennung der Gleichwertigkeit und Komplementarität von traditionellem Wissen, indigenem Wissen und akademisch-wissenschaftlichem Wissen zu fördern. Das Positionspapier leistet einen Beitrag zum mehrjährigen Planungsprozess des International Arctic Science Committees (IASC) im Vorfeld der vierten internationalen Konferenz zur Planung der Arktisforschung (ICARP IV).</p> <a href="/de/forschung/ko-kreation-fuer-biokulturelle-diversitaet-der-arktis" hreflang="de">Ko-Kreation für biokulturelle Diversität in der Arktis</a> <a href="/de/forschungsgruppe/governance-der-arktis" hreflang="de">Governance der Arktis</a> <a href="/de/forschungsbereich/umwelt-und-gesellschaftlicher-wandel" hreflang="de">Umwelt und gesellschaftlicher Wandel</a> 0 Fri, 03 May 2024 11:49:56 +0000 bsc 10266 at https://www.rifs-potsdam.de Unsere Energiewende? Wie Beteiligung vor Ort die Transformation gestaltbar macht https://www.rifs-potsdam.de/de/blog/2024/04/unsere-energiewende-wie-beteiligung-vor-ort-die-transformation-gestaltbar-macht <span>Unsere Energiewende? Wie Beteiligung vor Ort die Transformation gestaltbar macht</span> <span><a title="Benutzerprofil anzeigen." href="/de/menschen/bianca-schroeder">bsc</a></span> <span><time datetime="2024-04-18T09:10:27+02:00" title="Donnerstag, April 18, 2024 - 09:10" class="datetime">Do, 04/18/2024 - 09:10</time> </span> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/victoria-luh"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2019-11/1116_VictoriaLuh_LotteOstermann_QF.jpg?h=71f43ec5&amp;itok=C6n_J7mU" width="384" height="384" alt="Victoria Luh" /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/victoria-luh"> Victoria Luh </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/victoria-luh"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2019-11/1116_VictoriaLuh_LotteOstermann_QF.jpg?h=71f43ec5&amp;itok=C6n_J7mU" width="384" height="384" alt="Victoria Luh" /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/victoria-luh"> Victoria Luh </a></h3> </div> </article> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/cinematic_xxl/public/2024-04/dpz_paper_crop.png?itok=_G8atbnf" width="992" height="558" alt="Landschaft mit Windkraftanlagen und Menschen" /> </div> </figure> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <h2> Eine gemeinsame Studie des Progressiven Zentrums und des RIFS. </h2> <p><strong>Von Victoria Luh (RIFS) und Johanna Siebert (DPZ)</strong></p><p>Obwohl der <a href="https://demokon.de/files/uploads/2021/09/demokon_rp2.pdf">Großteil der deutschen Bevölkerung die Energiewende grundsätzlich befürwortet</a>, ist die Umsetzung in den Regionen und Kommunen konfliktreich. Sei es das Windrad vor der Haustür, das den einen finanziell lukrativ erscheint und den anderen aufgrund veränderter Landschaftsästhetik oder Umweltschutzbedenken Sorgen bereitet, seien es Arbeitsplatzverluste durch den Abbau der Braunkohleindustrie. Mit der Energiewende gehen komplexe Aushandlungsprozesse einher, insbesondere dort, wo Veränderungen am konkretesten in der eigenen Lebenswelt spürbar werden – auf kommunaler Ebene. Soll die Energiewende demokratisch gestaltet und das politische Versprechen von Teilhabe und Mitgestaltung eingelöst werden, braucht es passende Konzepte der Aushandlung und Konfliktbewältigung vor Ort.</p><p>In der <a href="https://www.progressives-zentrum.org/wp-content/uploads/2024/04/DPZ_Unsere_Energiewende_Final_Einzelseiten.pdf">Studie „Unsere Energiewende? Wie Beteiligung vor Ort die Transformation gestaltbar macht“</a>, die in einer Kooperation zwischen dem <a href="https://www.progressives-zentrum.org/">Progressiven Zentrum</a> und dem RIFS entstanden ist, schauen wir uns Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in Ansätzen der finanziellen Beteiligung sowie in dialogischen und konfliktsensiblen Beteiligungsformaten an. Auf Basis von insgesamt 61 Interviews mit Umsetzer:innen und Beteiligten, betroffenen Bürger:innen und Verwaltungsmitarbeiter:innen nahezu aller Bundesländer gibt die Studie einen detaillierten Einblick in drei Fälle. Darüber hinaus identifiziert sie strukturelle Herausforderungen wie Gelingensbedingungen in der Umsetzung von immaterieller und materieller Beteiligung in Transformationsprozessen vor Ort.</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <h2> Die drei Fälle </h2> <p><strong>Windpark Hoort 2</strong> in der Gemeinde Hoort in Mecklenburg-Vorpommern ist ein Beispiel für die finanzielle Beteiligung von Kommune und Bürger:innen in der Energiewende. &nbsp;Durch das Engagement kommunalpolitischer Akteure, gute Flächenvoraussetzungen in der Gemarkung und eine hohe Prozesstransparenz konnten Bürger:innen und Kommune von dem Windpark überzeugt und an den Gewinnen beteiligt werden. Von den Renditen aus dem Windpark möchte die Gemeinde beispielsweise die örtliche Kita sanieren. <a href="https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-14626-9">Wie auch in vielen anderen Fällen der finanziellen Beteiligung</a> haben in Hoort, u. a. aufgrund fehlenden Investitionskapitals, nur wenige Bürger:innen als Privatpersonen Anteile am Windpark erworben. Unsere Analyse zeigt: Um potenziellen Konflikten zwischen Energiewendegewinner:innen und -verlierer:innen frühzeitig entgegenzuwirken, sind für das Gelingen einer gerechten Transformation neben einer indirekten finanziellen Teilhabe über kommunale Strukturen auch Instrumente indirekter finanzieller Beteiligung von Privathaushalten, beispielsweise ein vergünstigter Strompreistarif, zu diskutieren.</p><p>Das <strong>Forum Energiedialog (FED)</strong> ist ein Programm des Landes Baden-Württemberg zur Unterstützung von Kommunen in der dialogischen Aushandlung von Energiewendekonflikten. Das Programm wird mittlerweile in der dritten Legislaturperiode gefördert und hat inzwischen über 100 Kommunen dabei begleitet zu verhandeln, wie der Ausbau der Erneuerbaren vor Ort aussehen kann. Die Stärke des FED ist es, Prozessoffenheit und Allparteilichkeit – und damit die Berücksichtigung aller im lokalen Konflikt vorhandenen Perspektiven – sicherzustellen. Das erhöht die Legitimität des Entscheidungsfindungsprozesses sowie des Ergebnisses vor Ort. Ein Haken besteht darin, dass das FED Kommunen aus förderpolitischen Gründen nur in der Planungsphase begleiten darf, <a href="https://www.researchgate.net/publication/272457297_Burgerbeteiligung_und_Energiewende_Dialogorientierte_Burgerbeteiligung_im_Netzausbau">dabei entstehen zahlreiche Konflikte erst mit Baubeginn</a>. Weiterhin erreicht das Format nur bestimmte gesellschaftliche Gruppen, besonders junge Menschen nehmen trotz zielgruppenspezifischer Bemühungen nicht oder nur vereinzelt teil. Unsere Analyse zeigt: Konflikte in lokalen Transformationsprozessen frühzeitig zu erkennen und durch konfliktsensible Beteiligung zu bearbeiten, ist eine zentrale Gelingensbedingung einer gerechten Transformation. Hierfür braucht es verschiedene Ansätze, um möglichst viele gesellschaftliche Gruppen zu erreichen. Um dies zu gewährleisten, ist eine vermehrte Bereitstellung von personellen und finanziellen Verwaltungskapazitäten auf Landes- und kommunaler Ebene notwendig.</p><p>Bei den <strong>Bürgerdialogen im Rahmen des Strukturentwicklungsprogramms Sachsen-Anhalt</strong> handelt es sich um ein Online-Dialogformat zur Beteiligung von Bürger:innen in der Identifikation von Investitionsschwerpunkten für Landesmittel im Strukturwandel, das von der Staatskanzlei 2021 initiiert wurde. Das Beispiel zeigt, dass die Bürgerdialoge eine politische Sichtbarkeit und Nahbarkeit in einem schwierigen regionalen Umbruchprozess gestiftet haben, politische Planungsschritte im Strukturwandel jedoch für die meisten Bürger:innen sehr abstrakt erscheinen. In den Bürgerdialogen haben die Bürger:innen darauf reagiert, indem sie weniger strukturpolitische Fragestellungen als vielmehr konkrete politische Anliegen aus ihrem kommunalen und regionalen Umfeld eingebracht haben. Die Ergebnisse der Bürgerdialoge schließlich mit landespolitischen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen, stellte für die Verwaltung eine große Herausforderung dar. Unsere Analyse zeigt: Beteiligung für eine gerechte Transformation muss Formate mit Lebe</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <h2> Fünf Empfehlungen </h2> <p>Kommunen und Länder bringen die Energiewende durch innovative Ansätze der materiellen und immateriellen Beteiligung voran. Gleichzeitig werden insbesondere strukturell schwach ausgestattete Kommunen durch Klimaanpassungsmaßnahmen im Zuge der Energiewende vor große Herausforderungen gestellt. Trotz Engagement und guten Ideen fehlt es in kommunalen Verwaltungen an finanziellen, personellen und prozessualen Ressourcen, um die Transformation vor Ort voranzubringen. Die Studie liefert fünf konkrete Handlungsempfehlungen für Bund und Länder zur Stärkung kommunaler Transformationskapazitäten. Diese Hebel liegen in drei Dimensionen:</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <h2> Hebel 1: Rechtliche Rahmenbedingungen </h2> <p>Eine Möglichkeit, die langfristige Finanzierung von Transformationsprozessen in den Kommunen sicherzustellen, ist die Aufnahme von Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen als neue Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz. Dies stärkt nicht nur bereits bestehende kommunale Strukturen, sondern sendet auch ein entscheidendes politisches Signal: Das Gelingen von lokalen Transformationsprozessen ist eine ebenenübergreifend geteilte Verantwortung und eine notwendige Bedingung demokratischer Resilienz in Zeiten ökologischer Transformation.</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--infobox-blue"> <h2> Empfehlung 1 </h2> <div class="paragraph-content"> <p>Transformation als Gemeinschaftsaufgabe: Wir empfehlen Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen als neue Gemeinschaftsaufgabe in <a href="https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_91a.html">Art. 91a Abs.1 des Grundgesetzes</a> aufzunehmen.</p> </div> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <h2> Hebel 2: Finanzielle Förderinstrumente </h2> <p>Wie bereits in einigen Bundesländern erfolgreich erprobt, sollte die finanzielle Beteiligung von Kommunen am Ausbau der erneuerbaren Energien über die Landesgesetzgebung sichergestellt werden, denn dies fördert die Akzeptanz und den Gestaltungswillen vor Ort.&nbsp;</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--infobox-blue"> <h2> Empfehlung 2 </h2> <div class="paragraph-content"> <p>„Unsere Energiewende“-Gesetz: Wir empfehlen die verpflichtende finanzielle Beteiligung der Kommunen beim Ausbau erneuerbarer Energien, gekoppelt an eine gemeinwohlorientierte kommunale Investitionsstrategie der damit verbundenen Gewinne.</p> </div> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>Kommunen müssen jedoch auch in der Lage sein können, Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende vor Ort selbstständig voranzutreiben. Ein Fördertopf aus Landes- und/oder Bundesmitteln, im Sinne eines Transformationsbeteiligungsfonds könnte ein solches Instrument darstellen. Dieser soll Kommunen durch günstige Kreditvergabe und Risikoabsicherungen ermöglichen, selbst Vorhabenträgerin eines Energiewendeprojektes zu sein. Zudem soll er die Umsetzung von kommunalen Beteiligungsaktivitäten erleichtern.</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--infobox-blue"> <h2> Empfehlung 3 </h2> <div class="paragraph-content"> <p>Transformationsbeteiligungsfonds: Wir empfehlen die Einrichtung eines Fonds für die Unterstützung von kommunaler Teilhabe und Mitgestaltung an der Umsetzung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen.</p> </div> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <h2> Hebel 3: Breite Beteiligungskapazitäten </h2> <p>Um die Energiewende – insbesondere in Zeiten des wachsenden Zuspruchs für rechtspopulistische Bewegungen – vor Ort demokratisch zu verhandeln, braucht es gut gemachte und konfliktsensible Beteiligungsformate. Konflikte sind ein ernst zu nehmender <a href="https://www.springerprofessional.de/energiekonflikte-proteste-gegen-windkraftanlagen-als-spiegel-dem/16097734">Seismograf für gesellschaftliche Stimmungen und Emotionen</a>. Beteiligung in der Transformation muss daher mit Konfliktkompetenz einhergehen. Ein institutionalisiertes Unterstützungsangebot für die Kommunen könnte durch die Schaffung von dauerhaft finanzierten Stellen in den bereits bestehenden Strukturen der Landesenergieagenturen bereitgestellt werden.</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--infobox-blue"> <h2> Empfehlung 4 </h2> <div class="paragraph-content"> <p>Landestransformationspat:innen: Wir empfehlen die Schaffung von dauerhaft finanzierten Stellen für kommunale Prozessbegleiter:innen mit Expertise in den Bereichen der finanziellen Beteiligung sowie der konfliktsensiblen dialogischen Beteiligung in den Landesenergieagenturen.</p> </div> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>Die Steuerung von Beteiligungsprozessen in der Transformation bindet nicht nur auf kommunaler, sondern auch auf Landesebene Verwaltungskapazitäten. Um die unterschiedlichen materiellen wie immateriellen Beteiligungsaktivitäten im Land besser zu koordinieren, sind strukturelle Anpassungen in den Landesverwaltungen notwendig. Eine zentrale Koordinierungsstelle zur Bündelung und ressortübergreifenden Abstimmung sowie der Evaluation von Beteiligungsmaßnahmen in Transformationsprozessen auf Länder- und kommunaler Ebene könnte hier Abhilfe schaffen.</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--infobox-blue"> <h2> Empfehlung 5 </h2> <div class="paragraph-content"> <p>Transformationsbeteiligung ressortübergreifend steuern: Wir empfehlen die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle für Beteiligung in den Landesverwaltungen, an die sich Verwaltungsmitarbeiter:innen fachlich wenden können und die zudem einen Überblick über die verschiedenen Beteiligungsmaßnahmen auf Länder- und kommunaler Ebene behält.</p> </div> </div> <div class="keywords"> <ul> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> </ul> </div> <a href="/de/media/14969" hreflang="de">dpz_paper_01A.jpg</a> <section> <h2>Neuen Kommentar schreiben</h2> <drupal-render-placeholder callback="comment.lazy_builders:renderForm" arguments="0=node&amp;1=10237&amp;2=field_blog_comments&amp;3=blog_comments" token="QYnEQ5God7U7STc-JnMI8QxsR8XmsIib7OFattiZ2No"></drupal-render-placeholder> </section> <a href="/de/menschen/victoria-luh" hreflang="de">vlu</a> <a href="/de/forschungsgruppe/regionale-nachhaltigkeitstransformationen" hreflang="de">Regionale Nachhaltigkeitstransformationen</a> <a href="/de/forschungsbereich/demokratie-und-nachhaltigkeit" hreflang="de">Demokratie und Nachhaltigkeit</a> <a href="/de/ergebnisse/dossiers/buergerraete" hreflang="de">Bürgerräte</a> Thu, 18 Apr 2024 07:10:27 +0000 bsc 10237 at https://www.rifs-potsdam.de Ausstieg aus der Braunkohle: Strukturwandel braucht neue Strategien https://www.rifs-potsdam.de/de/news/ausstieg-aus-der-braunkohle-strukturwandel-braucht-neue-strategien <span>Ausstieg aus der Braunkohle: Strukturwandel braucht neue Strategien</span> <span><a title="Benutzerprofil anzeigen." href="/de/menschen/bianca-schroeder">bsc</a></span> <span><time datetime="2024-03-19T09:32:51+01:00" title="Dienstag, März 19, 2024 - 09:32" class="datetime">Di, 03/19/2024 - 09:32</time> </span> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_BiancaSchroeder_10022_QF.jpg?h=795d1a19&amp;itok=eI4KZN-6" width="384" height="384" alt="Dr. Bianca Schröder " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> Dr. Bianca Schröder </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_BiancaSchroeder_10022_QF.jpg?h=795d1a19&amp;itok=eI4KZN-6" width="384" height="384" alt="Dr. Bianca Schröder " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> Dr. Bianca Schröder </a></h3> </div> </article> Fünf Jahre nach der Kohlekommission <div class="contact-list"> <div class="contact-list__item"> <a href="/de/menschen/joerg-radtke" hreflang="de">jra</a> </div> <div class="contact-list__item"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder" hreflang="de">bsc</a> </div> </div> <div class="keywords"> <ul> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/75">Energiewende</a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/70">Demokratie</a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/133">Ko-Kreation</a> </li> </ul> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>Um Lösungen für die Gestaltung des Kohleausstiegs zu finden, erarbeitete die Kohlekommission 2018/2019 mit Beteiligten aus Industrie, Gewerkschaften, Umwelt und Wissenschaft einen Kompromiss. Jörg Radtke (RIFS) und Martin David (Leuphana Universität Lüneburg) wollten wissen, wie die Bevölkerung in der Lausitz und dem Rheinischen Revier die Verfahrensgerechtigkeit bewertet – ob sie also die Arbeit und Empfehlungen der Kohlekommission als fair empfindet und mit dem anschließenden Strukturwandelprozess zufrieden ist. Dafür analysierten sie mehrere Studien und führten Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Medien in den betroffenen Regionen. Die Verfahrensgerechtigkeit gilt als entscheidend nicht nur für die Zufriedenheit mit dem Ergebnis des Kohleausstiegs, sondern darüber hinaus für das Vertrauen in die demokratische Gestaltung der Entscheidungsfindung allgemein.</p><h3>Von außen aufgedrängt?</h3><p>Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Interessen der lokalen Bevölkerung in den Braunkohleregionen nicht hinreichend in die Empfehlungen der Kohlekommission eingeflossen sind. „Wir führen dies auf Defizite bei der Abbildung lokaler und stärker umweltorientierter Interessen in die Entscheidungsfindung, auf Mängel bei der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Stakeholdern und auf verpasste Gelegenheiten zur Schaffung eines fairen und offenen Prozesses zurück. Weil die Präferenzen der lokalen Gemeinschaften nicht hinreichend in den Prozess einflossen, hatten sie auch kaum Einfluss auf die anschließende Politikgestaltung“, erläutert Radtke. Viele der Befragten äußerten Bedenken, dass der Wandel zu einer gesellschaftlichen Überlastung in den Regionen führe und dass Außenstehende über ihr Schicksal entschieden.</p><h3>In der Lausitz sind die Sorgen größer</h3><p>Im Rheinischen Revier sei es etwas besser gelungen, zivilgesellschaftliche Interessen einzubinden, sagt Radtke: „Hier gab es ein regionales Leitbild, langfristige Strategien, einen Tourismusplan für wirtschaftliches Wachstum und insgesamt mehr Raum für Vernetzung, Kreativität und Experimentierfreude als in der Lausitz, der eine Beteiligungsstrategie fehlte." Die Anerkennung der Identitäten, Ortverbundenheit und Kulturen lokaler Gemeinschaften sowie gelebter Traditionen sei entscheidend für die Zufriedenheit mit dem Entscheidungs- und Transformationsprozess, wie auch die Ergebnisse der Interviews zeigten.</p><p>Die Bevölkerung im Rheinischen Revier blickt positiver in die Zukunft als die in der Lausitz, deren Denken stark von der Wahrnehmung eines Verlustes geprägt ist. Die befragten Lausitzerinnen und Lausitzer betonten die Bedeutung der Ansiedlung von Unternehmen und äußerten große Sorgen über Abwanderungstrends. Die Befragten im Rheinischen Revier beschäftigt hingegen vor allem eine sinnvolle Umsetzung der Energiewende im Revier. Sie fokussieren sich auf Herausforderungen des Strukturwandels, während im Lausitzer Revier eine stärkere Skepsis hinsichtlich positiver Effekte besteht. Von einer stärkeren Tourismus-Förderung und der Ansiedlung von Hightech-Unternehmen, die die Politik ihnen in Aussicht stellt, sind die Lausitzerinnen und Lausitzer nicht überzeugt. Auch das Engagement der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft ist in der Lausitz weniger ausgeprägt als im Rheinischen Revier.</p><p>Die Kohlekommission hat laut den Autoren den Bedarf der Lausitz an Strukturwandelunterstützung erkannt, hatte aber nicht den Auftrag, diesen Aspekt weiterzuverfolgen und konkrete Transformationsstrategien zu entwickeln. Künftig seien Strategien der Bürgerbeteiligung, Akteurszusammenarbeit und Mediation im Falle von Konflikten entscheidend, um mehr Verfahrensgerechtigkeit in regionalen Strategien und Umsetzungen der Energiewende und des Strukturwandels herzustellen.</p><p><em>Radtke, J., David, M. How Germany is phasing out lignite: insights from the Coal Commission and local communities. Energ Sustain Soc 14, 7 (2024). <a href="https://doi.org/10.1186/s13705-023-00434-z">https://doi.org/10.1186/s13705-023-00434-z</a></em></p> </div> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/2024-03/Regionale_Transformation_Workshop-%28c%29%20Zukunftsagenatur%20Rheinisches%20Revier.jpg" width="1024" height="768" alt="Workshop zum Strukturwandel im Rheinischen Revier" /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Workshop zum Strukturwandel im Rheinischen Revier</span> <span class="copyright">Zukunftsagentur Rheinisches Revier</span> </figcaption> </figure> Die Arbeit der Kohlekommission wird in den Braunkohleregionen im Rückblick kritisch wahrgenommen. Da der Ausstiegsprozess noch nicht abgeschlossen ist, sind laut einer neuen Studie zusätzliche Anstrengungen und neue Strategien erforderlich, um die lokalen Gemeinschaften stärker einzubeziehen. Es brauche mehr Bürgerbeteiligung, mehr Zusammenarbeit der Akteure und Konfliktmediation. <a href="/de/media/14943" hreflang="de">Workshop zum Strukturwandel im Rheinischen Revier</a> <p>Die Arbeit der Kohlekommission wird in den Braunkohleregionen im Rückblick kritisch wahrgenommen. Da der Ausstiegsprozess noch nicht abgeschlossen ist, sind laut einer neuen <a href="https://doi.org/10.1186/s13705-023-00434-z">Studie</a> zusätzliche Anstrengungen und neue Strategien erforderlich, um die lokalen Gemeinschaften stärker einzubeziehen. Es brauche mehr Bürgerbeteiligung, mehr Zusammenarbeit der Akteure und Konfliktmediation.</p> <a href="/de/forschung/buerger-energie-strukturstaerkung-und-teilhabe" hreflang="de">Bürger-Energie: Strukturstärkung und Teilhabe (BE:ST)</a> <a href="/de/forschungsgruppe/regionale-nachhaltigkeitstransformationen" hreflang="de">Regionale Nachhaltigkeitstransformationen</a> <a href="/de/forschungsbereich/demokratie-und-nachhaltigkeit" hreflang="de">Demokratie und Nachhaltigkeit</a> 0 Tue, 19 Mar 2024 08:32:51 +0000 bsc 10163 at https://www.rifs-potsdam.de Mit Reallaboren die Nachhaltigkeit voranbringen https://www.rifs-potsdam.de/de/news/mit-reallaboren-die-nachhaltigkeit-voranbringen <span>Mit Reallaboren die Nachhaltigkeit voranbringen</span> <span><a title="Benutzerprofil anzeigen." href="/de/menschen/bianca-schroeder">bsc</a></span> <span><time datetime="2024-03-18T08:54:17+01:00" title="Montag, März 18, 2024 - 08:54" class="datetime">Mo, 03/18/2024 - 08:54</time> </span> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_BiancaSchroeder_10022_QF.jpg?h=795d1a19&amp;itok=eI4KZN-6" width="384" height="384" alt="Dr. Bianca Schröder " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> Dr. Bianca Schröder </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_BiancaSchroeder_10022_QF.jpg?h=795d1a19&amp;itok=eI4KZN-6" width="384" height="384" alt="Dr. Bianca Schröder " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> Dr. Bianca Schröder </a></h3> </div> </article> Sonderausgabe <div class="contact-list"> <div class="contact-list__item"> <a href="/de/menschen/niko-schaepke" hreflang="de">nsh</a> </div> <div class="contact-list__item"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder" hreflang="de">bsc</a> </div> </div> <div class="keywords"> <ul> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/133">Ko-Kreation</a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/180">Mobilität</a> </li> </ul> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>Das Verständnis der Auswirkungen von Reallaboren ist wichtig, da diese in Forschung, Politik und Finanzierung immer mehr an Bedeutung gewinnen. Sie werden nicht nur in der nachhaltigen Stadtentwicklung, der Energiewende oder dem Naturschutz angewandt, sondern auch in hochriskanten Bereichen wie der künstlichen Intelligenz, dem autonomen Fahren oder der medizinischen Grundversorgung. Das Sonderheft mit dem Titel „Impacts of Real-world Labs in Sustainability Transformations“ bietet einen Überblick über die von verschiedenen Reallaboren erzielten Wirkungen, erläutert Strategien und Mechanismen, stellt methodische Fortschritte vor und geht auf gemeinsame Herausforderungen sowie potenzielle Lösungen ein.</p><p>Die Sonderausgabe wurde mit herausgegeben von <a href="https://www.rifs-potsdam.de/de/menschen/niko-schaepke">Niko Schäpke</a> (RIFS Potsdam/Uni Freiburg) und enthält ein Editorial sowie drei Artikel mit RIFS-Beteiligung.</p><p>Forschende um <a href="https://www.rifs-potsdam.de/de/menschen/philip-bernert">Philip Bernert</a> untersuchen die Auswirkungen des langfristig angelegten Reallabors „Zukunftsstadt Lüneburg“ und gehen dabei über den etablierten Fokus auf die Auswirkungen von Experimenten hinaus. Sie schlagen folgende analytische Kategorien für entstehende Wirkungen vor: transformatives Lernen, neuartige Strukturen der Governance und das Labor als Grenzakteur für Nachhaltigkeit.</p><p><a href="https://www.rifs-potsdam.de/de/menschen/anke-klaever">Anke Kläver</a> und Ko-Autoren beleuchten die Konflikte, die Reallabore bei der Förderung einer Mobilitätswende hervorrufen können. Dabei stützen sie sich auf Erkenntnisse aus einem Projekt zur temporären Umgestaltung eines öffentlichen Raums in Berlin. Auf der Grundlage von Tiefeninterviews kategorisieren sie drei Arten von Konflikten und decken den Einfluss des Prozessdesigns auf deren Entwicklung auf. Fragen von Konflikt, Macht und Legitimität stehen dabei im Vordergrund.</p><p>Ein Team um Niko Schäpke führt die Hebelpunkte-Perspektive ein, um die Auswirkungen von Reallaboren auf die Nachhaltigkeitstransformation zu analysieren. Hebelpunkte sind spezifische Punkte der Intervention in ein System und bieten ein analytisches Instrument zur Klassifizierung von Interventionen hinsichtlich ihres Potenzials, systemische Veränderungen zu bewirken. Unter dieser Perspektive untersuchen die Autorinnen und Autoren zwei seit langem bestehende empirische Fallbeispiele für Reallabore.</p><p>Das Themenheft wurde inspiriert von der <a href="https://www.reallabor-netzwerk.de/">ersten Jahrestagung des Netzwerks der Reallabore der Nachhaltigkeit</a>. Im April 2024 findet die <a href="https://ioer.de/veranstaltungen/rlnk2024">nächste Tagung</a> des Netzwerks statt.</p><p><strong>Beiträge</strong></p><ul><li>Klaever, A., K. Goetting, J. Jarass. 2024. Conflicts in real-world labs - Perspectives of critical and ambivalent residents on a temporary public space redesign project in Berlin. GAIA 33/S1: 72 – 79. <a href="https://doi.org/10.14512/gaia.33.S1.11.">https://doi.org/10.14512/gaia.33.S1.11.</a></li><li>Bernert, P., A. Weiser, T. Kampfmann, D. J. Lang. 2024. Impacts beyond experimentation - conceptualising emergent impacts from long-term real-world laboratory processes. GAIA 33/S1: 18-25. <a href="https://doi.org/10.14512/gaia.33.S1.4.">https://doi.org/10.14512/gaia.33.S1.4.</a></li><li>Schäpke, N., Beecroft, R., Wanner, M., Wagner, F., Rhodius, R., Laborgne, P., Parodi, O. 2024. Gaining deep leverage? Reflecting and shaping impacts of real-world labs through leverage points. GAIA 33/S1: 116-124. <a href="https://doi.org/10.14512/gaia.33.S1.17.">https://doi.org/10.14512/gaia.33.S1.17.</a></li><li>N Schäpke, F Wagner, R Beecroft, R Rhodius, P Laborgne, M Wanner, O Parodi (2024): Impacts of real-world labs in sustainability transformations: Forms of impacts, creation strategies, challenges, and methodological advances. GAIA 33/S1: 4-9 <a href="https://doi.org/10.14512/gaia.33.S1.2">https://doi.org/10.14512/gaia.33.S1.2</a>.</li></ul> </div> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/2024-03/Stadtplatz%20Foto%20EXPERI%2C%20N%C3%A4hring%202020.jpg" width="1296" height="864" alt="Realexperiment in Berlin: Am Klausenerplatz in Charlottenburg entstand 2020 temporär ein neuer Stadtplatz." /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Realexperiment in Berlin: Am Klausenerplatz in Charlottenburg entstand 2020 temporär ein neuer Stadtplatz.</span> <span class="copyright">EXPERI, Nähring (2020)</span> </figcaption> </figure> Reallabore stehen zurzeit hoch im Kurs. Vor allem in der transformationsorientierten Nachhaltigkeitsforschung werden sie genutzt, um innovative Ideen unter realen Bedingungen zu erproben. In einer Sonderausgabe der Zeitschrift GAIA präsentieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den aktuellen Stand der Forschung zu Reallaboren. <a href="/de/media/14939" hreflang="de">Realexperiment</a> <p>Reallabore stehen zurzeit hoch im Kurs. Vor allem in der transformationsorientierten Nachhaltigkeitsforschung werden sie genutzt, um innovative Ideen unter realen Bedingungen zu erproben. In einer <a href="https://www.ingentaconnect.com/content/oekom/gaia/2024/00000033/a00101s1">Sonderausgabe der Zeitschrift GAIA</a> präsentieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den aktuellen Stand der Forschung zu Reallaboren.</p> <a href="/de/forschung/denkweisen-und-geisteshaltungen-fuer-das-anthropozaen-ama" hreflang="de">Geisteshaltungen und Denkweisen für das Anthropozän</a> <a href="/de/forschungsgruppe/transformative-raeume" hreflang="de">Transformative Räume und Denkweisen</a> <a href="/de/forschungsbereich/transdisziplinaere-methoden-prozesse-praktiken" hreflang="de">Transdisziplinäre Methoden, Prozesse und Praktiken</a> 0 Mon, 18 Mar 2024 07:54:17 +0000 bsc 10158 at https://www.rifs-potsdam.de Mehr Teilhabe in der Energiewende: Wie Bürgerenergiegenossenschaften neue Zielgruppen erreichen https://www.rifs-potsdam.de/de/news/mehr-teilhabe-der-energiewende-wie-buergerenergiegenossenschaften-neue-zielgruppen-erreichen <span>Mehr Teilhabe in der Energiewende: Wie Bürgerenergiegenossenschaften neue Zielgruppen erreichen</span> <span><a title="Benutzerprofil anzeigen." href="/de/menschen/bianca-schroeder">bsc</a></span> <span><time datetime="2024-03-14T10:49:17+01:00" title="Donnerstag, März 14, 2024 - 10:49" class="datetime">Do, 03/14/2024 - 10:49</time> </span> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_BiancaSchroeder_10022_QF.jpg?h=795d1a19&amp;itok=eI4KZN-6" width="384" height="384" alt="Dr. Bianca Schröder " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> Dr. Bianca Schröder </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_BiancaSchroeder_10022_QF.jpg?h=795d1a19&amp;itok=eI4KZN-6" width="384" height="384" alt="Dr. Bianca Schröder " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> Dr. Bianca Schröder </a></h3> </div> </article> Demokratie <div class="contact-list"> <div class="contact-list__item"> <a href="/de/menschen/joerg-radtke" hreflang="de">jra</a> </div> <div class="contact-list__item"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder" hreflang="de">bsc</a> </div> </div> <div class="keywords"> <ul> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/75">Energiewende</a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/70">Demokratie</a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/133">Ko-Kreation</a> </li> </ul> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>Hinter der Bezeichnung „Bürgerenergie“ verbergen sich verschiedene Arten von Projekten, von denen einige eher basisorientiert sind („Graswurzel-Bewegung“), während andere als groß angelegte Energieprojekte professioneller verwaltet werden. So haben einige engagierte Bürgerinnen und Bürger in Gemeinden etwa aus Umweltgruppen oder Heimatvereinen heraus Energiegenossenschaften gegründet, während andere, meist größere Projekte durch Gesellschaften, Banken, öffentliche Einrichtungen oder Unternehmen initiiert wurden.</p><p>Infolge der stärkeren Förderung sowohl durch Einspeisevergütungen als auch durch eine Ausnahme von der Ausschreibungspflicht könnte es in Deutschland einen neuen Boom der Bürgerenergie geben. &nbsp;Zusätzlich soll mithilfe einer neuen finanziellen Kompensation für betroffene Kommunen die Akzeptanz von Wind- und Solaranlagen erhöht werden. Andererseits könnte durch dieses schlichte Verfahren der Abgabe von Erlösen das gesellschaftlich wertvolle demokratische Moment der Graswurzel-Bewegung verloren gehen. Was könnte daher die stärkere Förderung von Bürgerenergie für das Ziel bedeuten, mehr „Energiedemokratie“ zu etablieren?</p><h3>Sozial benachteiligte Gruppen ansprechen</h3><p>Vor dem Hintergrund dieser Frage untersuchten Jörg Radtke vom Forschungszentrum für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS) und Nino Bohn von der Universität Siegen umfangreiche Daten aus einer Umfrage unter den Mitgliedern in 85 Bürgerenergie-Projekten in Deutschland. Die <a href="https://doi.org/10.1016/j.jup.2023.101686">Ergebnisse</a> zeigen, dass Bürgerenergie nicht automatisch die Energiedemokratie stärke, so Jörg Radtke: „Die Politik muss die Grundlagen dafür schaffen, dass alle, also auch sozial benachteiligte Gruppen angesprochen werden. Dies sind im Falle von Bürgerenergie insbesondere jüngere, weibliche oder nicht-binäre Personen sowie Menschen mit geringem Einkommen. Außerdem müssen auch Bevölkerungsgruppen besonders berücksichtigt werden, die von der Umstellung auf neue Heizsysteme und Elektromobilität negativ betroffen sind.“</p><p>Die Forschenden unterteilten die Mitglieder nach verschiedenen Charakteristika: Alter, Geschlecht, Einkommen, Ausbildung und persönliche Einstellungen – also ob die Mitgliedschaft zum Beispiel durch ökologische Werte, Renditewünsche oder der „Energie in Bürgerhand“-Idee motiviert ist. Demografisch zeigt sich: Männer, ältere sowie akademisch gebildete Menschen sind im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen stark überrepräsentiert.</p><p>„Das ist in der internationalen Forschung kein neuer Befund, überall finden sich ähnliche Werte. Doch die vertiefte Auswertung zeigt eine weitere, noch schwerer wiegende Problematik auf: Es finden sich teils gravierende Unterschiede bei den Einstellungen zu Bürgerenergie zwischen den unterschiedlichen Alters-, Bildungs- und Geschlechtergruppen. Mit anderen Worten: Dadurch, dass jüngere Menschen und Frauen unterrepräsentiert sind, sind auch deren Vorstellungen, wie ein Bürgerenergie-Projekt gestaltet sein sollte, schwächer vertreten. Das wäre unproblematisch, wenn diese deckungsgleich mit denen der dominierenden Gruppen wären, doch dem ist nicht so: Bürgerenergie bedeutet gerade für jüngere und weibliche Bevölkerungsgruppen etwas anderes als für ältere Männer“, sagt Radtke.</p><h3>Die Ergebnisse im Detail:</h3><p>1. Das Alter ist der wichtigste Faktor, der die Einstellung zu Bürgerenergieprojekten beeinflusst. Ältere Mitglieder betonen idealistische Motive starker, sie sehen Bürgerenergie als eine Art demokratische Praxis, die die lokale Gemeinschaft fördert. Jüngere Mitglieder haben eine eher pragmatische Einstellung, sie fühlen sich der lokalen Gemeinschaft weniger verpflichtet.&nbsp;</p><p>2. Auch das Geschlecht spielt eine Rolle: Männer und Frauen haben zwar ähnliche Motivationen und Prioritäten, Frauen stellen den Wert demokratischer Mitbestimmung jedoch stärker in den Vordergrund, während Männern die finanziellen Erträge des Projektes wichtiger sind. Für Frauen ist ein Bürgerenergie-Projekt mehr ein sozialer Ort des Miteinanders, der gelebten demokratischen Gemeinschaft. Männer hingegen betonen zwar ideelle Werte als Ausgangsmotiv, doch in der Ausführung und Praxis der Organisation ist ein professionelles Management für sie entscheidend.</p><p>3. Das Einkommen macht ebenfalls einen Unterschied, hat aber weniger Einfluss als Alter und Geschlecht. Mitglieder mit höherem Einkommen sind mehr an Rendite interessiert und weniger idealistisch eingestellt.&nbsp;<br>4. Bei der Motivation zeigt sich, dass akademisch gebildete Mitglieder mehr von den Vorteilen der regionalen Wertschöpfung überzeugt sind, während Nicht-Akademikerinnen und Nicht-Akademiker das Gemeinschaftsgefühl in Bürgerenergie-Projekten in den Vordergrund stellen.</p><p>Damit die Projekte integrativer und vielfältiger werden, empfehlen die Autoren, dass Bürgerenergie-Projekte gezielte Angebote für nicht akademisch gebildete Menschen schaffen und eine Gemeinschaftsstruktur aufbauen, die auch für Menschen mit weniger Vorwissen einladend ist. Zudem müssen die Angebote mehr bieten als eine rein finanzielle Investition, aber andererseits auch nicht den Eintritt in einen elitären Club von Altruisten bedeuten. Neue Mitglieder sollten sich repräsentiert wissen und mit dem Projekt identifizieren können. Bislang machen die beteiligten Bürgerinnen und Bürger nur selten von ihren Mitbestimmungsrechten Gebrauch und ordnen sich den Vorständen weitestgehend eher unter. Mentoren- und Diversitätsprogramme könnten aber neue Zielgruppen ansprechen und aktive Inklusionsarbeit leisten.<br><br><em>Radtke, J., &amp; Bohn, N. S. (2023). Mind the gap: Community member perceptions of shortcomings in diversity and inclusivity of local energy projects in Germany. Utilities Policy, 85: 101686. <a href="https://doi.org/10.1016/j.jup.2023.101686">https://doi.org/10.1016/j.jup.2023.101686</a></em></p> </div> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/2024-03/shutterstock_gpointstudio.jpg" width="1600" height="900" alt="Bürgerenergie-Projekte bieten die Chance, die Energiewende mitzugestalten." /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Bürgerenergie-Projekte bieten die Chance, die Energiewende mitzugestalten.</span> <span class="copyright">Shutterstock/gpointstudio</span> </figcaption> </figure> Bis 2030 soll 80 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen. Einen erheblichen Beitrag für eine partizipative Energiewende sollen Bürgerenergiegesellschaften leisten, deren Förderung mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2023 verstärkt wurde. Ein Blick auf existierende Bürgerenergie-Projekte zeigt jedoch, dass nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen partizipieren und profitieren. Wenn Bürgerenergie zu einer breiten Stütze der Energiewende werden soll, muss die Politik eine größere Diversität unter den Mitgliedern und die Gleichstellung der Geschlechter fördern sowie Präferenzen der Mitglieder stärker berücksichtigen. <a href="/de/media/14938" hreflang="de">Bürgerenergie</a> <p>Bis 2030 soll 80 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen. Einen erheblichen Beitrag für eine partizipative Energiewende sollen Bürgerenergiegesellschaften leisten, deren Förderung mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2023 verstärkt wurde. Ein Blick auf existierende Bürgerenergie-Projekte zeigt jedoch, dass &nbsp;nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen partizipieren und profitieren. Wenn Bürgerenergie zu einer breiten Stütze der Energiewende werden soll, muss die Politik eine größere Diversität unter den Mitgliedern und die Gleichstellung der Geschlechter fördern sowie Präferenzen der Mitglieder stärker berücksichtigen.&nbsp;</p> <a href="/de/forschung/buerger-energie-strukturstaerkung-und-teilhabe" hreflang="de">Bürger-Energie: Strukturstärkung und Teilhabe (BE:ST)</a> <a href="/de/forschungsgruppe/regionale-nachhaltigkeitstransformationen" hreflang="de">Regionale Nachhaltigkeitstransformationen</a> <a href="/de/forschungsbereich/energiewende-und-gesellschaftlicher-wandel" hreflang="de">Energiewende und gesellschaftlicher Wandel</a> 0 Thu, 14 Mar 2024 09:49:17 +0000 bsc 10152 at https://www.rifs-potsdam.de Europäer wollen dezentrale Stromerzeugung und niedrige Preise https://www.rifs-potsdam.de/de/news/europaeer-wollen-dezentrale-stromerzeugung-und-niedrige-preise <span>Europäer wollen dezentrale Stromerzeugung und niedrige Preise</span> <span><a title="Benutzerprofil anzeigen." href="/de/menschen/bianca-schroeder">bsc</a></span> <span><time datetime="2024-03-13T05:07:46+01:00" title="Mittwoch, März 13, 2024 - 05:07" class="datetime">Mi, 03/13/2024 - 05:07</time> </span> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_BiancaSchroeder_10022_QF.jpg?h=795d1a19&amp;itok=eI4KZN-6" width="384" height="384" alt="Dr. Bianca Schröder " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> Dr. Bianca Schröder </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_BiancaSchroeder_10022_QF.jpg?h=795d1a19&amp;itok=eI4KZN-6" width="384" height="384" alt="Dr. Bianca Schröder " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/bianca-schroeder"> Dr. Bianca Schröder </a></h3> </div> </article> Energiewende <div class="contact-list"> <div class="contact-list__item"> <a href="/de/menschen/franziska-mey" hreflang="de">fme</a> </div> <div class="contact-list__item"> <a href="/de/menschen/bianca-schroeder" hreflang="de">bsc</a> </div> </div> <div class="keywords"> <ul> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/75">Energiewende</a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/70">Demokratie</a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/133">Ko-Kreation</a> </li> </ul> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>„Wir wollten die Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger möglichst realitätsnah erfassen und haben dafür als Forschungsmethode ein sogenanntes Conjoint-Experiment gewählt, bei dem es um eine Abwägungsentscheidung geht. Wir haben also nicht nach Meinungen zu einzelnen Aspekten wie Technologien, Standorten und Kosten gefragt, sondern den Befragten unterschiedliche Versorgungsoptionen vorgestellt und wollten dann jeweils wissen, wie diese sich entscheiden würden“, erläutert Erstautorin Franziska Mey vom Forschungszentrum für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam. Befragt wurden 4103 Personen in vier Ländern.</p><h3>Strompreis ist das wichtigste Kriterium</h3><p>Die in der Umfrage präsentierten Optionen unterschieden sich im Hinblick auf sechs Aspekte, von denen bekannt ist, dass sie die Akzeptanz von Energiewende-Projekten beeinflussen: die vorwiegend genutzte Technologie, der Flächenbedarf, die Höhe der Stromeinfuhren in die Region, die Strompreise für Haushalte, der Ausbau der Übertragungsnetzkapazität und die Eigentumsverhältnisse der Anlagen – also ob diese sich in öffentlichem oder privatem Besitz befinden. &nbsp;Das Ergebnis: Mit Abstand die größten Auswirkungen hat der Strompreis.&nbsp;</p><p>„Bei ihrer Gewichtung der Kriterien setzten die Befragten ihren Wunsch nach einem niedrigen Strompreis an oberste Stelle. Dies wurde auch in weiterführenden Fragen bestätigt, in denen deutlich wurde, dass unser zukünftiges Stromsystem kosteneffizient, aber auch sozial gerecht sein soll“, sagt Franziska Mey. Das zweitstärkste Kriterium war ein geringer Importanteil: Wenn Bürgerinnen und Bürger entscheiden könnten, wäre das künftige Stromsystem dezentral. Es würde auf einer Versorgung mit einem hohen Anteil an Solarenergie auf Dächern basieren, wäre in kommunalem Besitz und nur wenig von Importen abhängig. Bei der Wahl der Technologie – im Prioritätsranking an dritter Stelle – zogen die Befragten die Photovoltaik der Windenergie vor. Die höchste Zustimmung erhielten Solaranlagen auf Dächern.&nbsp;</p><p>In Deutschland und Dänemark, die bei der Energiewende ähnlich weit fortgeschritten sind, zeigten sich sehr ähnliche Präferenzen. In Polen und Portugal wurde der Importanteil als weniger wichtig bewertet. Polen unterschied sich insbesondere bei den Preispräferenzen: Der Preis spielt hier eine geringere Rolle, was an den im Vergleich niedrigen Strompreisen in Polen (0,15 €/kWh im Jahr 2021; Deutschland: 0,32 €/kWh im Jahr 2021) liegen könnte.</p><h3>Energiemodelle sollten Bürger-Präferenzen integrieren</h3><p>Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse auch, dass Bürgerinnen und Bürger gewillt sind, Kompromisse einzugehen. Dabei könnten beispielsweise weniger bevorzugte Aspekte wie Windenergie-Ausbau oder hohe Importe gegen niedrige Preise abgewogen werden. Es ist somit möglich, sehr unterschiedliche Systeme mit ähnlichem Nutzen zu entwickeln.</p><p>Die Erkenntnisse können genutzt werden, um die Entscheidungsfindung über das Stromsystem der Zukunft mit besseren Energiemodellen zu unterstützen. „Heute werden häufig auf Technik und Ökonomie fokussierte Energiemodelle eingesetzt, die soziale Aspekte wie die Präferenzen der Bürger nur unzureichend oder gar nicht berücksichtigen. Bestenfalls wird die Meinung der Menschen abgefragt, nachdem Szenarien erstellt wurden. Durch unsere Forschung können Präferenzen der Bürger direkt in Energiemodelle und somit in den Entwurf von Szenarien integriert werden und zu einer gerechteren Energiewende beitragen“, sagt Ko-Autor Tim Tröndle (ETH Zürich). Die Meinung der Bürgerinnen und Bürger könne sich allerdings im Laufe der Zeit ändern und müsse daher regelmäßig abgefragt werden.</p><p><em>Franziska Mey, Johan Lilliestam, Ingo Wolf, Tim Tröndle, Visions for our future regional electricity system: Citizen preferences in four EU countries, iScience, 2024, 109269, ISSN 2589-0042,</em><br><em><a href="https://doi.org/10.1016/j.isci.2024.109269">https://doi.org/10.1016/j.isci.2024.109269</a>.</em></p> </div> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/2024-03/shutterstock_Frame%20Stock%20Footage.jpg" width="1600" height="900" alt="Windenergie wird ein wichtiger Bestandteil des künftigen europäischen Stromsystems sein." /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Windenergie wird ein wichtiger Bestandteil des künftigen europäischen Stromsystems sein.</span> <span class="copyright">Shutterstock/Frame Stock Footage</span> </figcaption> </figure> Obwohl ein Großteil der Bevölkerung in Europa die Energiewende grundsätzlich unterstützt, gibt es vor Ort zunehmend Widerstand gegen konkrete Projekte. Wie könnte der Ausbau erneuerbarer Energie besser gelingen? In einer neuen Studie haben Forschende die Wünsche von Bürgerinnen und Bürgern in Dänemark, Deutschland, Polen und Portugal ermittelt. In allen vier Ländern erwiesen sich ein niedriger Strompreis, eine geringere Abhängigkeit von Strom-Importen und die Nutzung von Solarenergie als besonders beliebt. Allerdings zeigten sich die Befragten kompromissbereit und würden Nachteile eines Systems akzeptieren, wenn dieses gleichzeitig andere Qualitäten aufweist. <a href="/de/media/14935" hreflang="de">Strompreis</a> <p>Obwohl ein Großteil der Bevölkerung in Europa die Energiewende grundsätzlich unterstützt, gibt es vor Ort zunehmend Widerstand gegen konkrete Projekte. Wie könnte der Ausbau erneuerbarer Energie besser gelingen? In einer neuen <a href="https://doi.org/10.1016/j.isci.2024.109269">Studie</a> haben Forschende die Wünsche von Bürgerinnen und Bürgern in Dänemark, Deutschland, Polen und Portugal ermittelt. In allen vier Ländern erwiesen sich ein niedriger Strompreis, eine geringere Abhängigkeit von Strom-Importen und die Nutzung von Solarenergie als besonders beliebt. Allerdings zeigten sich die Befragten kompromissbereit und würden Nachteile eines Systems akzeptieren, wenn dieses gleichzeitig andere Qualitäten aufweist.</p> <a href="/de/forschung/quo-vadis-beteiligung-bewertung-von-partizipation-energieprojekten-bepart" hreflang="de">Quo vadis, Beteiligung? Bewertung von Partizipation in Energieprojekten (BePart)</a> <a href="/de/forschungsgruppe/energiewende-und-public-policy" hreflang="de">Energiewende und Public Policy</a> <a href="/de/forschungsbereich/energiewende-und-gesellschaftlicher-wandel" hreflang="de">Energiewende und gesellschaftlicher Wandel</a> 0 Wed, 13 Mar 2024 04:07:46 +0000 bsc 10148 at https://www.rifs-potsdam.de Wie Bürgerräte in Deutschland und Polen die Politik beraten https://www.rifs-potsdam.de/de/blog/2024/03/wie-buergerraete-deutschland-und-polen-die-politik-beraten <span>Wie Bürgerräte in Deutschland und Polen die Politik beraten</span> <span><a title="Benutzerprofil anzeigen." href="/de/menschen/bianca-schroeder">bsc</a></span> <span><time datetime="2024-03-07T13:12:26+01:00" title="Donnerstag, März 7, 2024 - 13:12" class="datetime">Do, 03/07/2024 - 13:12</time> </span> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/dorota-stasiak"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2018-10/341_IASSDorotaStasiak_LotteOstermann_QF.jpg?h=d96e6dc3&amp;itok=5D7gdAD2" width="384" height="384" alt="Dr. Dorota Stasiak " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/dorota-stasiak"> Dr. Dorota Stasiak </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/dorota-stasiak"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2018-10/341_IASSDorotaStasiak_LotteOstermann_QF.jpg?h=d96e6dc3&amp;itok=5D7gdAD2" width="384" height="384" alt="Dr. Dorota Stasiak " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/dorota-stasiak"> Dr. Dorota Stasiak </a></h3> </div> </article> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/cinematic_xxl/public/2024-03/_RAD0417.jpg?itok=RXf-3nqC" width="992" height="558" alt="Nationaler Bürgerrat zu Energiekosten in Polen" /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Nationaler Bürgerrat zu Energiekosten in Polen</span> <span class="copyright">Wojciech Radwański</span> </figcaption> </figure> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p><strong>Welche Rolle spielt die Stimme der Bürgerinnen und Bürger in der zeitgemäßen Politikberatung? Mit dieser Frage haben wir uns am Beispiel von Bürgerräten in Deutschland und Polen beschäftigt, die in den letzten Jahren an Popularität gewonnen haben.</strong></p><p>In den klassischen Formen der Politikberatung sind die Bürgerinnen und Bürger nur selten als Impulsgeber eingebunden. Nun lassen sich in diesem Bereich Veränderungen beobachten, ein „partizipatorischer Umbruch“ sogar. Damit entsteht eine Art der Politik- und Gesellschaftsberatung, die eine aktivere Rolle für Bürgerinnen und Bürgern vorsieht. Es hängt jedoch von der Umsetzung ab, ob und wie das beratende Potential der Bürgerexpertise benutzt wird.</p><h3>Erfahrungswissen von „Zufallsbürgern“ im Zentrum</h3><p>In einem neuen <a href="https://doi.org/10.1007/978-3-658-43365-9_15">Buchbeitrag</a> analysieren mein Kollege Daniel Oppold und ich Bürgerräte aus dieser Sicht und behandeln die Frage, ob sie als eigenständige Form politikbezogener Gesellschaftsberatung gelten können. Bei einem genaueren Blick auf einige Bürgerräte, die in Deutschland und Polen bereits stattgefunden haben, zeigt sich, dass diese ein wirksames Format sein können, um die bestehende Landschaft der Politikberatung funktional zu erweitern. Ihre besondere Stärke ist die Schaffung von Räumen, in denen die Perspektive von per Los ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern und die gemeinschaftliche Ausarbeitung von Empfehlungen im Zentrum stehen. Diese Diskursräume und ihre Ergebnisse machen das Erfahrungswissen der Bürgerinnen und Bürger in kollektiver Form zugänglich und unterscheiden sich dadurch erheblich von anderen Formen der Beratung.</p><p>Die Verwirklichung des daraus erschließbaren Beratungspotenzials hängt jedoch von einer Reihe von Faktoren ab, die in jedem Einzelfall die Qualität des Prozesses und der daraus resultierenden Empfehlungen beeinflussen. Obwohl die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger eine primäre Rolle spielt, darf die Bedeutung der Begleitumstände und des Vorbereitungsprozesses nicht übersehen werden. Dazu gehört insbesondere die rechtliche Regelung und Einbindung des Gesamtprozesses in das institutionelle Ökosystem der Demokratie.</p><h3>Beratung oder Entscheidungsmacht?</h3><p>Beim Blick auf die polnischen, deutschen und internationalen Fallbeispiele von Bürgerräten sticht hervor, dass einige ein rein beratendes Mandat übersteigen: Auf (groß-)städtischer Ebene in Polen haben sich zum Beispiel manche Stadtpräsidenten dazu verpflichtet, jene Empfehlungen verbindlich umzusetzen, die innerhalb der Bürgerräte Zustimmungsraten von über 80 Prozent erhalten. Die praktische Erfüllung dieser Verpflichtungen hat sich an manchen Stellen als problematisch erwiesen, aber grundsätzlich erweitert diese Form der Selbstverpflichtung der demokratisch legitimierten Amtsträger und Gremien die Wirksamkeit des Beteiligungsprozesses erheblich und überträgt einen Teil der Entscheidungsmacht auf das Zufallsgremium – wenn auch indirekt. Die Einordnung von Bürgerräten als Form der Politik- und Gesellschaftsberatung kommt damit an eine Grenze. Denn im Gegensatz zu Expertenkommissionen oder Stakeholder-Beteiligungsprozessen wird damit dem Bürgerrat die Legitimität zuerkannt, als Form der deliberativen Demokratie qualitativ ähnliche Ergebnisse hervorzubringen wie die repräsentative Demokratie.</p><p>Doch auch wenn es im Falle der meisten Bürgerräte bei einem rein beratenden Auftrag bleibt, können sie Impulse für Entscheidungsprozesse setzen und den pluralistischen Diskurs um die weiteren Möglichkeiten zum Umgang mit gesellschaftlichen Herausforderungen bereichern. Es ist dabei ausschlaggebend, im Vorfeld des Beteiligungsprozesses umfassend zu klären, wie die Empfehlungen des Bürgerrates von Politik und Verwaltung aufgegriffen werden. Um Frust oder Enttäuschung bei Beteiligten wie Beteiligenden zu vermeiden, ist es wichtig, eine gelungene Anbindung an Politik, Verwaltung, aber auch den gesellschaftlichen Diskurs zu erarbeiten. Es hat sich daher bewährt, im Vorfeld offizielle (möglichst konsensuale) Beschlüsse zur Nutzung eines Bürgerrats im zuständigen repräsentativ-demokratischen Gremium, also in den Stadt- oder Gemeinderäten auf der kommunalen Ebene, zu erwirken und transparent zu kommunizieren. Darüber hinaus soll optimalerweise die Leitfrage für den Prozess bereits aus einer partizipativ gestalteten Planung resultieren, die unterschiedliche Perspektiven, Ideen und Erfahrungen berücksichtigt.</p><h3>Bottom-up-Initiativen zeigen Potential</h3><p>Immer wieder werden Bürgerräte auch aus der Zivilgesellschaft heraus initiiert. Sowohl in Deutschland als auch in Polen finden sich Beispiele nationaler Bürgerräte, die „Bottom-up“ angeschoben wurden. Die Initiatoren dieser Prozesse setzen darauf, dass sie durch groß angelegte Begleitkampagnen sowie die kluge Nutzung politischer Möglichkeitsfenster dennoch Wirksamkeit entfalten können. Der von dem Verein Mehr Demokratie und weiteren Akteuren ins Leben gerufene „Bürgerrat Demokratie“ konnte beispielsweise in Deutschland als Vorreiterprozess auf diese Weise wichtige Erfahrungen mit Bürgerräten auf der Bundesebene generieren, Interesse für diese neue Beteiligungs- bzw. Beratungsform wecken und letztlich eine breite Debatte über die Erweiterung des bestehenden Institutionengefüges anregen. Der nachfolgend vom Bundestag einberufene „Bürgerrat zu Deutschlands Rolle in der Welt“ sowie die umfassende Ankündigung einer weiteren Erprobung und ggf. Verstetigung im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung sind als unmittelbare Erfolge des Pilotprojekts „Bürgerrat Demokratie“ zu werten.</p><p>Der Bottom-up initiierte nationale Bürgerrat zu Energiekosten in Polen folgte einer ähnlichen Logik: Es wurde ein aktuelles und drängendes Thema aufgegriffen, um zu demonstrieren, dass die Deliberation einer Gruppe von Zufallsbürgern, denen auch Expertenwissen zur Verfügung gestellt wird, hilfreiche Ideen und Lösungsvorschläge hervorbringen kann. Dadurch konnte das auf kommunaler Ebene bereits mehrfach erprobte Konzept der Bürgerräte landesweit an Bekanntheit gewinnen und weitere Anwendungen auf nationaler Ebene bewirken.</p><p>Mehr dazu, wie die Bürgerräte dabei helfen können, die beratende Stimme der Gesellschaft für den soziopolitischen Diskurs und die Entscheidungsfindung zu nutzen, finden Sie in unserer Publikation.</p><ul><li>Oppold, D., &amp; Stasiak, D. (2024). Bürger(räte) in der Politikberatung in Deutschland und Polen. In A. Kopka, &amp; D. Piontek (Eds.), Politische Expertenkultur in Deutschland und Polen (pp. 367-388). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. <a href="https://doi.org/10.1007/978-3-658-43365-9_15">https://doi.org/10.1007/978-3-658-43365-9_15</a></li><li>Stasiak, D., &amp; Oppold, D. (2022). Głos doradczy społeczeństwa: panele obywatelskie w Niemczech i Polsce. In A. Kopka, &amp; D. Piontek (Eds.), Polityczna kultura ekspercka w Polsce i w Niemczech. Politycy, doradcy i lobbyści w perspektywie porównawczej (pp. 333-353). Poznań: Wydawnictwo Naukowe Wydziału Nauk Politycznych i Dziennikarstwa Uniwersytetu im. Adama Mickiewicza.<br>&nbsp;</li></ul> </div> <div class="keywords"> <ul> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> </ul> </div> <a href="/de/media/14934" hreflang="de">Bürgerrat Polen</a> <section> <h2>Neuen Kommentar schreiben</h2> <drupal-render-placeholder callback="comment.lazy_builders:renderForm" arguments="0=node&amp;1=10146&amp;2=field_blog_comments&amp;3=blog_comments" token="n0KYMXrXQlLW3GABhZyNlIKeFVVIb8OBu2KcM-4xlo8"></drupal-render-placeholder> </section> <a href="/de/menschen/dorota-stasiak" hreflang="de">dst</a> <a href="/de/forschungsgruppe/ko-kreation" hreflang="de">Ko-Kreation in der demokratischen Praxis</a> <a href="/de/forschungsbereich/demokratie-und-nachhaltigkeit" hreflang="de">Demokratie und Nachhaltigkeit</a> <a href="/de/ergebnisse/dossiers/buergerraete" hreflang="de">Bürgerräte</a> Thu, 07 Mar 2024 12:12:26 +0000 bsc 10146 at https://www.rifs-potsdam.de Kommunale Bürgerräte organisieren: Handbuch zeigt, wie’s geht https://www.rifs-potsdam.de/de/blog/2024/01/kommunale-buergerraete-organisieren-handbuch-zeigt-wies-geht <span>Kommunale Bürgerräte organisieren: Handbuch zeigt, wie’s geht</span> <span><a title="Benutzerprofil anzeigen." href="/de/menschen/sabine-letz">slz</a></span> <span><time datetime="2024-01-31T13:51:15+01:00" title="Mittwoch, Januar 31, 2024 - 13:51" class="datetime">Mi, 01/31/2024 - 13:51</time> </span> <div class="user-link"> Daniel Oppold </div> <figure class="figure figure--picture format--square"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/cinematic_xxl/public/2021-09/210802%20Planungphase.png?itok=dama4G8f" width="992" height="558" alt="losland Planungspase" /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Losland: die Planungspase.</span> <span class="copyright">losland.org</span> </figcaption> </figure> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <h2> Leitfaden &quot;Kommunale Bürgerräte organisieren&quot; </h2> <p><strong>Vor kurzem wurde das </strong><a href="https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2024/Leitfaden_Kommunale_Burgerraete_organisieren.pdf"><strong>Handbuch „Kommunale Bürgerräte organisieren</strong></a><strong>“ veröffentlicht. Das RIFS ist Mitherausgeber des Werks, gemeinsam mit Mehr Demokratie e.V. und dem Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung (IDPF) in Wuppertal. Der Leitfaden richtet sich an Personen der Beteiligungspraxis. Er enthält Erfahrungen und Tipps, die für die Anbahnung, Planung und erfolgreiche Umsetzung eines Bürgerratsprozesses auf kommunaler Ebene hilfreich sind.</strong></p><p>Die Erforschung demokratischer Beteiligungsprozesse nimmt am RIFS bereits seit einigen Jahren eine herausgehobene Stellung ein. Mittlerweile ist es ein ganzes Bündel von Forschungsgruppen und vieler Einzelprojekte, die sich unter dem Dach unseres<strong> </strong><a href="https://www.rifs-potsdam.de/de/forschungsbereich/demokratie-und-nachhaltigkeit"><strong>Forschungsbereich „Demokratie und Nachhaltigkeit“</strong></a><strong> </strong>vereinen und Fragen nach der Zukunft der Demokratie erforschen. Das ist wenig verwunderlich, denn für die Transformation in Richtung Nachhaltigkeit ist es ausschlaggebend, WIE wir in demokratischen Gesellschaften die dafür notwendigen Entscheidungen treffen – und wie BürgerInnen, die organisierte Zivilgesellschaft und wirtschaftliche Akteure gemeinsam mit Politik und Verwaltung ins Tun kommen.</p><p><a href="https://www.rifs-potsdam.de/de/ergebnisse/dossiers/buergerraete"><strong>Bürgerräte und andere moderne Beteiligungsprozesse</strong></a> sind dabei von zentraler Bedeutung, weil sie beide Punkte unterstützen. Sie eröffnen inhaltliche Mitwirkungsmöglichkeiten, die über die bloße Abfrage von Zustimmung oder Ablehnung hinausgehen. Auf der lokalen Ebene ist genau das entscheidend: Dort gilt es, das lokale Wissen der nichtorganisierten Bürgerinnen und Bürger beratend in politische Prozesse einfließen zu lassen. Nicht selten mit dem erwünschten Effekt, dass man aus parteipolitischen oder machtpolitischen Sackgassen Auswege findet.</p><p>Die breite Erprobung von Bürgerräten hat in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen und Erkenntnisse erzeugt, und es war darum nicht nur möglich, sondern dringend notwendig diese zusammenzutragen. Und zwar für diejenigen, die Bürgerräte durchführen: Bürgermeisterinnen, Stadt- und Gemeinderäte, Prozessbegleitende, Verwaltungsangestellte und Initiativen. An sie richtet sich der neue Leitfaden „Kommunale Bürgerräte organisieren“.</p><h3>Was der Leitfaden für Bürgerräte bietet</h3><p>Dabei ist wichtig zu betonen, mit welcher Erwartungshaltung das Handbuch genutzt werden sollte: Denn es ist nicht so, dass jeder Bürgerrat gleich verläuft oder verlaufen sollte. Die Vielfalt der Prozesse ist groß - und das ist gut so. Denn letztlich muss sich ein guter Beteiligungsprozess immer am Sinn und Zweck der Beteiligung ausrichten – und nicht andersherum. Was bedeutet, die Beteiligungsfrage im jeweiligen Fall und die Gesamtsituation sind ausschlaggebend dafür, wie der Bürgerrat genau konzipiert und umgesetzt wird. Deshalb ist es notwendig mit einem differenzierten Blick auf die vielen unterschiedlichen Optionen zu schauen, die im Handbuch für jeden Baustein eines Bürgerratsprozesses beschrieben werden. Die passende Variante auszuwählen ist dann die Herausforderung – und natürlich kritisch abzuschätzen, ob ein Bürgerrat überhaupt das Mittel der Wahl ist.</p><p>Weiter ist wichtig, dass es keinen Automatismus für die (erwünschten) Nebeneffekte von Bürgerräten gibt: Wie etwa die „Stärkung der Demokratie an sich“ oder „Akzeptanz für die repräsentative Demokratie und ihre Entscheidungen“. Niemand ist gut beraten, einen Bürgerrat nur mit diesen Zielen im Hinterkopf zu machen. Denn im Vordergrund jedes Bürgerratsprozesses muss eine tatsächliche inhaltliche Herausforderung stehen, zu denen eine BürgermeisterIn und ihr/sein Stadt- oder Gemeinderat beschließen, dass sie die Perspektive der nicht-organisierten BürgerInnen einbeziehen wollen. Nur wenn der Prozess für dieses Ziel einen echten und erkennbaren Mehrwert erzeugt, können die erwünschten Nebeneffekte eintreten.</p><p>Greift man mit diesen Gedanken im Hinterkopf zum Handbuch „kommunale Bürgerräte organisieren“, dann steckt es voller Inspirationen und Ideen und gibt hervorragend Orientierung im dynamischen Feld der dialogorientierten Beteiligung, und hoffentlich ganz praktische Hilfestellung für die Entwicklung konkreter Beteiligungsprozesse!</p><p>Ins <a href="https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2024/Leitfaden_Kommunale_Burgerraete_organisieren.pdf"><strong>Handbuch „kommunale Bürgerräte organisieren“</strong></a> sind übrigens etliche Beispiele und Erfahrungen aus dem LOSLAND Projekt eingeflossen, in dessen Rahmen das RIFS in Kooperation mit Mehr Demokratie e.V. in den zurückliegenden drei Jahren wertvolle Erkenntnisse rund um Bürgerräte gewinnen konnte. Nach dem geplanten Ende der Modellprojektförderung von <a href="https://losland.org/"><strong>LOSLAND</strong></a> durch die Bundeszentrale für politische Bildung übernimmt nun das RIFS den LEAD des Projekts. <a href="https://www.rifs-potsdam.de/de/menschen/victoria-luh"><strong>RIFS Wissenschaftlerin Victoria Luh</strong></a> wird ab 1.2.2024 die Leitung des Projekts LOSLAND am RIFS übernehmen.&nbsp;</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--content-image paragraph--view-mode--default"> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/content_image_full_width/public/2021-09/Illu%20plus%20Text%201.png?itok=1u9xcrwo" width="1180" height="835" alt="losland Illustration Phase 1 bis 2" /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Losland Phase 1 bis 2: Von der Planungsphase bis zum Zukunftsrat.</span> <span class="copyright">losland.org</span> </figcaption> </figure> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/content_image_full_width/public/2021-09/Illu%20plus%20Text%202.png?itok=H8YxTKJz" width="1180" height="817" alt="Losland Illu Phase 3 bis 4" /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Losland Phase 3 bis 4: Vom Zukunftsforum bis zum Transfer.</span> <span class="copyright">losland.org</span> </figcaption> </figure> </div> <div class="keywords"> <ul> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> </ul> </div> LOSLAND <a href="/de/media/13642" hreflang="de">losland Planungspase</a> <section> <h2>Neuen Kommentar schreiben</h2> <drupal-render-placeholder callback="comment.lazy_builders:renderForm" arguments="0=node&amp;1=10070&amp;2=field_blog_comments&amp;3=blog_comments" token="nRTz8CDNlVA0hNGcKg5lkDrv9SslbrgAasLpjk0QdDc"></drupal-render-placeholder> </section> <a href="/de/menschen/daniel-oppold" hreflang="de">Daniel Oppold</a> <a href="/de/forschungsgruppe/soziale-nachhaltigkeit" hreflang="de">Soziale Nachhaltigkeit von Klimaschutz und Energiewende</a> <a href="/de/forschungsbereich/demokratie-und-nachhaltigkeit" hreflang="de">Demokratie und Nachhaltigkeit</a> <a href="/de/ergebnisse/dossiers/buergerraete" hreflang="de">Bürgerräte</a> Wed, 31 Jan 2024 12:51:15 +0000 slz 10070 at https://www.rifs-potsdam.de Ziele und Methoden der Deliberation https://www.rifs-potsdam.de/de/blog/2024/01/ziele-und-methoden-der-deliberation <span>Ziele und Methoden der Deliberation</span> <span><a title="Benutzerprofil anzeigen." href="/de/menschen/bianca-schroeder">bsc</a></span> <span><time datetime="2024-01-09T12:46:43+01:00" title="Dienstag, Januar 9, 2024 - 12:46" class="datetime">Di, 01/09/2024 - 12:46</time> </span> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/dirk-von-schneidemesser"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2018-10/1176_IASSDirkvonSchneidemesser_LotteOstermann_QF.jpg?h=b411d9e6&amp;itok=wWdWFgrA" width="384" height="384" alt="Dirk von Schneidemesser " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/dirk-von-schneidemesser"> Dr. Dirk von Schneidemesser </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/dorota-stasiak"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2018-10/341_IASSDorotaStasiak_LotteOstermann_QF.jpg?h=d96e6dc3&amp;itok=5D7gdAD2" width="384" height="384" alt="Dr. Dorota Stasiak " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/dorota-stasiak"> Dr. Dorota Stasiak </a></h3> </div> </article> <div class="user-link"> Daniel Oppold </div> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/dirk-von-schneidemesser"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2018-10/1176_IASSDirkvonSchneidemesser_LotteOstermann_QF.jpg?h=b411d9e6&amp;itok=wWdWFgrA" width="384" height="384" alt="Dirk von Schneidemesser " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/dirk-von-schneidemesser"> Dr. Dirk von Schneidemesser </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/dorota-stasiak"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2018-10/341_IASSDorotaStasiak_LotteOstermann_QF.jpg?h=d96e6dc3&amp;itok=5D7gdAD2" width="384" height="384" alt="Dr. Dorota Stasiak " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/dorota-stasiak"> Dr. Dorota Stasiak </a></h3> </div> </article> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/cinematic_xxl/public/2024-01/Figure3_DF_set-up.PNG?itok=uJX6-eny" width="992" height="558" alt="Dynamic Facilitation. " /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Dynamic Facilitation. </span> <span class="copyright">Simon Brunel</span> </figcaption> </figure> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p><strong>Stellen Sie sich drei Gruppen vor, die über dieselbe Frage beraten. Alle drei Gruppen wurden auf die gleiche Weise rekrutiert, sie beraten sich am selben Ort und haben für ihre Zusammenarbeit die gleichen Materialien zur Verfügung. Spielt es tatsächlich eine Rolle, wie die Moderation dieser deliberativen Prozesse durchgeführt wird? In unserem Paper versuchen wir zu erklären, warum es darauf ankommt und wie sich unterschiedliche Moderationsstile auf die Deliberation und ihre Ergebnisse auswirken.</strong></p><p>Unser Ausgangspunkt für <a href="https://delibdemjournal.org/article/id/1096/">diese explorative Studie</a> war, dass die Ziele von deliberativen Formaten sehr unterschiedlich sind: Während einige einen Konsens anstreben, wollen andere das gegenseitige Verständnis im Namen des sozialen Zusammenhalts fördern, während andere darauf abzielen, Probleme zu klären oder zu definieren, und wieder andere kollektive Lösungen zu entwickeln Empfehlungen formulieren oder die Vielfalt bestehender Positionen aufzeigen wollen. Bislang gibt es keine Klarheit darüber, welche Moderationsmethoden für welche Zwecke am besten geeignet sind. Dies ist problematisch in Anbetracht der großen Vielfalt der Moderationsmethoden, die für Deliberationszwecke eingesetzt werden: denn eindeutig haben verschiedene Moderationsmethoden unterschiedliche Stärken und Schwächen.</p><p>In deliberativen Beteiligungsprozessen zu einer bestimmten Frage muss nicht nur entschieden werden, wer daran teilnehmen soll, sondern auch klar geplant sein, was die Teilnehmer tun werden, sobald die gemeinsame Beratschlagungsarbeit beginnt. Wenn wir z. B. eine Deliberation einberufen wollen, die auf einen Konsens abzielt, welchen Moderationsansatz wählen wir dann und wie müssen wir die verschiedenen Moderationsschritte zu einem kohärenten Prozessdesign arrangieren? Wie stellen wir sicher, dass die Stimme eines jeden Teilnehmenden gehört wird? Ist dies notwendig? Reicht es aus, wenn jeder Teilnehmende die Möglichkeit hat, zu sprechen? Oder müssen wir Elemente in den Prozess einbauen, die Beiträge nicht nur zulassen, sondern auch fördern oder sogar verlangen? Und wie können wir sicherstellen, dass die Beiträge von den anderen Teilnehmern auch tatsächlich verstanden werden?</p><p>Oberflächlich betrachtet ist es einfach zu sagen: „Natürlich muss jedes deliberative Format passgenau moderiert sein”. Aber bisher gibt es keine Standards dafür, was “passgenaue Moderation” bedeutet. Deliberative Bürgerbeteiligung ist derzeit sehr gefragt, weshalb immer mehr Auftraggeber Moderationsleistungen im Sinne einer „Prozessbegleitung“ benötigen. Im Gegenzug bieten mehr und mehr Akteure diese Leistungen an. Einige dieser Dienstleistungen sind von hoher Qualität, andere nicht. Und einige sind großartig, allerdings nicht für den jeweiligen Zweck geeignet.</p><p>Denn jeder Dienstleistende kann letztlich nur das anbieten, was er/sie kennt. Dabei wird meistens auf den eigenen Erfahrungsschatz zurückgegriffen und oft kommt das zur Anwendung, was in der Vergangenheit bereits einmal gut funktioniert hat, auch wenn sich die Art und der Zweck eines aktuellen Auftrags mitunter völlig von früheren Projekten unterscheiden. Wenn ich als Moderator in zwei verschiedenen Methoden geschult bin, kann es sein, dass ich glaube – und auch andere davon überzeugen will – dass jeder Deliberationszweck mit einer dieser beiden Methoden gut behandelt werden kann. Vielleicht jedenfalls, bis ich eine Ausbildung in einer dritten Methode erhalte…</p><p>Mit anderen Worten: Die Moderation in deliberativen Prozessen ist eine Blackbox. Dennoch ist sie ein entscheidender Faktor für ihren Erfolg. Wir müssen also mehr darüber wissen, wie sich Unterschiede in der Moderation auf die Deliberation und die Deliberierenden auswirken.</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--infobox-blue"> <div class="paragraph-content"> <p>Die Moderation in deliberativen Prozessen ist eine Blackbox. Dennoch ist sie ein entscheidender Faktor für ihren Erfolg.</p> </div> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p><a href="https://www.elgaronline.com/edcollchap/edcoll/9781786433855/9781786433855.00022.xml">Moderation ist wichtig</a>, weil erst sie es ermöglicht, die Ziele und Erwartungen, die wir an deliberative Prozesse stellen, zu erreichen. Wenn wir beschlossen haben, dass eine Deliberation hilfreich ist, um beispielsweise Empfehlungen für ein Parlament zu formulieren, und wir die Frage identifiziert haben, zu der Empfehlungen erarbeitet werden sollen, wird es wahrscheinlich einen Unterschied machen, ob wir eine Psychologin bitten, die Deliberation zu moderieren, oder eine Soziologin. Es ist plausibel anzunehmen, dass dieselbe Gruppe mit der Psychologin andere Empfehlungen entwickeln würde als mit der Soziologin. Die Auswirkungen könnten sogar so weit gehen, dass die Teilnehmer völlig unterschiedliche Eindrücke von dem Prozess gewinnen und beispielsweise die Legitimität des Prozesses im Nachhinein entweder kritisieren oder unterstützen.</p><p>Darüber hinaus ist es auch nicht auszuschließen, dass Moderierende einen Prozess bewusst oder unbewusst manipulieren. Selbst wenn die Gruppe von vorneherein eine hohe Diversität aufweist und zugleich innerhalb der Deliberation jeder die Möglichkeit hat, einen Beitrag zu leisten (hohe „interne Inklusivität“), gibt es keinen Automatismus, der sicherstellt, dass im Verlauf nicht doch nur ein Teil der Teilnehmenden tatsächlich einen Beitrag leistet.</p><p>Es ist die Aufgabe der Moderierenden, deliberative Prozesse so zu planen und zu strukturieren, dass die Interaktion möglichst inklusiv erfolgen kann und am besten dazu beiträgt, die vorab gesteckten Ziele der Deliberation zu erreichen. In unserem Forschungsartikel, der Anfang dieses Jahres veröffentlicht wurde, haben wir drei verschiedene Moderationsmethoden konzipiert bzw. ausgewählt, die wir in deliberativen Prozessen zur selben Fragestellung zum Einsatz gebracht haben. Im Vergleich dieser drei Moderationskonzepte und -praktiken, der so möglich wurde, haben wir festgestellt, dass die Moderation tatsächlich einen Unterschied macht. Die erste Methode, die Dynamic Facilitation, war besser geeignet, die Einbeziehung der Teilnehmenden zu gewährleisten, als die beiden anderen, und auch die unterschiedlichen Positionen wurden besser herausgearbeitet. Eine zweite Teilnehmergruppe, wurde mit einem mixed methods Ansatz moderiert. Die Teilnehmenden dieser Gruppe gaben in der begleitenden Teilnehmerumfrage an, dass sie mit dem Prozess zufriedener waren als die erste Gruppe und sich mit größerer Wahrscheinlichkeit auch über das deliberative Format hinaus engagieren würden. Die dritte, selbstorganisierte Gruppe erhielt Anweisungen vor dem Start der gemeinsamen Arbeit an der Fragestellung, die sie aber ohne eine externe Moderation leistete. Von den drei Gruppen war diese Gruppe mit ihrem Ergebnis am wenigsten zufrieden, produzierte aber die größte Menge an Output.</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--content-image paragraph--view-mode--default"> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>Beim Blick auf die Sprechakte der Teilnehmenden, wies die selbstorganisierte Gruppe die meisten Unterbrechungen der Teilnehmenden untereinander auf. Allerdings unterbrachen sich die Teilnehmer der Gruppe mit der Mixed-Methods Moderation fast ebenso häufig gegenseitig, während Unterbrechungen in der Gruppe mit dynamic facilitation sehr selten waren. Es überrascht vielleicht nicht, dass die selbstorganisierte Gruppe angab, dass es für sie am einfachsten war, Ideen in die Deliberation einzubringen, während die Gruppe mit der dynamic facilitation am schlechtesten abschnitt – obwohl die Unterschiede hier insgesamt gering waren.</p><p>Als wir die Beteiligten fragten, wie groß die Varianz der Perspektiven innerhalb der Gruppe war, berichtete die Dynamic Facilitation-Gruppe von einer viel größeren Varianz der Perspektiven als die beiden anderen Gruppen. Waren sie sich dieser Varianz nur bewusst geworden, weil sie einander zuhörten – anstatt sich gegenseitig zu unterbrechen? Eine Interpretation ist, dass Dynamic Facilitation zwar besser geeignet ist, Probleme und Prioritäten zu identifizieren, dass aber der Mixed-methods Ansatz eher als Grundlage für gemeinsames Handeln dienen kann, und dass selbstorganisierte Beratungen durchaus konstruktiv sein können, wenn eine Moderation z. B. zu kostspielig ist.</p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--infobox-blue"> <div class="paragraph-content"> <p>Die Organisatoren von deliberativen Prozessen müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Abstimmung der Moderationsmethoden auf die Ziele eines Deliberationsprozesses entscheidend ist. Dafür brauchen sie “Prozess-Kompetenz”.</p> </div> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>Ist es nun wichtiger, unterschiedliche Positionen klar zu benennen, bürgerschaftliches Engagement zu fördern oder mit dem Ergebnis der Beratungen zufrieden zu sein? Das hängt natürlich vom jeweiligen Zweck des gesamten Beteiligungsvorhabens ab. Und damit sind wir wieder am Anfang: Es gibt eine Vielzahl von Moderationsmethoden, und alle haben unterschiedliche Stärken (und Schwächen). Erfolgreiche Beteiligungsprozesse kennen diese und stimmen die Moderationsmethoden gekonnt auf die Ziele des Gesamtprozesses ab.</p><p>Das ist leichter gesagt als getan. Denn das geschieht nicht von allein. Die Auftraggebenden und Organisatoren deliberativer Prozessen müssen sich bewusst sein, dass die Abstimmung der Moderationsmethoden auf die Ziele des Prozesses ein entscheidender Schritt ist. Dafür brauchen sie selbst „Prozesskompetenz“, die gefördert werden muss, um diesen Schritt sicher zu gehen.</p><p>Möchten Sie mehr erfahren? <a href="https://delibdemjournal.org/article/id/1096/">Lesen Sie den vollständigen Artikel im Journal of Deliberative Democracy.</a></p><p><em>Dieser Artikel erschien zuerst im </em><a href="https://www.publicdeliberation.net/ziele-und-methoden-der-deliberation/"><em>Deliberative Democracy Digest</em></a><em>.</em></p> </div> <div class="paragraph paragraph--type--content-image paragraph--view-mode--default"> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/content_image_full_width/public/2024-01/Plakat_Demokratie_200302.jpg?itok=aEkHBte_" width="1180" height="815" alt="Plakat Demokratie" /> </div> </figure> </div> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>Die Ergebnisse des Projektes graphisch dargestellt. (c) RIFS/Sabine Zentek</p> </div> <div class="keywords"> <ul> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> </ul> </div> <a href="/de/media/14863" hreflang="de">Dynamic Facilitation</a> <section> <h2>Neuen Kommentar schreiben</h2> <drupal-render-placeholder callback="comment.lazy_builders:renderForm" arguments="0=node&amp;1=10014&amp;2=field_blog_comments&amp;3=blog_comments" token="awcWYPwzMDtzYk0gxLG75zF7Mqf3mMT9kWP0JPWEoCo"></drupal-render-placeholder> </section> <a href="/de/menschen/dirk-von-schneidemesser" hreflang="de">dvs</a> <a href="/de/menschen/dorota-stasiak" hreflang="de">dst</a> <a href="/de/menschen/daniel-oppold" hreflang="de">Daniel Oppold</a> <a href="/de/forschungsgruppe/ko-kreation" hreflang="de">Ko-Kreation in der demokratischen Praxis</a> <a href="/de/forschungsbereich/demokratie-und-nachhaltigkeit" hreflang="de">Demokratie und Nachhaltigkeit</a> <a href="/de/ergebnisse/dossiers/buergerraete" hreflang="de">Bürgerräte</a> Tue, 09 Jan 2024 11:46:43 +0000 bsc 10014 at https://www.rifs-potsdam.de Was Kommunen brauchen, um Konflikte zu meistern https://www.rifs-potsdam.de/de/blog/2023/12/was-kommunen-brauchen-um-konflikte-zu-meistern <span>Was Kommunen brauchen, um Konflikte zu meistern</span> <span><a title="Benutzerprofil anzeigen." href="/de/menschen/bianca-schroeder">bsc</a></span> <span><time datetime="2023-12-20T14:49:11+01:00" title="Mittwoch, Dezember 20, 2023 - 14:49" class="datetime">Mi, 12/20/2023 - 14:49</time> </span> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/viola-gerlach"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_ViolaGerlach_12217_QF.jpg?h=d1fb02a1&amp;itok=4cmhxuv5" width="384" height="384" alt="Viola Gerlach " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/viola-gerlach"> Dr. Viola Gerlach </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/victoria-luh"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2019-11/1116_VictoriaLuh_LotteOstermann_QF.jpg?h=71f43ec5&amp;itok=C6n_J7mU" width="384" height="384" alt="Victoria Luh" /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/victoria-luh"> Victoria Luh </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/viola-gerlach"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2017-09/IASS_ViolaGerlach_12217_QF.jpg?h=d1fb02a1&amp;itok=4cmhxuv5" width="384" height="384" alt="Viola Gerlach " /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/viola-gerlach"> Dr. Viola Gerlach </a></h3> </div> </article> <article class="author-avatar"> <figure class="author-avatar__media"> <a href="/de/menschen/victoria-luh"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/square_round_2_up/public/2019-11/1116_VictoriaLuh_LotteOstermann_QF.jpg?h=71f43ec5&amp;itok=C6n_J7mU" width="384" height="384" alt="Victoria Luh" /> </a> </figure> <div class="author-avatar__main"> <h3 class="author-avatar__title"><a href="/de/menschen/victoria-luh"> Victoria Luh </a></h3> </div> </article> <figure class="figure figure--picture format--landscape"> <div class="figure__media-container"> <img loading="lazy" src="/sites/default/files/styles/cinematic_xxl/public/2023-12/img_5109-1920x1440.jpeg?itok=w7jQI1Eq" width="992" height="558" alt="Innovative Bürgerbeteiligung wird in Coesfeld immer wieder eingesetzt, wie hier im Rahmen des Projekts LOSLAND (www.losland.org)." /> </div> <figcaption class="figure__figcaption"> <span class="caption">Innovative Bürgerbeteiligung wird in Coesfeld immer wieder eingesetzt, wie hier im Rahmen des Projekts LOSLAND (www.losland.org).</span> <span class="copyright">LOSLAND 2022</span> </figcaption> </figure> <div class="paragraph paragraph--type--text-with-headline paragraph--view-mode--default"> <p>In diesem Jahr hat die Bundesregierung die Neufassung des Klimaschutzgesetzes auf den Weg gebracht. Bis 2030 sollen die Emissionen gegenüber 1990 um 65 Prozent sinken, <a href="https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/klimaschutzgesetz-2197410">bis 2045 muss Treibhausgasneutralität erreicht werden</a>. Maßnahmen für die Umsetzung dieser Ziele fallen häufig in kommunale Verantwortung, <a href="https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimawandel_das_2_fortschrittsbericht_bf.pdf">vor allem bei der Infrastruktur</a>. Die Umsetzung in den Kommunen birgt große Herausforderungen und stößt immer wieder auch auf Widerstände.&nbsp;</p><p>Gerade auf kommunaler Ebene sind also die passenden kommunikativen Kompetenzen gefragt, um den Transformationsprozess konstruktiv zu begleiten. Dazu gehört es zum Beispiel, zwischen verschiedenen Interessen zu vermitteln, Konflikte zu schlichten oder Verständigung zwischen unterschiedlich Betroffenen zu schaffen. Doch dafür fehlen zum einen häufig finanzielle und personelle Ressourcen. Zum anderen fehlt bei politischen Entscheidungsträger*innen das Bewusstsein für die Relevanz dieser Kompetenzen. Kosten aber, die entstehen, wenn Transformationsprozesse gebremst werden oder sogar misslingen, münden zeitverzögert in Politikverdrossenheit. Gerade das Vertrauen in die Gestaltungskompetenz der Transformation ist jedoch für eine Demokratie von entscheidender Bedeutung.&nbsp;</p><p>In einer von demokratischen Werten geprägten Gesellschaft gehört das Ringen um das beste Argument dazu. <a href="https://agora42.de/wir-muessen-reden-plaedoyer-fuer-eine-transformative-gespraechskultur-viola-gerlach-sebastian-moeller/">Wir brauchen eine Übereinkunft aller Beteiligten, gemeinsam den Transformationsprozess konstruktiv und unter Nutzung ihrer verschiedenen Kompetenzen zu gestalten.</a> Das heißt auch, Spannungen und Widerstände als produktiven Modus für Transformation verstehen zu lernen.</p><p>Im Zuge der Transformation verändern sich sowohl die Zugänge zu Ressourcen als auch die Beziehungen zwischen Bund und Land, Land und Kommunen, vor allem aber auch innerhalb der Kommunen. Das führt zu Spannungen, und können diese Spannungen nicht aufgelöst werden, weben sie sich als Widerstand in den nur gemeinschaftlich zu meisternden Transformationsprozess ein. Die Suche nach einer gemeinsam getragenen Lösung wird erschwert, die Beharrungskräfte, mit denen gerade Verwaltungen konfrontiert sind, wachsen.&nbsp;</p><p>Doch was, wenn in der Diskussion über diese Spannungen Argumente nicht mehr im Fokus stehen? Wenn Emotionen beginnen die Oberhand zu gewinnen? Die Herausforderungen der Transformation werden sich nicht mit wissenschaftlichen Daten allein lösen lassen. Veränderungen sind immer auch mit <a href="https://viviandittmar.net/wp-content/uploads/2021/02/Gefuehle-und-Emotionen-Leseprobe-inhaltsverzeichnis-neu.pdf">Gefühlen assoziiert, die nur dann konstruktiv genutzt zu werden können, wenn kompetent mit ihnen umgegangen wird</a>. <a href="https://link.springer.com/article/10.1057/cpt.2011.14">Emotionen beeinflussen die Art und Weise, wie wir Argumente und Fakten verarbeiten</a>, wie sich die Gratwanderung zwischen <a href="https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/541424/gefuehlte-wahrheiten/">„Gefühlte[n] Wahrheiten“</a> und wissenschaftlichen Fakten gestaltet. Der Druck, Lösungen für die drohende Klimakatastrophe zu finden, wächst – und damit sind wir herausgefordert, neben Argumenten auch Emotionen zu thematisieren.</p><p>Diese Dynamiken erschweren die Arbeit vor Ort, denn als kleinste staatliche Einheit ist der kommunale Raum der <a href="file://C:\\Users\VLU\Downloads\AFS-Band-15_Lokale_Konflikte (1).pdf">direkte Erfahrungsraum von Bürger*innen, hier wird Wandel konkret erlebt und Gesellschaft immer wieder neu ausgehandelt</a>. Erschwerend kommt hinzu, dass kommunal Beschäftigte in ihren Kommunen auch privat verankert sind. Gleichzeitig fehlt es hier häufig an Ressourcen, um die lokalen Bedarfe nach Transparenz, Information, Dialog bis hin zu Konfliktklärung allparteilich zu begleiten. Studien und aktuelle Forschungsvorhaben wie <a href="https://www.lokonet.de/">LOKONET</a> betonen daher, wie wichtig es ist, gerade in lokalen Planungsprozessen, etwa dem Windkraftausbau, der Bearbeitung von Emotionen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Zum Beispiel können <a href="https://www.demokon.de/files/uploads/2023/06/demokon-pp-1.pdf">lokale Entscheidungsträger*innen im Umgang mit populistischen Narrativen geschult und kommunale Foren für eine faire Streitkultur geschaffen werden</a>.</p><p>Wenn Transformation in Kommunen konstruktiv gestaltet werden soll, dann braucht es einerseits Strukturen, die Kommunen darin unterstützen, eine an die lokalen Herausforderungen angepasste Prozessbegleitung zu entwickeln und umzusetzen. Andererseits brauchen wir ein gesellschaftliches Umdenken, wie relevant kommunikative Fähigkeiten und Prozessbegleitung für die Umsetzung einer erfolgreichen Transformation sind. Kommunikative Kernkompetenzen werden jedoch bisher nicht ausreichend gefördert und gestärkt, um viel mehr Menschen zu ermutigen, diese Kompetenzen in Transformationsprozessen einzusetzen. Weder auf dem Weg ins Parlament noch in der wissenschaftlichen Ausbildung oder während des Aufbaus eines Unternehmens werden kommunikative Stärken gefördert.&nbsp;</p><h3>Fallbeispiel Coesfeld</h3><p>In Coesfeld ist es innerhalb kurzer Zeit gelungen, doppelt so viel Windenergie zu produzieren, wie die Gemeinde selbst verbraucht. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war die sehr frühe und glaubwürdige Beteiligung der Bevölkerung durch Information, Dialog und Konfliktbearbeitung. Anlass für mehr Kommunikation ist jedoch nicht nur der Windpark. Vielmehr hat sich Eliza Diekmann mit dem Ziel zur Bürgermeisterin wählen lassen, für Transparenz und offene Kommunikation einzustehen. Seit 2020 schafft sie über die rechtlich vorgeschriebenen Beteiligungsformate hinaus dialogische Formate, die vielfältige Bevölkerungsgruppen auf unterschiedlichen Sach- und Emotionsebenen abholen: Onlineangebote, Stadtdialoge, Sprechstunden oder Townhalls als Projektschmieden, in denen Menschen eigene Ideen einbringen können. Die Transparenz zwischen Bürger*innen, Verwaltung und Politik wurde in Coesfeld gestärkt.&nbsp;</p><p>Dialogoffenheit erfordert jedoch auch die Bereitschaft zu mehr Transparenz, was wiederum auch kritische und schwierige Themen sichtbar werden lässt. Dialoge lassen manche Konflikte zu Tage treten, die bisher im Unsichtbaren geschwelt haben. Das erfordert die Kompetenz, diese konstruktiv aufzunehmen und zu bearbeiten, damit die gemeinsam gefundenen Lösungen akzeptiert werden.&nbsp;</p><p><strong>Unser Fazit:</strong></p><p>Ein bisher unterschätztes Element im Transformationsprozess ist eine konstruktive Kommunikation.</p><p>Um diese Kompetenz stärker in Transformationsprozesse einzubinden und sie wirksam werden zu lassen, bräuchte es sowohl Strukturen, auf die Kommunen für eine Prozessbegleitung unbürokratisch zugreifen können, als auch ein neues Kommunikationsbewusstsein, verbunden mit der strukturellen und finanziellen Anerkennung von Kommunikationsleistung.&nbsp;</p><p>In Baden-Württemberg gibt es mit dem Forum Energiedialog ein von der Landesregierung initiiertes und finanziertes Format, das diesem Anspruch gerecht wird und bereits zahlreiche Kommunen bei der konfliktreichen Entscheidung, ob Wind-, Solar-, Wasserkraft oder Geothermie eine kommunale Option sein könnte, allparteilich unterstützt hat. Das Format wird vom Land finanziert, die Prozessbegleitung findet durch einen externen Auftragnehmer statt. Dadurch wird eine zur Konfliktbearbeitung unverzichtbare Allparteilichkeit sichergestellt. Kommunen können sich an das Forum bzw. die ausführenden Auftragnehmer wenden, ohne ein kompliziertes Ausschreibungs- oder Bewerbungsverfahren zu durchlaufen. Ein ähnliches Modell wäre auch für andere Bundesländer ein Ansatzpunkt, um die Kommunen in dieser Hinsicht stärker zu entlasten.</p><p>Konstruktive Kommunikation zu ermöglichen, ist ein zentrales Erfolgskriterium für das Gelingen von Transformation. Jeder Mensch, der sich darin weiterbilden oder bereits erworbene Kompetenzen anwenden möchte, sollte gestärkt und gefördert werden. Solange der Wert dieser Kompetenzen nicht gesehen wird, kann das vorhandene Potential nicht wirklich transformativ wirksam werden.&nbsp;</p> </div> <div class="keywords"> <ul> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> <li> <a class="keyword" href="https://www.rifs-potsdam.de/de/taxonomy/term/"></a> </li> </ul> </div> Transformation erfordert Kommunikation <a href="/de/media/14844" hreflang="de">Coesfeld</a> <section> <h2>Neuen Kommentar schreiben</h2> <drupal-render-placeholder callback="comment.lazy_builders:renderForm" arguments="0=node&amp;1=9983&amp;2=field_blog_comments&amp;3=blog_comments" token="vkMRG4wSAKyxBVRnuaGbeuGVKE2HZEG1cL3FCj90j7Q"></drupal-render-placeholder> </section> <a href="/de/menschen/viola-gerlach" hreflang="de">vge</a> <a href="/de/menschen/victoria-luh" hreflang="de">vlu</a> Wed, 20 Dec 2023 13:49:11 +0000 bsc 9983 at https://www.rifs-potsdam.de